Sich im Job überfordert fühlen?
Ich habe jetzt schon mehrere Berichte im Fernsehen gesehen, wonach etwa jeder fünfte in Deutschland sich auf der Arbeit gestresst und absolut überfordert fühlen soll. Viele fühlen sich auch gezwungen, zu leistungssteigernden Mitteln zu greifen, weil sie das Gefühl habe, zu wenig zu schaffen und noch mehr leisten zu müssen als ohne hin schon.
Ich finde diese Anzahl ehrlich gesagt schon ziemlich hoch und heftig und frage mich, woher das kommt. Habt ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie überfordert seid ihr im Job? Gehört ihr zu den Menschen, die mit dem Dauerstress auf der Arbeit nur schwer klarkommen?
Ich konnte mir bisher immer recht bequem aussuchen, was ich mache, leide daher auch nicht unter Arbeitsstress. Dennoch habe ich es schon erlebt, wie man unter Stress an der Arbeit leiden kann. Beispielsweise wenn man nach der Arbeit noch Aufgaben bekommt, abrufbereit bleiben muss oder auch zu viele Aufträge bekommt. Besonders ist mir das in der Pflege oder im Krankenhaus aufgefallen. Da arbeiten die Leute wirklich hart und man sieht immer, dass es irgendwie kaum zu schaffen ist. Das stresst einen schon sehr, glaube ich.
Bisher hatte ich das Problem noch nie gehabt, wobei ich aber noch nie so "richtig" gearbeitet habe, sondern immer nur nebenbei oder übergangsweise. Allerdings studiere ich parallel ja auch noch, wobei auch das noch nie ein Problem für mich war. Ich bin stattdessen eher jemand, der immer etwas Stress braucht. Ich würde mich schon als Workaholic bezeichnen. Sobald ich unterfordert bin und zu wenig zu tun habe oder wenn die Aufgaben nicht fordernd genug sind, langweile ich mich und bin eher dann gestresst.
Mich motiviert Stress eher. Die Zeit geht wesentlich schneller vorbei und man langweilt sich dann eben auch nicht bei der Arbeit. Zum Glück war es bei mir nie so, dass ich Stress bei der Arbeit wirklich als negativ empfunden habe. Ich weiß nicht, ob ich generell nicht der Typ dafür bin oder ob ich eben noch keine solche Jobs hatte, bei denen ich nun irgendwie überfordert gewesen wäre.
Ich hatte diese Situation noch nicht ehrlich gesagt. Bei mir ist es eher vorgekommen (insbesondere zu Studienzeiten), dass ich mich unterfordert gefühlt habe. Ich habe festgestellt, dass ich mich bei zu viel Routine gar nicht wohl fühle und ich zu etwa 30 Prozent körperlich arbeiten muss und zu 70 Prozent geistig, um mich wohl zufühlen. Wenn ich dann also immer die gleichen routinierten "Fließband-Arbeiten" machen muss, fühle ich mich unterfordert und drehe durch. Aber damals brauchte man eben das Geld und hatte keine andere Wahl.
Ich könnte mir vorstellen, dass es unterschiedliche Gründe gibt, wieso sich Arbeitnehmer überfordert fühlen. Lange Zeit war beispielsweise die Arbeitslosigkeit hoch, sodass viele Leute zu Recht oder Unrecht die Sorge hatten, durch jemand Besseren/Jüngeren/Leidensfähigeren ersetzt zu werden, weil die Leute nach jedem Job Schlange gestanden sind. Und dann traut man sich natürlich nicht, zur Chefin zu gehen, Überlastung anzumelden und um Erleichterung der täglichen Arbeitslast zu bitten.
Auch habe ich persönlich den Eindruck, dass die Einstellung zur Erwerbsarbeit zumindest in manchen Bevölkerungsschichten Überforderung auch fördert, weil der gesellschaftliche Zwang zu Fleiß, Ehrgeiz, "Motivation" und die Bereitschaft zu Mehrarbeit geradezu zwingend zu Überforderung führen, aber man möchte ja schließlich nicht als "faul" gelten, wenn man alle Urlaubstage nimmt oder um fünf die Aktentasche zuklappt.
Dazu kommen natürlich noch die Stellenstreichungen in vielen Bereichen, die sich jetzt in "fetteren" Zeiten offensichtlich auch rächen. Da wurden ganze Branchen kaputt gespart, die jetzt händeringend nach neuen Mitarbeitern suchen, obwohl die Bedingungen nicht gerade besser geworden sind und der geschrumpfte Mitarbeiterstamm völlig ausgebrannt nur noch Dienst nach Vorschrift macht.
Es gibt also in meinen Augen reichlich Gründe, im Job unter Überforderung zu leiden, wenn man finanziell wirklich darauf angewiesen ist und nicht nur im Studium den Reise-Etat aufbessern möchte oder aus purer Langeweile ein bisschen Büroarbeit nebenbei macht.
Früher hatte ich genau die Situation in der Ausbildung und dann nach dem ersten Studium. Zu Beginn meiner Ausbildung war ich definitiv fachlich und vom Arbeitsvolumen erschlagen. Es fehlte einfach Wissen und Routine, aber das ist eben so, wenn man nach zwei Wochen die Spätschicht alleine machen muss.
Da war dann ein schmutziger Operationssaal, eine laufende Sprechstunde, Röntgen, Labor, die Buchhandlung und noch ganz viel anderer Kleinkram. Das hat mich vollkommen fertig gemacht. In den zwei Wochen davor hatte ich nur Frühschicht. Da war immer jemand da, den man fragen konnte und man teilte sich die Arbeit zu zweit oder zu dritt. Allein hatte man unzählige Aufgaben in verschiedenen Räumen gleichzeitig.
Am Ende hatten wir dann eine Phase, wo einfach Mitarbeiter fehlten. Und zu dritt ein Schichtsystem und Bereitschaft an sieben Tagen pro Woche aufrechtzuerhalten, funktioniert eben nur, wenn man keine Freizeit mehr hat. Das war schon extrem.
Nach dem Studium war es ähnlich heftig. Ich hatte immer Dienst von Montag 11 Uhr bis zum folgenden Montag 13 Uhr. Das bedeutete jeden Tag von 9 bis 21 Uhr ohne echte Pause zu arbeiten und nachts die Bereitschaft zu übernehmen und drei- oder viermal aufstehen und Notfälle versorgen. Das war körperlich hart, aber es fehlte halt auch ständig Wissen und Technik, was man eben an der Universität nicht lernt.
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