Sich helfen lassen, stark?
Eine Bekannte hat eine On-Off-Beziehung und hat deshalb sehr zu kämpfen. Einerseits kann sie schlecht auf die Nähe der Person verzichten und mag sie auch menschlich total gerne. Allerdings ist sie sich nicht sicher, ob es der Partner fürs Leben ist, weil es eben auch ganz viele Dinge gibt, die nicht stimmig sind.
Es ist ihr aber bisher nicht gelungen, einen Schlussstrich zu ziehen und sie hat auch während dieser On-Off-Beziehung etwas anderes mit einem anderen Mann am Laufen gehabt. Nun ist es so, dass sich meine Bekannte die größten Vorwürfe deshalb macht und dass ihr das heuer im Urlaub, als sie genug Zeit hatte, nachzudenken, klar geworden ist.
Wenigstens hat sich diese Trauer ihrerseits gelohnt, denn sie ist jetzt an dem Punkt, an dem sie sich helfen lassen möchte und hat auch diese Hilfe bereits in Anspruch genommen. Es ist so, dass sie bereits erste Erfolge erzielt hat, indem sie den Termin überhaupt wahr genommen hat und es ging ihr danach auch besser.
Warum ist der Psychologe immer noch so verpönt? Ist es nicht stark, sich helfen zu lassen? Die Psychologin hat ihr auch gesagt, dass es genau die Leute sind, die alles immer hinnehmen und verdrängen, die dann schlussendlich ihrem eigenen Leben ein Ende bereiten, Drogen oder Alkohol verfallen oder Amok laufen.
Also sind die Personen, die sich helfen lassen, im eigentlichen Sinne stark, da sie ihre psychische Gesundheit pflegen, wenn es noch nicht zu spät sind. Und die Personen, die alles in sich hinein fressen, sind eigentlich schwach. Findet ihr es auch stark, sich helfen zu lassen?
Es kann sicherlich hilfreich sein, sich in so einer Situation Hilfe zu holen. Aber ich denke, dass diese Problem auch viel damit zusammenhängt, dass sie vielleicht zu sehr auf andere - hier den Freund - angewiesen ist und nicht selbstständig genug ist.
Wenn man in einer Beziehung so unglücklich ist, dann würde ich gehen und wenn ich dann zwischendurch mir wen anders ausgucke, dann hätte ich auch kein schlechtes Gewissen, denn das erfolgt ja nur, weil der Partner so mies ist, dass es einem schlecht geht. Finde ich schlimm, dass die Frau so unsicher ist, dass sie sich da noch einen Kopf macht.
Meiner Meinung nach gibt es da nicht nur diese zwei Optionen. Wer sich helfen lässt ist stark und wer sich nicht helfen lässt, der endet zumindest emotional verkrüppelt, wenn nicht tot, drogenabhängig oder amoklaufend.
Von den Menschen, die ihre Probleme ganz alleine in den Griff bekommen haben und nicht auf eine dieser Arten auffällig werden, hört man einfach nicht so viel. Die haben dann eine weniger bewegte Lebensgeschichte, weil sie ruhig ihr Leben weitergelebt haben. Außerdem wird das Ereignis, das sie aus der Bahn hätte werfen können, als weniger schlimm eingestuft. Weil sie eben bewältigen konnten, was andere ohne Hilfe nicht konnten.
Zudem muss man beachten, dass Problem nicht gleich Problem ist. Die Geschichte, die du hier erzählt hast, ist nun bei weitem nicht das Schlimmste, was ich je gehört habe. Mit dieser Sorte Problem kommen sehr viele Menschen auch ohne psychologische Hilfe klar und auch ohne die genannten Auffälligkeiten.
Daher würde ich es nicht pauschal als Stärke bezeichnen, wenn man sich psychologische Hilfe sucht. Und noch weniger würde ich es als Schwäche bezeichnen, wenn man sie sich nicht holt. Das ist immer von den jeweiligen Umständen abhängig.
Im Gegenzug würde ich es aber genauso wenig als Schwäche bezeichnen, wenn man sich Hilfe sucht. Egal, wie nichtig das Problem anderen erscheinen mag. Es zeugt von guter Selbsteinschätzung, wenn man einsieht, dass man es nicht allein schafft. Und auf keinen Fall muss man sich dafür schämen.
Ich denke, ich fände es einfach besser, wenn dem nicht so viel Bedeutung beigemessen würde. Wer psychologische Hilfe will, soll sie sich holen. Das sollte kein großes Ding sein. Dann braucht man dafür auch nicht so viel Mut und Stärke.
Ich denke auch, dass es ein gutes Zeichen und ein mutiger Schritt ist, wenn man sich eingesteht, dass es so nicht weiter geht und man professionelle Hilfe braucht. Ich denke schon, dass es irgendwie Stärke ist, wenn man dann zu einem Psychologen oder einer Beratungsstelle geht.
Manchmal erfordert es viel Mut, wenn man dann dorthin geht, um den ersten Termin wahrzunehmen. Aber viele merken dann ja schon nach ein paar Terminen, ob ihnen dies gut tut oder nicht. Oftmals ist es auch hilfreich, dass man einfach die Möglichkeit hat, mit einem Fremden zu reden. Wenn dieser dann noch Psychologe ist, ist das sicher nochmals hilfreich. Ich denke schon, dass ein Zeichen von Stärke ist, wenn man sich von anderen helfen lässt oder gezielt Hilfe sucht.
Weder finde ich es schwach wenn man sich nicht helfen lässt noch stark, wenn man sich helfen lässt. Es kommt immer ganz auf die Gründe drauf an und ob man das ganze "aussitzen" kann oder eben nicht. Viele dieser Probleme lösen sich von ganz alleine, auch ohne Drogen, Alkohol und Amoklauf der betroffenen Seiten.
Auch sehe ich es nicht als mutig an, wenn man selbst erkennt Hilfe zu brauchen und auch einen entsprechenden Termin zu machen. Dass ist einfach nur eine Selbstwahrnehmung und von daher doch eher eine Eigenschaft die einen dazu drängt und bei manchen auch die Verzweiflung. Oftmals kommt dieser Gedankengang aber ohnehin nicht von alleine, sondern das Umfeld lenkt darauf und gibt erst diesen Gedankenanstoß sich professionelle Hilfe zu suchen.
Quasi lenkt es jemand anderes und leitet es in die Wege und die betroffene Person soll dann direkt als mutig hingestellt werden wenn sie es schafft den Hintern zum Termin zu bewegen? Finde ich rein gar nicht, ansonsten kann man jeder Person Mut andichten die einen Termin in irgendeiner Weise wahrnimmt, gerade wenn es nicht die angenehmsten sind.
Auch halte ich die Aussage die hier getroffen wurde für völlig überzogen, dass alle die die Sachen still ertragen und und sich hineinfressen die Amokläufer von morgen sind, alle Drogen nehmen und dem Alkohol verfallen. Solch eine Aussage von einer medizinischen Fachkraft ist einfach nur blanker Hohn und würde mich dann schon wieder an der Fachkompetenz zweifeln lassen, dass alle über einen Kamm geschert werden. Dabei hat jeder seine eigene Methode mit so etwas umzugehen, auch wenn Alkohol und Drogen einen hohen Stellenwert einnehmen, so sind es noch lange nicht alle. Viele sind auch "normal" bewahren die Fassung und haben andere Probleme wie Angststörungen, Panikattacken usw.
In meinen Augen ist die Selbsterkenntnis ein Zeichen von Stärke. Also wenn ich zum Beispiel selbst erkennen und einsehen würde, dass ich dringend Hilfe brauche und dann eben Hilfe suche, egal ob ich mich jetzt einer Freundin anvertraue, dem Partner oder einem Psychologen. Das ist für mich Stärke und ich habe den größten Respekt davor. Denn nicht jeder kann ohne weiteres seine Schwächen zugeben, sie offen legen und dann eben daran arbeiten. Viele verdrängen die Schwächen eben, machen sich etwas vor und kommen dann nicht damit klar und verfallen in Süchte oder Depressionen.
Probleme auf psychischer Ebene sind in manchen Kreisen leider immer noch mit einem gewissen Stigma behaftet. Entweder man gilt gleich als "verrückt" oder als schwach und hilflos, weil alle anderen ja derlei Probleme mit sich selber ausmachen, und auch schon viel Schlimmeres ohne Hilfe von außen irgendwie verdrängt und verkraftet haben.
Wir übernehmen außerdem bewusst und unbewusst auch viele Vorstellungen von unseren Eltern und Großeltern, und diese mussten auch durch die Bank ohne Psychologen die Ostfront, die Bombenangriffe, die Vertreibung, Hunger, Kälte und Vergewaltigungen verkraften und weitermachen. In meinen Augen prägt das eine ganze Nation über etliche Generationen hinweg.
Meiner Meinung nach ist es auch zumindest ein Teil des Problems, dass man psychische Probleme nicht von außen sehen kann und die Behandlung nicht immer auf eine Art erfolgt, die auch jedem Laien einleuchtet. Es ist auch für die schlichteren Gemüter einfacher zu verstehen, wenn jemand mit einem gebrochenen Bein ins Krankenhaus und mit einem Gips wieder heraus kommt.
Dennoch würde ich durch die Bank nicht behaupten, dass jeder, der sich Hilfe bei psychischen Problemen holt, automatisch stark ist und jeder, der von daheim gelernt hat, dass man solche Sachen mit sich selber ausmacht, sich früher oder später aufhängt oder dem Alkohol verfällt, also ein schwacher Mensch ist. Manchmal passieren Menschen ja auch so schreckliche Sachen, dass selbst ein Psychologe den Schaden, den ihre Seelen genommen haben, nicht mehr beheben kann. Beziehungsprobleme sind da ein Klacks gegen sexuellen Missbrauch im Kindesalter, Folter, Flucht und Vertreibung und was Leuten sonst noch so alles zustößt.
Ehrlich gesagt finde ich es nicht gerade ein Zeichen eines starken Charakters, wenn man wie im vorliegenden Beispiel unter einer "On Off Beziehung" zwar leidet, aber nicht den Hintern in der Hose hat, einen Schlussstrich zu ziehen. Das wird auch dadurch nicht ausgeglichen, dass man die Courage hat, deswegen zum Psychologen oder Therapeuten zu gehen. Ich würde sogar so weit gehen, zu vermuten, dass die Psychologin ein Repertoire von Floskeln anwendet, um bei ihren Patienten/Klienten Vertrauen zu schaffen und sie zu ermutigen.
Daran ist natürlich nichts Falsches, aber in meinen Augen doch ein recht simpler Trick, wenn man einem eingeschüchterten Häuflein Elend erst einmal vermittelt, wie mutig es doch sei, überhaupt eine Therapie zu beginnen oder was auch immer. Das hört schließlich jeder gern. Grenzwertig und höchst bedenklich finde ich jedoch, dass die gute Frau unprofessionellerweise alle "anderen", die nicht wegen jedem Blödsinn zum Psychologen traben, durch die Bank als Suchtis und Selbstmordkandidaten abwertet. Wenn man mir mit derart plumpen Klischees kommen würde, würde ich mich wohl doch recht höflich erkundigen, ob es für die Behandlung nötig ist, meine Intelligenz zu beleidigen.
Ich finde die Aussage dieser Therapeutin nicht so wirklich gelungen, wenn ich ehrlich bin. Sicher erfordert es teilweise viel Mut, mit einer Therapie anzufangen und sich helfen zu lassen. Aber wenn man die Dinge mit sich selber abmacht, dann kann das auch einfach in der Persönlichkeit begründet sein und es muss nicht bedeuten, dass man dann Drogen nimmt oder zum Amokläufer wird. Es kann dann auch einfach heißen, dass man selber klarkommt. Darum würde ich so etwas nie verallgemeinern.
Zunächst einmal ist es in der Gesellschaft noch immer so, dass psychologische Hilfe immer etwas suspekt wahrgenommen wird. So kommen dumme Sprüche wie "biste krank" nicht selten vor oder eine gewisse Ernsthaftigkeit fehlt. Gerade auch wenn ein Psychologe in puncto Trennungen aufgesucht wird, habe ich erfahren, dass viele das immer als krankhaftes Verhalten ansehen oder eine Art Beziehungsunfähigkeit.
Sich helfen lassen ist weder stark noch schwach. Auch wer sich nicht helfen lässt, ist nicht stark, weil man damit alleine klar kommt oder schwach, weil man keine Hilfe haben will. Es kommt auf den Menschen an sowie die Situationen. Auch im Bezug auf Trennungen ist es je nach Vorkommen schwer, gewisse Dinge abschließend zu verstehen oder mit Geschehnissen umzugehen.
Ich finde es vollkommen legitim sich Hilfe zu holen oder keine in Anspruch zu nehmen. Jeder muss eben schauen, wie weit man alleine mit den Erfahrungen, Probleme und mehr kommt und wie weit man sich lieber aushelfen lassen möchte.
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