Sich für Transplantationsnarben schämen?

Eine Bekannte von mir musste sich mit knapp 15 Jahren einer Herztransplantation unterziehen, wobei die Narbe sehr groß und breit ist. Sie sagt selbst, dass sie schon andere Transplantationspatienten gesehen hat, wo die Narbe viel schmaler und feiner wäre und nicht so sichtbar und auffällig wie bei ihr. Sie stört sich aber dennoch nicht daran und trägt durchaus auch Oberteile, wo die Narbe im Prinzip direkt ins Auge springt. Sie geht mit dem Thema relativ offen um.

Ich kenne aber auch Menschen, die schämen sich generell, wenn sie Narben haben, egal ob diese von einer Transplantation, einem Unfall, einer Operation oder was auch immer kommen. Sie meinen, dass das dann nicht dem Schönheitsideal entspricht und sie wollen dann unbedingt "perfekt" und makellos sein, sodass entsprechende Makel immer versteckt werden unter entsprechender Kleidung. Das finde ich schade, denn eine Narbe macht einen Menschen meiner Ansicht nach nicht hässlich, sondern eine schlechte Ausstrahlung macht hässlich.

Könnt ihr verstehen, dass manche Menschen sich für ihre Narben schämen, selbst wenn sie in diesem konkreten Beispiel überlebensnotwendig waren? Wenn ihr so eine Narbe hättet, würdet ihr euch dafür schämen und sie verstecken oder wäre euch das so ziemlich egal, ob die Narbe zu sehen ist?

Eine Narbe ist nun einmal ein Makel und auch ein Merkmal was nicht jeder hat. Gerade wenn es sich um eine Herztransplantation handelt, dann erkennt das auch der letzte Depp was dort gemacht worden ist und ist nicht einfach nur ein kleiner Strich bei dem es alles mögliche sein könnte. Da war der komplette Thorax offen, sprich das ganze hat seine 30 cm Länge und sieht hinterher auch nicht nett aus. Sicherlich hat auch jeder Mensch eine unterschiedliche Wundheilung und Bindegewebe, dass es mal mehr und mal weniger zu sehen ist aber ganz bekommt man es nicht weg.

Makel trägt man doch nicht gerne offen und gerade in der Optik sind viele doch sehr wählerisch und wer präsentiert da schon etwas "schlechtes" von sich? Nicht wenige finden Narben abstoßend und widerlich, ekeln sich davor und dann das offen tragen und die Kommentare dafür einsammeln? Meinst du es interessiert jemanden der das widerlich findet, dass das Überlebensnotwendig war wenn er dort mit dem Finger drauf zeigt und seinen Senf abgibt oder begreift das auch? Manche sind so dumm und raffen das nicht, sind Oberflächlich bis zum geht nicht mehr.

Dann ist es auch eine Frage vom Selbstbewusstsein ob man das offen trägt und nicht, und wie dick das eigene Fell ist. Ich habe auch genug Narben auf meinem Körper aber muss diese nicht dauerhaft und jedem präsentieren. Manche sind einfach so Privater Natur, dass es niemanden etwas angeht und wenn dann die Fragen kommen woher das ist, dann habe ich auch nicht Lust jedem Rede und Antwort zu stehen nur weil ihn das gerade Interessiert woher das ganze ist.

Es ist meine Sache und an Selbstbewusstsein mangelt es mir auch nicht, aber es nervt teilweise schon. Gerade wenn die Leute dann noch antatschen müssen weil es aussieht wie aufgemalt geht es dann doch ein wenig weit. Jede Narbe ist aber ein Stück meiner Lebensgeschichte die ich nicht ändern kann und akzeptiere, warum sollte ich mich dafür schämen? Nur hausiere ich damit nicht und verdecke es auch die meiste Zeit, auch weil manche davon auch abgeschreckt werden wenn sie das komplette Ausmaß sehen würden.

Ich denke auch, dass man sich dafür nicht schämen sollte, aber nicht jeder möchte eine solche Narbe unbedingt zeigen. Für mich heißt das auch nicht zwingend, dass man sich dafür schämt, aber man möchte es einfach nicht so offen zeigen und an die große Glocke hängen. Aber natürlich gibt es auch Menschen, die sich dann schämen und es darum nicht so zeigen möchten.

Auch dafür habe ich volles Verständnis, weil eben nicht alle Menschen mit so einem Problem gleich gelassen umgehen. Das ist einfach so und darum verstehe ich es auch, wenn diese Menschen ihre Narben verdecken, weil sie sich dafür schämen. Ich muss sagen, dass es mir selber eigentlich egal wäre, wenn man meine Narben sehen könnte, aber auch mich würde es irgendwann nerven, wenn man wirklich oft darauf angesprochen wird.

Die meisten Menschen werden sich wohl nicht schämen sondern einfach keine Lust haben angeschaut zu werden oder ständig erklären zu müssen woher sie ihre Narben haben. Ich kenne wirklich niemanden, der eine schwere Erkrankung oder einen schweren Unfall hinter sich hat das nicht irgendwann als Teil von sich und seiner Geschichte akzeptiert hat, inklusive Narben.

Ich selber habe eine größere Narbe und damit eigentlich überhaupt kein Problem. Allerdings hat mein Immunsystem im Narbenbereich die Pigmentzellen in meiner Haut zerlegt. Die weißen Flecken fallen nicht wirklich auf, wenn man es nicht weiß, weil ich eh sehr helle Haut habe, aber meine Haut hat in dem Bereich natürlich überhaupt keinen Eigenschutz gegen die Sonne mehr, da ist Narbe unter einer Schicht Kleidung verstecken auf jeden Fall vernünftig.

Ich habe auch viele Narben, darunter auch eine sehr große, die von einer Operation kommt. Ich schäme mich da gar nicht und da die Narbe auch sehr gut verblasst ist, stört mich das auch nicht besonders. Allerdings weiß ich auch von mir selbst, dass ich mich anfangs nicht besonders wohl damit gefühlt habe, als die Narbe noch gut sichtbar war. Ich habe mich nicht geschämt, aber ich habe es einfach nicht gemocht, angestarrt zu werden.

Ich denke, dass es so den meisten Menschen gehen wird. Auffällige und große Narben ziehen nun einmal die Blicke anderer Menschen auf sich und das ist eben nicht besonders angenehm, so im Mittelpunkt zu stehen. Dazu kommt, dass Narben nun einmal nicht schön anzusehen sind. Es ist eben ein Makel und niemand trägt freiwillig Narben, egal um welche es sich handelt.

Ich würde also sagen, dass es keine richtige Scham ist - gerade bei Transplantationen gibt es ja auch nichts, wofür man sich schämen muss, wobei das ja aber auch auf die meisten Verletzungen zutrifft. Aber es kann schon so wirken, als ob man sich schämt, wenn man die Narben eben einfach nicht gerne zeigt und wenn man nicht gerne darauf angesprochen wird.