Sich freuen, wenn Mitmenschen eigenes Handicap vergessen?

Ich habe eine Kollegin, die von Geburt an blind ist. Bei ihr haben manche (neue) Kollegen anfangs Berührungsängste und wissen eben noch nicht so ganz, wie sie sich verhalten sollen. Eine neue Kollegin erzählte kürzlich, dass sie in ein riesiges Fettnäpfchen getreten sei, weil sie in einer Situation, in der es um das Lösen einer Aufgabe ging, zu der Blinden gesagt hatte: "Bist du blind?"

Daraufhin hat meine blinde Kollegin einen ziemlichen Lachanfall bekommen und konnte sich kaum noch einkriegen. Der neuen Kollegin war die Situation sichtlich peinlich und sie hat sich für den Kommentar ein wenig geschämt. Die blinde Kollegin meinte aber, dass sie solche Kommentare gut finden würde, weil das bedeuten würde, dass man zwar vom Handicap weiß, aber die Person so dermaßen akzeptiert hat, dass man über das Handicap hinweg sieht und es regelrecht vergisst.

Könnt ihr nachvollziehen, wenn man sich darüber freut, dass die Mitmenschen das eigene Handicap vergessen? Oder findet ihr eine gekränkte Reaktion viel passender? Wie würdet ihr in so einer Situation reagieren? Wärt ihr bei solchen Sprüchen beleidigt, wenn sie auf euer Handicap hinweisen?

Ich finde es toll, wenn die Kollegin darüber lachen konnte. So ist es auf jeden Fall für alle Beteiligten nicht so eine peinliche Situation. Es ist doch super, wenn die Kollegin so akzeptiert wird in der Gesellschaft, wie es eigentlich normal sein sollte. Das ist doch überhaupt nicht schlimm.

Ins Fettnäpfchen ist ja sicher jeder schon einmal getreten. Gerade wenn es um das Thema Menschen mit Handicaps oder Lernschwierigkeiten geht, ist man dann oftmals peinlich berührt. Da ist es doch super, wenn uns dann die Betroffenen darin stärken, dass jeder einmal Fehler macht und auch darüber lachen können.

Wenn die Person von Geburt an blind ist, dann kennt sie ja auch nichts anderes, von dem her würde ich mir jetzt gar keine großen Gedanken machen. Aber es ist bei uns in den Köpfen so verankert, dass wir gleich peinlich berührt sind, wenn wir Fehler machen. Da denke ich, müssen wir noch einiges dazu lernen. Niemand ist perfekt.

Ich hatte mal ein Mädchen in meiner Klasse, welches im Rollstuhl sitzt. Anfangs wusste niemand mit ihr umzugehen. Da saß dieses auffällig gekleidete Mädchen in dem Rollstuhl, mit einer Begleitung um am Unterricht teilnehmen zu können. Sie saß da also, man unterhielt sich normal mit ihr, sicherlich auch etwas bedacht darauf den Rollstuhl nicht zu thematisieren und das ging ihr so auf den Geist, dass sie sich in der nächsten Stunde meldete, einen richtig ordinären Spruch abließ und dann dazu sagte, dass man ihr das ja nicht übel nehmen kann, da sie behindert ist.

Daraufhin mussten alle lachen und sie wurde daraufhin normal behandelt. Wir hatten alle keine Erfahrung mit behinderten jungen Menschen im Rollstuhl. Ihr ging es sichtlich besser, als das kein Thema mehr war und letztendlich ist sie von der Persönlichkeit wirklich eine Besonderheit, wild aufbrausend, sie hat einen dreckigen Humor und ist zugleich sehr sozial. Jemand, mit dem man wirklich gut befreundet sein kann und das hätten wir uns als Klasse durch unser Verhalten fast entgehen lassen. Natürlich ist nicht jeder gleich, aber ich denke mittlerweile und viele Jahre und mit einiger Erfahrung später, dass man nicht die Behinderung, sondern den Mensch bewerten sollte.