Sich durch Abweichung von Geschlechterklischees definieren
In diesem Beitrag hier geht es um typische Klischees von Frauen und die Frage, ob denn eine Frau diesen entsprechen muss. Mir ist aufgefallen, dass es da auch Antworten gibt, die eigentlich genau betonen, dass man diesen Klischees eben gar nicht entspricht, auch der Eingangsthread geht in diese Richtung.
Wenn man aber immer betont, wie sehr man doch dem Geschlechterklischee nicht entspricht, ist das dann nicht auch eine Form von klischeehaftem Denken? Denn wer betont, dass er etwas nicht ist, der muss ja das Klischee kennen und verhält sich dann vielleicht bewusst anders, weil man vielleicht durch das Anders-Sein auffallen will oder das Klischee als negativ betrachtet und sich ganz gezielt davon distanziert.
Denn wenn einem etwas wirklich egal ist, dann befasst man sich ja nicht großartig damit. Wenn jemandem solche Klischees egal sind oder derjenige nichts darauf gibt, den Klischees zu entsprechen, dann würde man gar nicht darüber nachdenken, in welchen Punkten man von diesen gängigen Vorstellungen abweicht. Es würde einfach gar nicht interessieren, es wäre nicht der Rede wert.
Wenn sich also jemand als Person beschreibt, der keinen Klischees entspricht, dann scheinen diese Klischees für den Menschen schon eine große Bedeutung zu haben oder? Warum macht man sich Gedanken darüber, wenn man diese Klischees doch ablehnt?
Man weiß eben, was man selber mag und was eben nicht. Ich sehe beispielsweise auch diese, nennen wir sie mal Tussis, die ihre Nägel immer perfekt haben müssen und aus der Kosmetikabteilung nicht mehr hinaus kommen, solche Frauen nerven mich und da kann ich auch durchaus sagen, dass ich nicht so bin. Sicherlich kann man nicht zu 100% sagen, dass man anders ist in allen Bereichen, aber man kann sich durchaus von den Dingen abgrenzen, die man nicht mag.
Ich sehe das genauso wie du. Manche Menschen wollen eben absichtlich gegen den Strom schwimmen, um sich von anderen abzuheben und dadurch Ansehen zu erlangen. Sie haben das Gefühl, sie seien etwas Besonderes, weil sie eben anders sind als die anderen. Dass sie dafür nicht immer ihre eigene Meinung verfolgen und sich selbst eben nicht treu bleiben, ist ihnen dann nicht so wichtig. Sie verstellen sich lieber und tun so, als wären sie anders, um beliebt zu sein.
Das erinnert mich extrem an eine Geschichte, die mir mal ein Kumpel erzählt hat. Als wir irgendwann mal auf das Thema Fußball zu sprechen kamen, erzählte er mir, seit seiner Schulzeit einen Lieblingsverein zu haben. Dieser Lieblingsverein wurde aber nur deshalb zu seinem Lieblingsverein, weil alle anderen Jungs in seiner Klasse einen anderen Verein als Favoriten hatten. Er hat dann den Konkurrenzverein für sich gewählt, um sich von den anderen abzuheben. Dass er sich grundsätzlich gar nicht für Fußball interessierte und er in Wirklichkeit keinen Lieblingsverein hatte, war dann eher zweitrangig.
Wenn einem Klischees völlig egal sind, dann macht man sich meiner Meinung nach auch keine Gedanken darum. Man lebt eben. Man denkt nicht darüber nach, ob hohe Schuhe typisch weiblich sind oder nicht, sondern trägt sie, sobald man Lust hat. Und wenn man lieber Sneakers mag und sich nicht schminkt, dann ist es eben so. Warum muss man dann extra betonen, dass man ja nicht so typisch weiblich ist, nur weil man nur flache Schuhe trägt? Und auch wenn, was ist denn schlimm daran, typisch weiblich zu sein? Ich muss gestehen, dass ich diese ganze Sichtweise auch nicht verstehen kann.
Ich denke, die Betonung von Abweichungen von Geschlechterklischees kann damit zu tun haben, dass manche Menschen die Erfahrung gemacht haben, zu sehr auf Geschlechterklischees festgelegt worden zu sein. Wenn man beispielsweise in der Jugend sehr stark über die Eigenschaft als vermeintlich typischer Mann oder typische Frau wahrgenommen worden war, obwohl man sich selbst nicht so sieht, dann kann das meiner Ansicht nach zu einer Gegenreaktion führen. Und irgendwann möchte man eben klarstellen, dass man einige "typische" Geschlechtereigenschaften nicht sehr ausgeprägt besitzt.
Bei mir war es beispielsweise so gewesen, dass ich als Jugendlicher schon recht stark in die Rolle des typischen Jungen gedrängt wurde, und viele Leute von mir sehr selbstverständlich angenommen hatten, dass ich mich für Fußball, Autos und Technik interessieren sollte. Meine tatsächlichen Interessen lagen aber eher im Bereich Kultur und Musik, aber die wurden kaum wahrgenommen. Das hat dann auch dazu geführt, dass ich mir irgendwann verstärkt Gehör verschaffen musste, um nicht ständig in eine für mich unpassende Ecke geschoben zu werden.
Muss man sich wirklich mit Klischees bewusst befassen wollen um zu wissen, dass sie existieren? Ich habe mal gelesen, dass man mit tausenden Werbebotschaften jeden Tag konfrontiert ist, unfreiwillig natürlich, wenn nur zehn Prozent davon Geschlechterklischees vermitteln ist man schon extrem gut informiert darüber, wie Mann oder Frau zu sein hat.
Und dann kommen natürlich noch die Botschaften dazu, die man ganz freiwillig konsumiert. Bücher, Filme, Serien, Trash TV, Nachrichten, Soziale Medien und so weiter. Ich glaube einmal durch die populären Beiträge auf Instagram scrollen reicht schon völlig aus um eine sehr gute Idee davon zu bekommen wie die Klischeefrau so aussieht und was sie für Interessen hat.
Man kann es sicherlich auf die eine sowie auf die andere Art und Weise auf die Spitze treiben, und wie so oft finde ich einen gemäßigten Mittelweg eigentlich am angenehmsten. Ich mag es beispielsweise bei Frauen weder übertrieben „tussihaft“ mit einem Hang zu Rosa und Pink, zum Überschminken und zum Anhäufen von Schuhen und Klamotten, noch finde ich es anziehend oder besonders, wenn sie auf besonders burschikos machen, ein „Machogehabe“ an den Tag legen und betonen, wie sehr sie auf Fußball, Bier und Autos stehen. Auch sehe ich es ähnlich wie schon einige meiner Vorredner, dass es oft nach Aufmerksamkeitssuche und dem Wunsch, sich als „außergewöhnlich“ zu präsentieren, aussieht, wenn jemand so viel Wert darauf legt, sich von typischen Rollenerwartungen zu distanzieren.
Ich selber habe mir nie große Gedanken darüber gemacht, welche Klischees ich erfülle oder nicht erfülle. In vielen Aspekten bin ich sicherlich recht „typisch weiblich“, denn ich mag süße und verspielte Kleidung, Deko und Spielsachen, habe Hobbies wie das Zeichnen im eher mädchenhaften Mangastil und das Journalling und koche und backe gerne. Gleichzeitig gehe ich aber auch gerne angeln, höre eher rockige, grungige Musik und interessiere mich nicht die Bohne für Kosmetik, Klatsch und Tratsch um Stars oder neue Modetrends.
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