Sich bei Fehlgeburt Vorwürfe machen?

vom 27.10.2015, 20:03 Uhr

Eine Bekannte von mir versucht schon seit Jahren schwanger zu werden, wobei der Arzt ihr gesagt hat, dass das bedingt durch ihr Übergewicht extrem unwahrscheinlich ist. Sie hat deswegen seit Anfang des Jahres knapp 40kg abgenommen und schon lange nicht mehr an eigenen Nachwuchs gedacht, weil sie die Hoffnung praktisch schon aufgegeben hatte. Jetzt hatte sie aber vor kurzem extreme Blutungen, die sie persönlich als verspätete Periode interpretiert hat, aber ihr Arzt meinte, dass das wohl eine Abbruchblutung bedingt durch eine Fehlgeburt gewesen sein muss.

Jetzt macht sie sich extreme Vorwürfe, weil sie sich selbst die Schuld für die Fehlgeburt gibt. Sie hatte nämlich eine heftige Grippe und nahm deswegen diverse Medikamente und sie meint, dass der Embryo wohl wegen der Medikamenteneinnahme verstorben ist und dass sie das hätte verhindern können. Dementsprechend fühlt sie sich mies.

Ich kenne aber auch einen Fall, bei dem eine Frau aus meinem direkten Umfeld mal eine Fehlgeburt gehabt hat und ihr war es egal, weil sie keine Bindung zu dem Embryo aufgebaut hatte. Wie würdet ihr in so einer Situation reagieren? Ist es legitim, sich in so einer Situation selbst fertig zu machen?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das finde ich wirklich sehr schade für sie und kann schon verstehen, dass sie sich nun Vorwürfe macht. Ich wäre wahrscheinlich auch so, dass ich mir dann Vorwürfe machen würde. Ich bin ja aktuell auch schwanger und mag mir gar nicht vorstellen, wie eine Fehlgeburt wirklich für eine Frau ist, aber ich denke, dass man sich dann wirklich Vorwürfe macht, weil man scheinbar kein gutes Umfeld geschaffen hat.

Sie hat ja nun aber sehr gute Voraussetzungen um schwanger zu werden, weil wenn sie es nun mal war, kann sie es ja wieder werden. Wenn sie dann eine gesunde Ernährung hat und nichts einnimmt, wird das sicherlich auch etwas werden. Immerhin hat sie ja wirklich viel abgenommen und damit schon mal einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung gemacht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Es ist vollkommen legitim, sich Vorwürfe zu machen. Nicht, dass sie berechtigt sind. Sie hat nicht gewusst, dass sie schwanger ist und sich einfach ganz normal verhalten und eben Medikamente gegen ihre Grippe eingenommen. Aber man verhält sich eben nicht immer rational und zur Verarbeitung eines solchen traumatischen Ereignisses gehören alle möglichen Schritte, die nicht immer logisch sind.

Dass die eine Frau eine Fehlgeburt als traumatisch empfindet und der anderen es egal ist, ist auch okay. Je nachdem, wie man über Kinder denkt, empfindet man eben anders über so einen Zellhaufen. Sie hat sich Kinder gewünscht. Da hat es natürlich eine größere Bedeutung.

Ich persönlich würde nie im Leben abtreiben. Nicht, weil ich es als Mord empfinde, aber es kommt für mich einfach nicht in Frage, dieses Bald-Leben zu beenden. Dementsprechend würde ich eine Fehlgeburt auch als Tod empfinden und wäre traurig.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich denke, es ist nicht ungewöhnlich, sich in solchen Fällen schwarze Gedanken zu machen. Klar reagiert da nicht jede Mutter gleich. Aber wenn man sich eben schon tierisch auf das Kind gefreut hat, ist so ein Ende besonders tragisch und schmerzlich. Es spielt hat eine Rolle, wie man eine emotionale Bindung zu dem werdenden Kind aufbaut.

Klar, sie wird sich vermutlich ihr Leben lang immer weider vorstellen, was das vielleicht für ein Mensch geworden wäre. Was man hätte miteinander unternehmen können. Wie man es genannt hätte. Trotzdem bringt es nichts, sich da lange zu zermartern. Eine gewisse Trauerphase ist gesund und OK. Aber irgendwann kommt man dann auch zu der Überlegung, dass das Kind vielleicht einfach vom Körper abgestoßen wurde, weil es nicht gesund genug war.

Und auch wenn man es sich auch geliebt hätte, wäre es vielleicht kein leichtes und unbeschwertes Leben für ein Kind, dass knapp überlebt und dann vielleicht gerade so schwerst behindert geboren worden wäre. Das hat mir halt auch ein Frauenarzt mal erklärt, dass der Körper da durchaus in der Lage ist zu prüfen, ob das Baby eine Chance hat zu überleben und da viel schon von der Natur vorsortiert wird. Klar klappt das nicht immer. Aber oft ist das eben der Grund für eine Fehlgeburt.

Wenn die Trauer halt zu lange dauert, würde ich als Angehöriger darauf achten, ob die Frau vielleicht möglicherweise in eine Depression gerutscht ist. Dann wäre professionelle Hilfe wichtig. Denn letztlich wird sie mit allen Vorwürfen an sich selbst das Kind auch nicht wieder lebendig machen können. Irgendwann muss man halt vergeben können, auch sich selbst, wenn man das Gefühl hat, etwas falsch gemacht zu haben, auch wenn es objektiv vielleicht gar nicht so war.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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