Sich auch dann für andere freuen, wenn man Nachteil hat?

Der Partner einer Freundin möchte ein Auslandssemester in China machen. Meine Freundin weiß nicht, was sie davon halten soll. Sie meinte, dass es ihr schwer fallen würde, sich für ihn zu freuen, wenn sie dadurch selbst nur Nachteile hätte. Sie hätte eine Fernbeziehung und müsste einen Zwischenmieter für ihre Wohnung suchen und eben auch alle Möbel entsprechend umstellen, so dass der Mitbewohner dann einziehen könnte.

Ihr Freund und sie wohnen nun zusammen und haben ein gemeinsames Schlafzimmer und auch ein Wohnzimmer. Wenn ein Zwischenmieter einzieht, muss natürlich alles umgestellt werden, wobei meine Freundin aber auch keine Lust auf eine WG hat. Allein ist ihr die Wohnung zu teuer. Von daher möchte sie nicht, dass ihr Freund ins Ausland geht und kann da keinerlei Freude empfinden.

Ich muss sagen, dass ich sie nur zu gut verstehen kann. Ich freue mich gerne für andere, aber wenn sich dadurch für mich zu viele Nachteile ergeben, dann ist es mit der Freude auch dahin. Am leichtesten kann man sich natürlich für andere freuen, wenn man selbst keine Nachteile dadurch hat. Wie seht ihr das?

Ich finde es falsch, hier ganz egozentrisch nur die eigenen Nachteile sehen. Ich würde es eher positiv betrachten. Der Partner hat so die Chance sich selbst im Ausland zu verwirklichen, neue Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln und sich weiterzuentwickeln. Wenn er diesen Traum jetzt wegen ihr aufgibt, wird er ihr das ewig nachtragen und irgendwann bereuen. Daher würde ich als gute Partnerin meinen Partner ziehen lassen. Ein Semester ist doch auch gar nicht so lang und für die paar Monate kann man doch durchaus einen Zwischenmieter in Kauf nehmen. Es ist ja nicht so, dass der Partner sich für 12 Jahre der Bundeswehr verpflichtet und man ihn daher erst in 10 Jahren wiedersehen würde.

Ich muss sagen, dass ich deine Freundin gut verstehen kann. Auf der einen Seite ist es für sie natürlich ärgerlich, weil sie als diejenige, die zurück bleibt, ja die Probleme hat. Schließlich muss sie sich größtenteils um alles kümmern und sie ist diejenige, die zurückbleibt. Für denjenigen, der zurückbleibt, ist es so, dass man sich immer irgendwie verlassen fühlt und alles viel persönlicher nimmt.

Ich denke aber, dass sie sich trotzdem für ihn freuen sollte. Für ihn ist es eine einmalige Chance und ich denke nicht, dass sie ihn davon abhalten sollte. Wenn sie dies macht, dann wird er sich wahrscheinlich entweder gleich von ihr trennen oder es kann sein, dass er es später einmal macht, wenn er sich fragt, wie sein Leben verlaufen wäre, wenn er die Chance ergriffen hätte.

Ich denke also, dass sie sich mit ihm zusammensetzen und über all die Dinge sprechen sollte, die sie stören. Wenn sie sich die Wohnung alleine nicht leisten kann, aber es ihr nicht möglich ist einen Mieter zu finden, dann sollte man vielleicht in Betracht ziehen, dass ihr Partner ihr aus dem Ausland trotzdem etwas Geld dazu gibt. Er wohnt zwar nicht mehr aktiv da, aber es ist ja trotzdem noch seine Wohnung und ich finde, dass er sich dann auch an den Kosten beteiligen könnte.

Ich denke also, dass man sich auch für andere freuen sollte, wenn man einen Nachteil davon hat. Es ist einfach so, dass aus einer Situation nicht unbedingt immer jeder einen Vorteil ziehen kann, aber in einer Beziehung sollte man dazu in der Lage sein sich für den Anderen zu freuen, auch, wenn es für einen selbst nichts positives ist. Wenn man nicht in der Lage ist so selbstlos zu sein, dann sollte man sich Gedanken darüber machen, ob man wirklich in der Lage ist eine Beziehung zu führen oder es vielleicht doch noch mal als Single versuchen soll.

Wieso sollte man sich nur freuen können wenn für einen selbst nichts dabei herausspringt? Ich finde das auch reichlich kurzsichtig Gedacht von deiner Freundin die wohl nur mehr auf sich bezogen ist, als sich für ihren Freund und dessen Pläne zu interessieren. Denn es scheint sie nicht die Bohne zu jucken welche Möglichkeiten er damit erreichen kann in Zukunft, ihr geht es nur darum das es Aufwand ist die Wohnung umzustellen und ein anderer Zwischenmieter einziehen müsste. Auch das sie nicht jeden Abend an ihrem Partner kleben kann scheint ihr einziges Problem zu sein, aber diesen Punkt teilen beide miteinander. Denn er in China kann auch nicht abends mit seiner Freundin im gleichen Bett einschlafen und ist genauso auf eine Fernbeziehung drauf angewiesen.

Ich denke sie sollte sich einfach einmal daran gewöhnen, dass sich nicht alles nur um sie dreht und auch andere ein Recht auf die Selbstverwirklichung haben sollen. Selbst wenn ihr im ersten Moment nur Nachteile einfallen, so hat das ganze auch positive Seiten. Es ist eine begrenzte Zeit und nach dieser "Pause" bzw. anderen Art der Beziehung kann diese noch gefestigter herausgehen wenn beide ihren Teil dazu leisten. Auch kann es sein, dass sie hinterher sich keine Gedanken mehr machen müssen wenn z.B. sie ein Auslandssemester machen möchte die Wohnung zu teuer ist, weil er entsprechende Karrierechancen damit ergreifen könnte.

Von daher sollte sie einfach einmal an sich selbst arbeiten und wenn sie sich ehrlich für ihn freut, dann würde sie sich auch trotz der Nachteile freuen können. Denn alles andere ist einfach nur eine künstliche Fassade der Beziehung, wenn man nur an sich selbst denkt und dabei den anderen komplett außer acht lässt und ihm eventuell aus reinem Eigennutz solch eine Chance verbaut. Und das nur weil eine Freundin entsprechend am Klammern ist und nur auf ihren eigenen Vorteil aus ist. So funktioniert eine Beziehung und Partnerschaft jedoch nicht, das ist immer ein gegenseitiges nehmen und geben.

Ich sehe das so, dass dann eben die geistige Reife anfängt, und der (bis zu einem gewissen Alter völlig normale und verbreitete) kindlich-naive Egozentrismus aufhört, wenn man sich wirklich für jemand anders freuen kann, auch ohne dass man selber davon Vorteile hat.

Natürlich ist es doof, wenn man selber ins Rödeln gerät, während der andere mal wirklich eine Glückssträhne hat oder den wohlverdienten Lohn für seine Anstrengungen erntet. Aber eine gefestigte Persönlichkeit kann eben auch mal über den Tellerrand des "Und wo bleibe ich dabei?" hinaussehen und jemandem etwas von Herzen gönnen. Außerdem gibt es erstens Schlimmeres, als einen Zwischenmieter suchen zu müssen, und zweitens tauchen Alltagsprobleme aller Art auch auf, wenn man sich seine Träume nicht erfüllt, sondern nur auf dem Sofa sitzt und schwer atmet. Was würde die Dame denn tun, wenn der Typ zwar nicht nach China geht, aber dafür krank wird oder seinen Job verliert oder sonst etwas schief geht? Würde sie sich tatkräftig ans Probleme Lösen machen oder jammern und sich beklagen, dass "Er" ihr nur "Nachteile" bringt? Ich tippe nicht gerade auf die erste Möglichkeit.

Gerade in einer Beziehung sehe ich es sogar als ein sehr gutes Zeichen, wenn sich ein Partner tatsächlich über das Glück oder den Erfolg des anderen freuen und dafür auch die eigenen Wünsche zurückstellen kann, solange es nicht zu einseitig wird. Wenn man bedenkt, dass es eins der Primärziele sein sollte, dafür zu sorgen, dass es dem Menschen, den man am meisten liebt, auch so gut geht wie irgend möglich, ist es manchmal ganz erstaunlich, wie neidisch und missgünstig auch ach so verliebte Paare miteinander umgehen können.

Jedes Kindergartenkind kann sich zudem darüber freuen, dass die beste Freundin ins Schwimmbad darf, wenn es selbst mitkommen kann, aber diesen seelischen und geistigen Reifegrad sollte man im Rahmen des Erwachsenwerdens und -seins nicht nur erreichen, sondern im Idealfall sogar überschreiten. Warum? Weil man sonst ewig ein naives, egoistisches Kind bleibt, und das nervt die Mitmenschen gewaltig.