Sich als Anwalt als Retter fühlen, trotz reicher Mandanten?

vom 30.05.2015, 19:10 Uhr

Bei einem Treffen mit Freunden gab es letztens einen kleinen Streit. Ein Kollege meines Freundes ist Anwalt, ebenso wie mein Freund und dessen Freundin kam irgendwie auf das Thema zu sprechen, welche Berufe wirklich sinnvoll und erfüllend sein können und welche nicht. Ein Modelberuf fiel demnach in die Kategorie nicht besonders sinnvoll. Ihr Freund meinte dann, dass er einen sinnvollen Job hätte, denn er würde vielen Menschen helfen und dadurch gutes tun.

Seine Freundin war der Meinung, dass 350 Euro Stundenlohn nicht ehrenhaft ist und auch die Probleme seiner Mandanten nicht. Der letzte Anwalt war ein Millionär der angeblich zu viel für seinen Privatflugplatz gezahlt hatte und ein anderer Anwalt klagte einen Otto-normal-Verbraucher an, der neben seiner Riesenvilla ein Haus bauen wollte. Da hat er sicher toll helfen können.

Ich war ebenfalls der Meinung, dass der Beruf eines Anwalts nur in bestimmten Situationen ehrenwert ist und mein Bekannter hilft ja jetzt nicht gerade Menschen, die es nötig hätten. Und die, die es nötig hätten, könnten ihn nicht bezahlen. Könnt ihr seinen Ärger verstehen oder würdet ihr euch an seiner Stelle auch erstmal als den barmherzigen Samariter darstellen wollen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



So ganz leuchtet mir die Diskussion nicht ein. Ein vernünftiger Anwalt wird die Rechte seiner Mandanten durchsetzen. Diese Rechte stehen ihm ja nun mal zu, ganz egal, ob er reich ist oder nicht. Den Stundenlohn sucht sich der Anwalt nicht nach Lust und Laune aus, sondern der orientiert sich am RVG. Für weniger gut betuchte Leute gibt es Prozesskostenhilfe.

Es ist doch völlig unerheblich, ob derjenige, der rechtswidrig um 1000 Euro erleichtert wurde, eine Million auf dem Konto hat oder ein normaler Arbeiter mit 1500 Euro Monatslohn ohne Sparbuch ist. 1000 Euro sind 1000 Euro und sowohl der Millionär als auch der Durchschnittsbürger hat ein Recht darauf, seine Ansprüche durchzusetzen. In dem Moment, wo man dem Menschen zu seinem Recht verhilft, tut man etwas Sinnvolles und Gutes.

Das hat in meinen Augen auch nichts mit Samaritertum zu tun. Dazu müsste man gratis arbeiten. Tut man das nicht, ist es eine Dienstleistung und nichts anderes.

Ich habe jemanden verteidigt, der wegen perversen Filmen mit Kindern angeklagt war. Ich habe auch schon Vergewaltigungsopfer vertreten. Der eine hat ein Recht auf Verteidigung, die andere ein Recht auf Vertretung ihrer Interessen. Wenngleich gesellschaftlich das eine geächtet ist und das andere verstanden und gelobt, habe ich in beiden Fällen etwas Gutes für den jeweiligen Mandanten getan. Das macht mich nicht zum Samariter, sondern zu jemandem, der jedem Menschen sein Recht zugesteht.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Solche Stundensätze, die ja nun nicht sonderlich hoch sind, fallen doch nur bei Arbeiten im außergerichtlichen Bereich an. Da ist man aber wohl kaum der Retter seines Mandanten. Man schreibt halt der Gegenseite einen Brief und hofft, dass sie einknickt. Das finde ich jetzt nicht sonderlich edelmütig oder heldenhaft.

Allgemein sehe ich einen Anwalt nicht als Retter in glänzender Rüstung und auf einem weißen Pferd. Er ist ein Mensch, der seinen Job macht. Und ich kann nur hoffen, dass er ihn gut macht. Meist ist es doch eh nur Dienst nach Vorschrift und keine besondere juristische Leistung.

» cooper75 » Beiträge: 13381 » Talkpoints: 510,47 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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