Serie mögen, da man sich mit Charakter identifiziert?

Ich habe vor kurzem eine neue Serie begonnen und finde diese sehr spannend. Mich haben die Bewertungen interessiert, die diese Serie im Internet bekommen hat und daher habe ich ein wenig gegoogelt. Auf einer Seite habe ich dann ein Kommentar von jemandem gefunden, der die Serie ebenfalls schaut.

Der Mann behauptet, dass er der Serie die volle Punktzahl gegeben hat, da er sich mit einem Charakter aus der Serie identifizieren. Er hätte angeblich einen ähnlichen Job, eine ähnliche Freundin und würde dem Charakter aus der Serie nahezu entsprechen.

Es handelt sich dabei um einen sehr arroganten Büromenschen der alles dafür tut um die Karriereleiter hinauf zu kommen. Der Charakter hat eine Ehefrau die ebenfalls nur möchte, dass ihr Mann mehr Geld verdient und alles dafür tut.

Würdet ihr eine Serie auch lieber schauen, weil ihr euch mit einem Charakter aus der Serie identifizieren könnt? Und würdet ihr das so offen zugeben, wenn dieser Charakter in der Serie eigentlich als sehr unsympathisch dargestellt wird? Hat dieser Mann möglicherweise gar nicht gemerkt, dass er sich mit einem Charakter identifiziert der als sehr unsympathisch dargestellt wird?

Der Mann, der die Bewertung im Internet geschrieben hat, fasst diesen Charakter aus der Serie womöglich gar nicht als unsympathisch auf. Für ihn ist der Charakter vielleicht sogar sehr sympatisch und deswegen gibt er es offen zu, dass er sich mit diesem gut identifizieren kann. Was für den einen negativ ist muss ja nicht gleich für den anderen auch negativ sein.

Eine Serie schauen, weil ich mich mit dem Charakter identifizieren kann? Ich weiß nicht, ob ich das tun würde aber wahrscheinlich wohl doch, weil mich das einfach interessieren würde, wie es diesem Charakter im weiteren Verlauf der Serie ergeht.

Ich brauche in Serien eigentlich schon immer eine Figur, mit der ich mich auch identifizieren kann und die mir sympathisch ist, da ich die Serie dann sonst auch nicht so gerne schaue. Ich brauche jemanden, der mir einigermaßen ähnlich ist, egal ob vom Aussehen, vom Denken oder auch vom Lebensstil. Ich muss mich jedoch schon in gewisser Weise mit jemandem identifizieren können, wie es auch bei Büchern so ist. Wenn ich mich nicht in wenigstens eine Figur richtig hineinversetzen kann, dann gefällt mir die Serie auch nicht so gut.

Ich denke nicht, dass der Mann, der diesen Kommentar geschrieben hat, die Figur nun besonders unsympathisch findet, da er sich dann ja in gewisser Weise auch selbst unsympathisch finden müsste, was ich doch eher unwahrscheinlich halte. Wahrscheinlich freut er sich einfach, dass die Figur ihm so ähnlich ist und fühlt sich auch mit ihr verbunden.

Die Hauptfigur der Serie muss mir nun nicht unbedingt wahnsinnig sympathisch sein, aber es ist mir schon wichtig, dass ich mich wenigstens mit einer Figur einigermaßen identifizieren kann. Erst wenn das der Fall ist, kann mich eine Serie auch richtig packen. Ansonsten finde ich Serien meistens nur okay.

Ich finde das irgendwo auch normal. Schließlich wird es schwierig, einer Serie überhaupt folgen zu können, wenn da wirklich nicht ein einziger Charakter ist, mit dem man sich identifizieren kann. Das muss ja nicht unbedingt immer haargenau derselbe Charakter sein, aber vielleicht hat der Charakter ja einige Macken, die man selbst hat oder hat ähnliche Interessen oder so.

Bei vielen Filmen, Serien oder auch in Büchern brauche ich meistens eine Person, mit der ich mich identifizieren kann, denn sonst kann ich mich nicht so richtig auf die Geschichte einlassen. Bei gewissen Serien picke ich mir auch immer eine Lieblingsfigur raus, die sich meistens auch gar nicht ändert.

Man kann doch ruhig auch zugeben, dass man sich mit einem unsympathischen Charakter identifizieren kann, vor allem im Internet, wo man anonym bleibt, da man kein Foto oder keine genauen Daten von sich zur Verfügung stellt. Hier kann man doch die Wahrheit gnadenlos raushauen.

Wenn ich eine Serie oder einen Film schaue, muss ich mich eigentlich nicht mit einer Figur identifizieren und kann auch nicht behaupten, einen Lieblingscharakter zu haben, dessentwegen ich eine Serie überhaupt erst schaue. Meistens spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, damit mir eine Serie gefällt, und natürlich sollten mir die Figuren zumindest teilweise sympathisch sein. Aber auch die Handlung, die schauspielerischen Fähigkeiten, die Action-Szenen (ich bin nicht der Typ für Schnulzen) und die generelle Atmosphäre müssen passen, damit ich mich von einer Fernsehserie fesseln lassen kann.

Und selbst wenn ich gewisse Charakterzüge an einer fiktionalen Figur auch an mir wiedererkenne, sind Figuren auf dem Bildschirm, wie ich finde, oft gleichzeitig so überzeichnet und vereinfacht dargestellt, dass sie mit real existierenden Persönlichkeiten gar nicht mehr viel gemeinsam haben. Schließlich will das Publikum keine Allerweltsmenschen sehen, sondern Heroen, Schurken, Genies, Schönlinge und Leute, die sich ein 100-Quadratmeter-Appartement in Manhattan leisten können, obwohl sie keiner geregelten Arbeit nachgehen, sondern vor allem mit ihren Freundinnen Cocktails trinken und quatschen.

Und da ich ein Allerweltsmensch bin, kann ich für gewöhnlich lange nach einer Identifikationsfigur in einer fiktionalen Serie suchen, aber wie gesagt: Eigentlich brauche ich so etwas gar nicht, sondern finde es vielmehr interessant, Figuren zu verfolgen, die charakterlich und von ihrer Lebenswelt her völlig gegenteilig angelegt sind, verglichen mit mir. Wie man eine eher unspektakuläre Sachbearbeiterin mit einer nerdigen Ader ist, weiß ich schließlich. Deswegen interessiert es mich mehr, dabei zuzuschauen, wie ein beispielsweise extrovertierter Draufgänger oder eine Figur mit viel Temperament und wenig Hirn an eine Sache herangeht.