Seid ihr zufrieden oder müsst ihr daran arbeiten?
Die Psychologin Elisabeth Hahn von der Uni Saarland soll bei ihrer Doktorarbeit zu dem Schluss gekommen sein, dass die genetischen Voraussetzungen eines Menschen zu mehr als einem Drittel darüber entscheiden, ob er glücklich ist oder nicht. Menschen die eher pessimistisch sind müssen sich ihrer Meinung nach deutlich mehr anstrengen, um zufrieden und glücklich zu sein. Menschen die hier genetisch begünstigt sind, haben weniger Schwierigkeiten damit und sind im Allgemeinen zufriedener.
Ich finde diese Erkenntnis nicht besonders gut, denn das bedeutet natürlich auch, dass man als pessimistischer Mensch sein Leben lang daran zu knabbern hat, wenn man glücklich und zufrieden sein möchte. Andere Menschen hingegen müssen kaum etwas dafür tun und sind trotz unglücklicher Umstände zufriedener. Wie steht ihr zu dieser Neuigkeit? Fällt es euch leicht zufrieden zu sein oder habt ihr eher Schwierigkeiten damit? Findet ihr es schade, dass ihr vielleicht nie so zufrieden sein werdet, wie jemand mit anderen genetischen Voraussetzungen?
Fällt es euch leicht zufrieden zu sein oder habt ihr eher Schwierigkeiten damit? Findet ihr es schade, dass ihr vielleicht nie so zufrieden sein werdet, wie jemand mit anderen genetischen Voraussetzungen?
Ich bin ein positiv denkender Mensch. Gerade das letzte Jahr, wo mein Mann im Februar den Herzinfarkt hatte und dann 7 Wochen im Koma lag und alles in allem erst Heiligabend wieder richtig bei uns zu Hause war, hat mir gezeigt, dass ich es schaffe mich an kleinen Dingen zu erfreuen. Auch wenn ich mit einem Kloß im Hals zur Klinik gefahren bin, weil ich in den ersten Wochen nie wusste, was mich erwarten würde, habe ich gerade die Kleinigkeiten bemerkt, die mich aufgerichtet hatten.
Ob es im Frühjahr der nicht eintretende Regen war und ich somit trocken im Krankenhaus angekommen war, oder aber die Information, dass mein Mann 5 min alleine ohne Gerät geatmet hatte. Das war ein guter Tag! Klar hätte ich sagen können auf dem Rückweg bin ich nass geworden und er war immer noch nicht aufgewacht und es waren nur 5 min.
In der Klinik habe ich andere Menschen kennen gelernt, Menschen, die haderten, die die kleinen Fortschritte nicht mehr sahen, die aufgaben. Aber für mich war das keine Option, denn wenn ich positiv denke, dann kann ich Zuversicht ausstrahlen und dann helfe ich mir selber, wenn es mal nicht so gut läuft. Ich versuche andere mit meiner Zuversicht und meinem Willen, dass es schon irgendwie gut wird anzustecken. Den Fokus auf etwas positiven zu lenken, es gelingt nicht immer, aber wenn ein Verzagter dann doch mal lächeln kann, dann ist das ein kleiner Schritt.
Aber auch ich muss jeden Tag an meiner Zufriedenheit arbeiten. Ich muss die schönen Dinge im Leben sehen, hören wollen, wenn ich mich verkrieche, dann falle ich auch in ein Loch und bin traurig und verzagt. Deshalb habe ich es mir für mich zur Aufgabe gemacht jeden Tag eine Kleinigkeit zu bemerken, die schön war. Kleinigkeiten des Alltags, nichts Großes, einfach etwas, was mich aufhorchen ließ, was ich schmunzelnd zur Kenntnis genommen hab.
Ich finde es schon ganz nachvollziehbar, dass die Veranlagung auch bei der grundlegenden Lebenseinstellung eine Rolle spielt, und nicht nur die Erziehung und Biografie. Man sieht es ja auch im Alltag: Manchen Leuten scheint die Zufriedenheit aus jedem Knopfloch, obwohl sie wahrhaftig genug um die Ohren haben, und andere sind ständig dabei, irgend etwas zu verbessern, zu optimieren oder sonstwie an ihrer Zufriedenheit zu "arbeiten".
Natürlich spielt dabei auch unsere leistungsorientierte Gesellschaft eine Rolle, in der uns von klein auf eingeimpft wird, dass wir nur etwas wert sind, wenn wir immer wirbeln, machen und tun. Aber manchen Menschen scheint es veranlagungsbedingt eher zu liegen, dem ganzen Zirkus den Mittelfinger zu zeigen.
Rein gefühlsmäßig habe ich bei mir auch den Eindruck, dass mir "Zufriedenheit" nicht in die Wiege gelegt wurde. Das "schneller, höher, weiter", der modernen Gesellschaft widerstrebt mir zwar auch, aber generell neige ich eher zum Pessimissmus, auch wenn objektiv gesehen alles gerade ganz gut läuft. Ich habe so gut wie immer im Hinterkopf, dass die Idylle auch jederzeit ein Ende haben kann, und muss mich öfter zusammenreißen, um einen schönen Moment nicht durch düstere Gedanken zu versauen.
Aber ich kann nicht behaupten, darunter auch noch zusätzlich zu leiden, dass ich genetisch womöglich dafür prädestiniert bin, dass mir nicht die Sonne aus dem Allerwertesten scheint. Man kann sich Zufriedenheit und eine leidlich positive Haltung durchaus auch "erarbeiten", und mir zu wünschen, was ich nicht von Natur aus haben kann, macht mich definitiv nicht zufriedener oder glücklicher.
Genetisch habe ich schon die Veranlagung dazu depressiv zu werden, da ist einfach einiges in meiner Familie gegeben und vor allem muss ich auch bei Suchterkrankungen aufpassen. Dennoch möchte ich mich davon nicht nach unten ziehen lassen. Ich merke allerdings auch, dass ich schneller gedanklich im Tief bin, wenn etwas nicht gut läuft, da muss ich mich dann wirklich aktiv und gezielt wieder heraus kämpfen. Ich versuche mir daher die Dinge, die gut laufen, mehr vor Augen zu führen und kann daher mein Leben auch trotz dieser Veranlagung genießen.
Ich denke man hat schon gewisse Tendenzen, sollte sich dadurch aber auch nicht das Leben versauen lassen und muss seinen Weg finden wie man glücklich werden kann und damit auch zufrieden ist.
Ich weiß gar nicht, ob ich absolute Zufriedenheit unbedingt erstrebenswert finde. Ich sehe Unzufriedenheit eher als eine Motivation, die zu Kreativität und Innovationen führt. Wenn ich mit allem immer so zufrieden bin wie es ist gibt es schließlich keinen Grund für mich über Dinge nachzudenken und nach Wegen zu suchen, wie ich etwas besser machen kann.
Ich bin definitiv kein Pessimist, ich würde mich als realistische Optimistin bezeichnen. Ich laufe also nicht ständig unzufrieden in der Gegend herum und ich kann fast immer einen positiven Aspekt finden, auch wenn etwas total schief läuft. Aber wenn ich ständig in voller Zufriedenheit leben würde müsste ich wohl daran arbeiten unzufrieden zu sein um überhaupt kreativ sein zu können.
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