Seid ihr selbst Zeugen des Mere-Exposure-Effektes?

vom 21.04.2019, 19:14 Uhr

Ich habe neulich vom sogenannten Mere-Exposure-Effekt gelesen. Der Effekt besagt, dass man, je mehr Kontakt man mit einem Menschen hat und je öfter man ihn sieht, ihn zunehmend attraktiver findet und es wahrscheinlicher wird, dass man sich anfreundet.

Ich habe diesen Effekt schon oft in Filmen beobachten können, gerade in Liebesgeschichten, in denen sich die Hauptcharaktere anfangs überhaupt nicht leiden können und sich dann doch Gefühle zwischen den beiden entwickeln.

Ich finde es ja ganz putzig, halte es aber nicht unbedingt für Realität. Denn bisher war es bei mir immer so, dass wenn ich eine Person unsympathisch fand oder sie gar überhaupt nicht leiden mochte, so gewöhnte ich mich zwar nach einiger Zeit an sie und akzeptierte sie in ihrem Wesen, trotzdem wollte ich nicht mehr Zeit mit ihnen verbringen wie notwendig.

Habt ihr den Mere-Exposure-Effekt an euch selbst schon beobachten können? Oder haltet ihr es für einen Mythos, den es nur in Filmen und Geschichten gibt?

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Dieser Effekt bezieht sich nicht nur auf Menschen. Ich kenne das aus den Bereichen Trendforschung und Marketing. Das Prinzip ist aber immer das gleiche - je öfter du etwas wahrnimmst desto vertrauter erscheint es und desto positiver wird es dann bewertet. Unsere Gehirne mögen vertraute Sachen einfach gerne, was ja auch Sinn macht, denn vertraut bedeutet in der Regel Sicherheit.

Gerade bei Modetrends kannst du diesen Effekt total gut beobachten. Nämlich immer dann wenn sich ein Trend, der erst nur von wenigen getragen wird, immer mehr etabliert. Skinny Jeans sind eines der besten Beispiele. Nach den 80ern waren die Teile total verpönt aber dann haben sich die Verbraucher nach und nach so sehr an diesen Jeansschnitt gewöhnt, dass die Industrie deutliche Einbußen erlitten hat weil sich neue Schnitte erst mal kaum etablieren konnten.

Werbung funktioniert auch auf diese Weise. Man könnte denken, dass es vor allem darum geht die Aufmerksamkeit von potentiellen Kunden auf die Werbung zu lenken, aber eigentlich geht es darum potentielle Kunden an das Produkt zu gewöhnen indem man es ihnen immer wieder zeigt. Und dafür ist laute, auffällige Werbung gar nicht unbedingt das beste. Du musst ja bedenken, dass es hier um das Unterbewusstsein geht.

Dieser Effekt ist ziemlich gut erforscht, also definitiv kein Mythos, auch wenn Liebesgeschichten in Filmen selten realistisch sind, weil realistische Beziehungen meistens nicht wirklich spannend sind für die Unbeteiligten.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Mit der dazugehörigen Erklärung kann ich auch etwas anfangen, wenn ich so darüber nachdenke, auch wenn ich sie nicht unbedingt auf Personen und Liebesbeziehungen ausweiten würde. Sonst würdest du dich früher oder später ja auch in deinen widerwärtigen Kollegen quasi vergucken müssen, weil du 40 Stunden pro Woche mit ihm im gleichen Büro festsitzt. So weit würde ich nicht gehen, auch wenn ich selbst in dieser Hinsicht festgestellt habe, dass selbst die nervigsten Mitmenschen etwas weniger nervig werden, wenn man ihnen nur lange genug ausgeliefert ist. Man gewöhnt sich eben.

In Modefragen und sonstigen Trends funktioniert dieses Prinzip aber mit Sicherheit. Wie oft habe ich schon dieses oder jenes Kleidungsstück überall gesehen, weil Tunikas oder ein bestimmter Hosenschnitt oder auch eine Farbe gerade modern waren, und mir nach anfänglicher Abneigung früher oder später gedacht: Sieht eigentlich gar nicht mal so schlecht aus. Ich denke, dass es ganz gut funktioniert, VerbraucherInnen auf diese Art an immer neue oder neu aufgelegte Produkte zu gewöhnen. So komplex sind wir nicht.

» Gerbera » Beiträge: 11310 » Talkpoints: 47,17 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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