Schweinefleisch-Verbot in Kitas für übertrieben halten?
In Leipzig wurden in zwei Kitas, aus Rücksicht gegenüber muslimischen Kindern, ein Schweinefleisch-Verbot verhängt und selbst Gummibärchen waren demnach nicht mehr statthaft. Prompt schlugen nahezu bundesweit Wellen der Empörung hoch und selbst namhafte Politiker kritisierten die Entscheidung. Habt ihr diese Entscheidung der Kitas mitbekommen und was haltet ihr davon? Hättet ihr euch als Eltern auch darüber aufgeregt oder wie hättet ihr darauf reagiert?
Ich finde es generell schwierig, Ernährungsgewohnheiten oder Präferenzen einer Teilgruppe durch Gesetzesverordnungen und Verbote der gesamten Gemeinschaft aufzuzwingen. Eine ähnliche Diskussion gab es, wenn ich mich recht entsinne, auch schonmal an deutschen Unis, wo ein "Veggie Day" gefordert wurde, an dem das gesamte Speisenangebot rein vegetarisch sein sollte - und das, obwohl es im regulären Tagesmenü sowieso schon immer eine fleischlose Alternativ gibt.
Ich habe ja Verständnis dafür, wenn aus religiösen oder gesundheitlichen Gründen eine Sonderkost benötigt wird, und ich bin auch immer dafür, die Möglichkeit einzuräumen, diese zusätzlich zum Standardessen für die entsprechende Personenzahl separat zu bestellen. Aber ich finde es nicht richtig, dass man denen, die sich entscheiden können, die Freiheit nimmt, ihre eigene Wahl zu treffen. Wenn man nämlich alle Gründe für eine Abweichung von der Normkost gleich kulant behandeln wollte, müsste man fleischlos, vegan, gluten- und lactosefrei und zudem ohne Spuren von Nüssen oder Hülsenfrüchten bestellen, und da bliebe nicht viel Auswahl auf dem Teller zurück.
Ich habe das Schweinefleischverbot nicht mitbekommen. Wann genau ist es denn in den Medien zu lesen gewesen? Im übrigen muss ich sagen, dass mir die ganze Empörerei inzwischen ziemlich auf die Nerven geht. Ich würde mir wünschen, dass die Leute ihre Emotionen mal wieder ein wenig tiefer hängen würden und nicht gleich bei jeder Gelegenheit ausrasten würden. Eine rein sachliche Diskussion würde doch meiner Ansicht nach völlig ausreichen. Das Thema "In wieweit ist es sinnvoll, sich in öffentlichen Einrichtungen an die Ernährungsgewohnheiten einzelner Gruppen anzupassen?" könnte doch eigentlich problemlos sachlich ohne Aufregung diskutiert werden.
Ist das Sommerloch denn dieses Jahr schon so tief, dass "namhafte Politiker" nichts Besseres mehr zu tun haben, als sich darum zu sorgen, ob und wie anderer Leute Bälger noch fetter gefüttert werden?
Mich erinnert der ganze Zirkus eher an die Geschichte, als der berühmte britische Fernsehkoch Jamie Oliver versucht hat, das englische Schulessen etwas weniger abfall-lastig zu machen, und diverse Asso-Muttis ihren Asso-Kindern die McD-Tüten über den Zaun geworfen haben, damit der Nachwuchs kein ekliges Gemüse essen muss. Davon sind manche Deutsche wohl nicht allzu weit entfernt.
Schweinefleisch und Schweine-Nebenprodukte wie Gelatine sind für eine ausgewogene Ernährung nicht notwendig, zudem ökologischer Schwachsinn und bei übermäßigem Verzehr bekanntlich gesundheitsschädlich. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass der Essens-Etat einer durchschnittlichen Kita hochwertige Bio-Produkte aus artgerechter Tierhaltung hergibt.
Also füttert man den lieben Kleinen sowieso Schlachtabfälle aus medikamentenverseuchter Massentierhaltung. Was ist daran bitteschön so attraktiv, dass man mit Gewalt daran festhalten muss, wo es doch so viele wirklich leckere vegetarische Gerichte gibt? Oder auch mal was Nettes mit Fisch? Oder geht es hier mal wieder wie so oft nicht ums Essen, sondern um die sozialen und kulturellen Hintergründe, die für gewisse Ideologien ausgenutzt werden?
mikado* hat geschrieben:Hättet ihr euch als Eltern auch darüber aufgeregt oder wie hättet ihr darauf reagiert?
So wie ich das jetzt mehrfach gelesen habe, waren die Eltern ja erstaunlich entspannt bei der ganzen Sache und da hat sich wohl fast niemand aufgeregt. Das ganze Theater entstand ja vor allem bei Leuten, die weder in der Kita arbeiten, noch dort Kinder haben, sondern teilweise in ganz Deutschland. Warum muss man sich in Berlin aufregen, wenn es in Leipzig in ein paar Kitas kein Schweinefleisch mehr gibt? Das können die doch in Leipzig selber klären oder etwa nicht?
Mich persönlich würde das auch überhaupt nicht stören, wenn es trotzdem einen ordentlichen Ernährungsplan gibt. Den Kindern ist das doch völlig egal. Dann essen sie ihre Gummibärchen eben zu Hause und nicht in der Kita. Und genug Alternativen zum Schweinefleisch als Mittagsmenü sollte es wohl auch geben.
Ich finde ganz einfach so ein Verbot gehört in der Einrichtung geklärt und dann ist es auch gut. Manche Leute wissen aber scheinbar mit ihrer Zeit nichts besseres anzufangen, dass sie schon auf die Suche nach solchen Aufhängern gehen müssen.
In dieser Kita sind wohl sehr wenige muslimische Kinder. Der Kita-Leiter empfand es daher wichtig, dass für die 1-2 Kinder (so stand es in zeitweise drei Artikeln) das Schweinefleisch und alle Produkte mit dem Schweinefleisch vom Plan zu nehmen und das Kinder das eben auch nicht mehr mitbringen dürfen. Er hat das Verbot zwar kurzfristig zurückgezogen, aber ist der Meinung für den Seelenfrieden auch eines muslimischen Elternteils, würde er es dennoch nach der neuen Kita-Zeit und den Ferien erneut durchsetzen.
Vollkommen egal, ob Schweinefleisch ungesund in Massen ist, ob die Nebenprodukte nicht notwendig sind - hier wird gegessen, was der Mensch mag, kennt und eben für diesen Menschen schmeckt. Wenn die Eltern die Mortadella beim Metzger gerne dem Kind geben, weil dies eine der wenigen Wurstsorten ist, die der Nachwuchs neben seiner Möhre & Co am Morgen (hoffentlich) ist, fangen wir jetzt nicht an, da rumzumauscheln, um es anderen, die das Schweinefleisch religiös verpönen, recht zu machen.
Mein Problem ist nicht das generelle Verbot, sondern die Art und Weise wie es ständig passiert. Das ist auch in meiner Stadt jetzt mehrfach passiert, weil man muslimischen Schülern es nicht zumuten könne, Schweinefleisch auch nur anzusehen. Und da langt es mir langsam. Andere Länder, andere Sitten. Hier wird Schweinefleisch gegessen und damit ist gut. Passt euch nicht, dann ist das in Ordnung, ich beschmeiße euch weder mit der Wurst, noch müsst ihr sie anlecken, anfassen oder dergleichen, aber wenn ich sie essen will, dann tue ich das und werde mir das von niemanden verbieten lassen. Und so war ich auch schon zu Schulzeiten.
Und ganz klar, wäre das mein Kind in der Kita, kriegt es das mit, was es isst. Auch wenn ich kein Fan von täglich Wurst etc. bin, geht es mir darum, dass das Kind was isst. Wenn es mal eine Mortadella möchte oder Fleischwurst, dann soll das so sein. Hat ja keiner gesagt, das muslimische Kinder da irgendwie geschädigt von werden.
Man muss sein Toleranz-Gebaren auch mal etwas zurückschrauben. Zumal dies auch der falsche Ansatz ist. Ich gehe auch nicht in den Iran und versuche denen die Currywurst Bude aufzuschmatzen und die Muslime müssen damit jetzt leben. Oder in der Türkei etc. Das wäre dasselbe.
Es wird in meiner Auffassung gegessen, was ich serviere. So einfach. Wenn mein Kind aber dann auch mal etwas mit Schweinefleisch will, bekommt es das, wenn ich eines hätte. Und ich kann mit Fug und Recht sagen, als Kind habe ich Mortadella sowie Fleischwurst abgöttisch geliebt und wenn mir das einer genommen hätte und dann medial wieder geschrieben hätte „für die Muslime“, wäre ich ausgerastet. Und wieso? Ich gehe auch nicht in den Iran, Irak, in die Türkei & Co und erwarte Schweinefleisch.
Wo ich lebe, kenne ich die Sitten. Ich muss sie nicht geil finden und deren Essgewohnheiten lieben, aber ich respektiere sie. Mich zwingt niemand, die Wurst anzufassen etc. Selbst muslimische Politiker feiern diese Verbote derweil im Übrigen auch nicht. Kann ich auch vollkommen verstehen.
Ein miteinander leben lernen heißt eben nicht, es anderen ständig anzupassen. Damit schürt man zudem auch nur noch den Hass, wie man gesehen hat. Sofort musste Polizeischutz für die Kita geholt werden. So weit ist der Hass in DE schon wieder auf dem Vormarsch und mit jedem Tropfen bringen wir das Wasser auf dem heißen Stein zum kochen.
Generell wäre es sinnvoll über Fleisch, die Produktion, den Wasserbedarf in der Produktion etc. zu reden sowie Auswirkungen auf das Klima. Dann setzt man bei allen Kindern hoffentlich ein kleines Umdenken ein. Aber Verbote aus Rücksicht auf andere Religionen? Das ist langsam auch in Mode und geht echt nicht.
Ich sage nicht, dass ich Schweinefleisch da täglich sehen möchte. Ich weiß selbst um die Grauzonen in der Produktion und der Gesundheit. Manche Kinder, auch wenn dies häufig ein Erziehungsdingen ist, essen aber wenn überhaupt nur das am Morgen und das sollte ihnen dann auch gewährt werden.
Was die Kita serviert als Kita-Essen - das ist natürlich deren Ding. Aber wenn wir beginnen, den Kindern auch dann zu verbieten, etwas mitzunehmen, was sie mögen und womit sie frühstücken würden, dann ist das mies. Hinzu kommend, dass Schweinefleisch Mortadella und billige Fleischwurst etc. eben günstiger ist, als die Truthahn-Salami, die Geflügel-Wurst etc. Manche Familien können sich auch dann nicht noch die Rindfleischsalami leisten und auch das darf man nicht vergessen.
Ich kenne viele Hartz-IV Familien wo Schweinefleisch das einzige Fleisch ist, was sie auf Brot oder mal im Braten etc. kennen, weil es preiswerter ist, als andere Sorten. Jedenfalls im Discounter.
Kätzchen14 hat geschrieben:Und ganz klar, wäre das mein Kind in der Kita, kriegt es das mit, was es isst.
Es ist aber weder deine Kita, noch dein Kind. Wenn es für die Eltern dort nicht das große Problem ist, warum musst du dann ein Fass aufmachen um es mal sinnbildlich zu sagen? Zumal es ja keine Pflicht in Deutschland ist, dass hier jeder einmal die Woche ein Schwein zu essen hat.
Ich würde die Aufregung ja durchaus verstehen, wenn sich da die Hälfte der Kinder oder deren Eltern beschwert hätten und einfach ignoriert werden. Aber da ist ja das Gegenteil erfolgt. Viele hätten es wohl sogar begrüßt und vielen war es einfach egal. Zumal es ja auch darum geht, was die Kinder von der Kita an Essen bekommen und nicht was sie mitnehmen dürfen.
Klehmchen hat geschrieben:Ich finde ganz einfach so ein Verbot gehört in der Einrichtung geklärt und dann ist es auch gut.
Ehrlich gesagt halte ich das auch für ein ziemlich internes Thema der betreffenden Einrichtung, das doch normalerweise höchstens eine kleine Randnotiz produzieren sollte. Stattdessen scheint sich gleich wieder die halbe Nation aufzuregen und reagiert mit einem Sturm im Wasserglas. Manchmal habe ich den Eindruck, dass hier eine neue Tendenz zu kollektiven hysterischen Reaktionen zu beobachten ist.
Ich traue mich ja fast gar nicht, darauf etwas zu schreiben. Aber ich finde schon, dass man darüber diskutieren kann. Es geht sich ja auch nicht darum, dass es dann in der Kita keine Schweinefleisch mehr geben soll, sondern inzwischen finde ich einfach, dass es ums Prinzip geht. Warum muss man in diesem Land, immer zu Gunsten der anderen entscheiden? Ist das noch das Vermächtnis des ersten und zweiten Weltkriegs, was dann in den Köpfen rumschwirrt?
Ich gehe jede Wette ein, dass wenn dieses Vermächtnis, grade des 2. Weltkriegs nicht wäre, dann würde diese Diskussion gar nicht aufkommen. Aber wir sind ja dann gleich alle Nazis, weil wir uns dann mal eben nicht für, sondern gegen eine solche Aktion entscheiden. Das muss doch irgendwann mal aufhören. Ich habe nichts damit zu tun gehabt, was diese ganzen narzisstischen Spinner im dritten Reich alles getan haben. Aber man hat das Gefühl, dass man immer noch dafür zurückstecken muss.
Wir leben in einem Christlichen Land, in einem freien Land in dem Jeder die freie Wahl hat, dass zu essen und zu tun, was im Rahmen der Gesetze erlaubt ist. Warum muss man sich dann etwas anderes Aufzwingen lassen? Es zwingt niemanden einen Muslimen dazu, Schweinefleisch zu essen, aber warum muss man dann den anderen Kindern das verweigern wollen. Wenn sie gerne Wurst aus Schwein essen möchten, weil es ihnen schmeckt, dann sollte das auch möglich sein. Dann sollte man so Konsequent sein, und das muslimische von anderen Essen zu trennen, aber nicht für alle anderen Entscheiden, dass es das nicht mehr gibt. Das ist der Falsche weg.
Haben alle, die so meckern, sich mal überlegt, wer das bezahlen soll, wenn gleich mehrere Gerichte angeboten werden sollen? Hier kostet ein Mittagessen beispielsweise drei Euro. Das soll gesund, frisch zubereitet und ausgewogen sein. Dazu kommen die Kosten für die Küche, das Personal und den Fahrer. Sonderwünsche sind da nicht drin. Und hier bei uns können sich 50 Prozent der Eltern diese drei Euro schon nicht leisten.
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