Schweigen als intime Form der Kommunikation betrachten?
Eine Bekannte von mir ist der Ansicht, dass Schweigen eine intime Form der Kommunikation wäre. Ich stimme dem nur bedingt zu. In Bezug auf meinen Partner geht es mir da auf jeden Fall so, weil man sich teilweise einfach wortlos versteht und gar nicht viele Worte machen muss. Bei völlig Fremden sehe ich allerdings keinerlei "Intimität", wenn man sich anschweigt. So gut kennt man sich ja nicht und teilweise ist die Stille dann auch unbehaglich.
Seht ihr im Schweigen eine intime Form der Kommunikation? Kann man das in euren Augen pauschal so sagen oder hängt das eher damit zusammen, mit welchen Personen man zu tun hat oder in welchen Situationen man damit konfrontiert wird?
Ich sehe das wie du und denke auch, dass Schweigen bei vertrauten Menschen durchaus eine Form der Kommunikation sein kann. Bei meinem Partner und mir funktioniert das recht gut, aber auch durchaus bei anderen Familienmitgliedern. Bei meinen Haustieren kann ich auch ähnliches beobachten, da dort auch viel von der Körpersprache abhängt.
Bei Fremden würde ich es auch eher nicht als Kommunikation ansehen. Vielleicht höchstens, wenn man sich dann man zulächeln oder nickt. Ansonsten empfinde ich Schweigen da eher als Normalität.
Ich würde so etwas auch immer von der Situation abhängig machen und davon, mit wem man schweigt. Wenn man sich anschweigt, weil man sich einfach nichts zu sagen hat, dann kann das schon sehr unangenehm sein und das ist dann sicher nicht gerade eine intime Form der Kommunikation.
Wenn man sich aber sehr gut kennt und es einfach nicht vieler Worte bedarf, einander zu verstehen, dann kann es aber schon sein, dass das Schweigen auch eine intime Form der Kommunikation ist. Aber verallgemeinern kann man es nicht und auch mit dem Partner kann es unangenehm sein, sich anzuschweigen, wenn das in einem Streit passiert.
Hier kommt es sicherlich auf das Maß der Schweigsamkeit an. Man muss ja auch nicht immer alles bis ins Letzte ausdiskutieren und wenn man sich blind versteht, dann muss man das auch gar nicht immer. Dennoch finde ich dauerhaftes Schweigen schon sehr belastend und auch nicht gerade produktiv für die Beziehung, egal ob es eine Freundschaft betrifft oder eine Partnerschaft. Reines Schweigen ist also schon auch eine Art der Kommunikation, aber kein guter Weg.
Wenn man keine "intime" Beziehung hat, kann Schweigen wohl kaum eine solche erzeugen. Wenn es danach ginge, hätte ich eine tiefere Beziehung zu den anderen Pendlern morgens um sieben in der U-Bahn als zu so manchem Freund oder Bekannten. Aber wenn die Grundvoraussetzungen stimmen, finde ich durchaus, dass sich eine Beziehung vertiefen kann, wenn man nicht pausenlos quatscht und labert und jeden Ansatz von Stille mit Blabla füllt.
Wenn man selber nicht dampfplaudert, nimmt man nämlich viel mehr und interessante Details an sich selber und am anderen wahr und es ist auch ein besonderer Effekt, wenn man feststellt, dass man sich wortlos versteht und auch gemeinsam etwas unternehmen kann, ohne sich ständig abzusprechen, zu koordinieren und verbal nachzufühlen, ob der andere auch emotional entsprechend mit dabei ist. Man kann bekanntlich auch nonverbal miteinander interagieren. Schweigen heißt ja nicht, dass man nur stumpf vor sich hinglotzt und alles und jeden ignoriert.
Wenn ich das lese, sehe ich mich in der Erinnerung mit meinem damaligen Liebsten auf der Gartenschaukel sitzen, verträumt in die Abenddämmerung schauend. Muss auch so um diese Zeit gewesen sein. Denn es war schon etwas warm, alles war grün und der nächste Tag war arbeitsfrei aufgrund eines Feiertages.
Das hob unsere Stimmung zusätzlich und wir saßen eng nebeneinander und schwiegen einfach nur sanft schaukelnd. Kann einem mit einem Fremden eher nicht passieren. Da empfindet man längeres Schweigen eher als peinlich. Und um diese Peinlichkeit zu überspielen, übt man lieber Smalltalk aus.
Miteinander zu schweigen hat eben doch etwas ganz eigenes und vertrautes. Man weiß, wie der andere tickt und weiß auch, dass er die Stille genießt und der gemeinsame Genuss macht es auch aus, dass diese jeweilige Situation eine sehr schöne ist.
Es kommt einfach auf die Situation und die Person an, wobei ich direkt ausschließen kann, dass ich Schweigen bei Bekannten oder fremden Menschen als intime Form der Kommunikation ansehen könnte - wie der Name schon sagt, würde ich diese intimen Momente nun auch nur mit entsprechenden Menschen erleben können oder wollen, wie etwa mit meinem Partner oder sehr guten Freunden.
Bei meinem Partner kann ich oft schon an seinem Blick oder Gesichtsausdruck erkennen, was ihn bewegt oder wie es ihm geht, so dass Worte oft nicht nötig sind. Auch bestimmte Gesten oder die Art und Weise wie er mich berührt, zeigen mir, wie er zu mir steht und was er für mich empfindet, so dass er das dann in den Momenten auch nicht sagen muss.
Bei Freunden ist es teilweise so, ich fühle mich nicht unwohl, wenn wir mal schweigen und ich kann teilweise auch ohne Worte erkennen, wie es ihnen geht oder was sie bedrückt. Je mehr ich mit einer Person zu tun habe, je besser ich mich mit ihr verstehe und je näher wir uns sind, desto eher ist das eben so, wobei man ja trotzdem auch mithilfe von Worten eine intime Kommunikationssituation gestalten kann.
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