Schwanger = unmündig?

vom 18.08.2016, 14:03 Uhr

Mein Mann und ich erwarten aktuell unser erstes Kind und irgendwie kommt es mir zwischendurch so vor, als betrachte mich ein großer Teil meiner Umwelt als unfähig, eigene Entscheidungen zu treffen und selbst zu beurteilen, was ich kann oder was mir gut tut. Gefühlt ist mein Mann einer der wenigen, die mich noch normal behandeln.

So hat meine Mutter, als meine Tante ihr die Einladung zu ihrem Geburtstag für mich mitgab, schon mal prophylaktisch für mich abgesagt. Sie fand ich sei in meinem Zustand nicht mehr in der Lage die weite Fahrtstrecke zu bewältigen. Viel zu anstregend und was da alles passieren könne. Gefragt, ob ich mir das zutraue, hat sie natürlich nicht. Immerhin hat sie selbst zwei Kinder und kann daher beurteilen, was ich kann und was nicht.

Eine meiner Kolleginnen hat, als der Chef mich gerade nicht finden konnte und fragen wollte, ob ich meine Fachkonferenz leiten würde, in meinem Namen abgesagt. Auch bei einer ausgedehnten Pause zwischen Unterricht und Konferenz sei das schließlich viel zu anstrengend für mich und nicht zumutbar. Auch hier wurde wieder keinerlei Rücksprache mit mir gehalten, sondern einfach entschieden, dass ich das sicherlich nicht mehr schaffen könne. Als ich etwas ungehalten reagierte, war die Kollegin verletzt. Sie habe es nur gut gemeint, und wenn ich so unvernünftig sei, betrachte sie es als ihre Aufgabe, mich zu schützen. Warum ich das nicht einsehe.

Das sind nur zwei Beispiele, wo einfach über meinen Kopf hinweg entschieden wurde, was ich kann und was nicht. Ich hätte noch einige mehr auf Lager. Aber auch andere Situationen, in denen ich es mir gefallen lassen muss, häufig begleitet von missbilligenden Blicken, gefragt zu werden, ob ich mir das gut überlegt hätte, ob das wirklich sein müsse, ob ich das denn schaffen könne, und so weiter, häufen sich.

Vielleicht sollte ich dazu erwähnen, dass ich gerade im zweiten Trimester meiner Schwangerschaft bin, also der Phase, wo es den meisten Leuten am besten geht. Aber selbst zu Beginn hatte ich wenig mit den typischen Beschwerden zu kämpfen. Übelkeit und dergleichen sind mir fremd, wofür ich sehr dankbar bin. Und auch jetzt geht es mir super! Das bekommt eigentlich auch jeder mit, der mich länger als 5 Sekunden ansieht.

Natürlich habe ich meine Ärztin gefragt, worauf ich achten muss. Einige Dinge, wie schwere Lasten zu tragen, unterlasse ich ganz und für anderes nehme ich mir mehr Zeit. Ich vertraue den Ratschlägen meiner Ärztin und meiner Hebamme da vollständig und halte mich auch daran. Beide meinten, ich soll im Zweifelsfall für mich entscheiden, was geht und was nicht. Und bisher lag ich mit meiner Einschätzung, was ich schaffe und was nicht, immer richtig.

Ich finde das Verhalten einiger meiner Mitmenschen frech und respektlos. Ich bin nicht behindert oder gar unmündig und einfach an meiner Stelle zu entscheiden, betrachte ich als deutliche Grenzüberschreitung. Gut gemeint ist ja nett, aber das gilt meiner Meinung nach nicht als Generalentschuldigung für solche Anmaßungen.

Habt ihr auch solche Erfahrungen gemacht, dass plötzlich jeder weiß, was gut für euch ist und das teilweise auch ungebeten direkt umsetzt? Wie steht ihr dazu? Findet ihr das ebenfalls dreist, oder meint ihr, dass sei völlig normal und zuweilen auch das Beste für die Schwangere?

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich denke das kennt jede Frau die bereits einmal ein Kind erwartet hat, dass die komplette Umwelt auf einmal meinte es zu wissen, was am besten für einen ist und was man machen sollte und was auf gar keinen Fall. Von daher finde ich deine Geschichte nicht wirklich ungewöhnlich und auch mit mir hat man das versucht.

Ich bin aber ein Typ Mensch der sich nicht von anderen Bevormunden lässt und auch entsprechend reagiert. Ich habe das nicht einfach stillschweigen geschluckt sondern auch lautstark meine Meinung vertreten, dass ich erwachsen, volljährig und im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten bin, obwohl ich schwanger war. Nach diesen entsprechenden Ansagen und Ausbrüchen hat es meine Umwelt so akzeptiert und sich nicht mehr getraut über meinen Kopf etwas zu entscheiden sondern mich wieder ganz normal behandelt.

Ich denke jede Schwangere weiß selbst was sie sich noch zutrauen kann und was nicht. Denn wenn etwas nicht mehr geht, dann meldet sich das Kind und auch der Körper. Ansonsten gibt es noch den Frauenarzt und die Hebamme die entsprechende Empfehlungen aussprechen an die man sich halten kann, oder eben auch nicht wenn man es nicht will. Aber einfach von jemanden bevormundet werden was man nun zu machen hat und was nicht, dass geht gar nicht egal von wem das ganze kommt und das würde ich mir an deiner Stelle auch nicht bieten lassen.

Du bist erst im zweiten Trimester und hast noch eine ganze Weile bis dahin, warte mal ab wenn es auf die Geburt zugeht was die Leute dir dann noch alles versuchen abzuerkennen und wie man mit dir dann umgeht. Das kann man aber im Vorfeld wie gesagt bereits unterbinden und würde ich auch jederzeit wieder machen.

Denn ich hätte sicherlich nicht Lust, dass meine Mutter bei mir auftaucht und mich die letzten Wochen vor der Geburt ins Bett steckt und behandelt als wenn ich nicht mehr in der Lage wäre zum aufstehen oder selbst etwas erledigen. Das ist bei einer Freundin von mir der Fall gewesen, die sich ebenfalls nicht dagegen gewehrt hatte. Die letzten 7 Wochen durfte sie im Bett fristen während ihre Mutter wie ein Geier über sie gewacht hatte. Wenn es komplett nach der Mutter gegangen wäre, hätte sie nicht einmal mehr aufstehen können um auf die Toilette zu gehen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich kann so mit dir mitfühlen. Bei mir war es nicht anders. Besonders schlimm war es am Anfang der Schwangerschaft. Da waren wir mal mit meinen Schwiegereltern einkaufen und da haben mir alle alles aus der Hand gerissen, weil ich nichts mehr tragen soll. Mein Mann fand das lustig, ich eher nicht so. Immerhin war ich noch am Anfang und hatte mir schon leichtere Dinge herausgenommen, weil ich wusste, dass meine Schwiegermutter mir da gerne Vorschriften macht.

Zudem wurde dann auch immer gesagt, dass ich beispielsweise Gelüste haben muss und ich mehr essen soll, wobei ich super gesund gegessen habe und damit auch hoch zufrieden war. Mein Kleiner hat sich im Bauch ja auch super entwickelt.

Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass man tausend Mal sagen kann, dass man das selber gerne alles entscheiden möchte, aber die Leute trotzdem nicht hören. Ja, sie meinen es nett, aber es geht einem als werdende Mama natürlich tierisch auf die Nerven, wenn einem keiner mehr etwas zutraut und man quasi für bescheuert erklärt wird.

An deiner Stelle würde ich mich weiterhin auf die Schwangerschaft konzentrieren, dass es euch beiden gut geht und du solltest das machen, was für dich in Ordnung ist. Das ist immer ein guter Anhaltspunkt, weil einem der Körper schwanger eigentlich genau sagt, was er braucht und was man machen kann und was nicht. Ich wünsche dir noch eine gute Restschwangerschaft und lass dich nicht ärgern.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich habe nun noch keine Schwangerschaft hinter mir, aber ich muss sagen, dass ich es nicht normal finde, wenn man Schwangeren im Umfeld plötzlich alle Entscheidungen abnimmt. Ich habe das noch nie so gemacht und kann es auch nicht verstehen. Ich bin auch absolut der Meinung, dass eine schwangere Frau doch selber am besten wissen muss, was sie sich zutrauen kann.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



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