Schulkameradin wird geschlagen

vom 18.09.2019, 00:18 Uhr

Meine Tochter (12) hat mir im Vertrauen erzählt, dass eine Schulkameradin wohl von einem Familienmitglied aus diversen Gründen regelmäßig geschlagen wird. Das Mädchen möchte sich keinem Erwachsenen anvertrauen, weil es zum einen Angst hat, dass ihr keiner glaubt und zum Anderen hat sie Angst, dass die Situation zu Hause dann noch schlimmer wird. Aus Angst, dass ich zum Jugendamt etc. gehen würde, hat mir meine Tochter keinen konkreten Namen genannt. Ich kenne jedoch die Mädchen ganz gut, mit denen meine Tochter Kontakt hat und kann mir denken um wen es sich handeln könnte.

Was würdet ihr tun? Meine Tochter hat mir nur erzählt, dass sie zu dem Mädchen gesagt hat, dass sie doch zu der Schulpsychologin bzw. Vertrauenslehrerin gehen soll. Aber das macht das Mädchen nicht. Habt ihr eine Idee wie man dem Mädchen am Besten helfen könnte, außer es immer wieder zu bestärken, selbst aktiv zu werden? Würdet ihr versuchen, eurer Tochter den Namen zu entlocken und dann eine anonyme Meldung ans Jugendamt machen?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich würde meine Tochter loben und zwar dafür, dass sie mir vertraut. Dann würde ich sie allerdings nicht weiter bedrängen. Deine Tochter hat dem anderen Mädchen ihr Ehrenwort gegeben und das nimmt sie auch ernst. Andererseits hat sie ein gutes Verhältnis zu dir und vertraut sich dir an, weil ihr das Mädchen sehr leid tut und sie an ihrem Schicksal Anteil nimmt. Nun sind die Bedenken des Mädchens nicht unberechtigt, dass sich bei Einmischung von außen die häusliche Situation verschlimmern könnte.

Mit zwölf Jahren hat man ja auch schon eine gewisse geistige Reife und die Betroffene zeigt diese, in dem sie nicht naiv denkt, dass schon alles gut wird, wenn nur mal jemand mit dem Täter oder der Täterin redet. Deine Tochter steht hier zwischen Baum und Borke. Zum einen verbindet sie mit dem Mädchen eine Freundschaft, die auch auf Vertrauen basiert. Denn sonst hätte sich das Mädchen deiner Tochter nicht anvertraut.

Zum anderen habt ihr beiden eine gute Mutter-Tochter-Beziehung. Nun heißt es für dich wachsam zu sein und das Richtige zu tun, um die Beziehung nicht zu gefährden. Ich an deiner Stelle würde meine Tochter darin bestärken, die Angelegenheit weiterhin vertraulich zu behandeln und dem Mädchen auch künftig eine gute Freundin zu sein.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Das ist eine schwierige Situation. Denn als Erwachsene aus dem sozialen Bereich, auch wenn ich nicht immer derart sozial wirke, hätte ich die Pflicht, das sofort meiner Chefin mitzuteilen oder meine Kollegen vom Jugendamt zu kontaktieren. Es besteht eben der Verdacht mehrere Straftaten der „Körperverletzung“, wenn das Kind geschlagen wird. Hinzu kommen seelische Folgen, die abzuwiegen sind und gleichzeitig auch eine etwaige Kindeswohlgefährdung. Es ist nun einmal so, dass man Kinder nicht schlägt, schon gar nicht häufig und schon gar nicht die beliebte „Ohrschelle“ usw. Das gibt es nicht und da wurden die Rechte der Kinder schon mehrfach auch gerichtlich verbessert.

Doch kommen wir jetzt zur etwaigen Kehrseite. Das Vertrauensverhältnis ist bei dem Kind schon gering, weil sie Angst hat, dass nach der Inkenntnisnahme mehr daheim passieren könnte, weil man ihr ja dann nicht helfen würde. Gleichzeitig fasst sie nur Vertrauen zu deiner Tochter, was natürlich auch der Vertrauensmissbrauch in der kleinen Freundschaft ist. Sie sind zwar nicht zu jung, um zu verstehen, dass es besser wäre, dass die Freundin es gesagt hat, aber vielleicht wird sie es erst später verstehen und dann wäre bis dato die Freundschaft dahin.

Die andere Zwickmühle wirst Du wahrscheinlich sein. Du denkst Dir möglicherweise (denkt ja jeder anders), was passiert, wenn das so weiter geht? Wie werden die Schläge gesteigert? Wann wird sie geschlagen? Was passiert, wenn ich nicht eingreife? Lese ich dann irgendwann solch eine Horrormeldung? All das könnte ja auch in der vorgehen.

Und schon kommen wir zu Nummer 3. Auch wenn ich Streetworkerin bin und ständig auch mit Kids in letzter Zeit zu tun habe, sage ich Dir, dass ich selten im Augenblick unfähigeres Personal, als das Jugendamt gesehen habe. Das wissen meine Vorgesetzten auch! Kinder aus Familien mit „Heil Hitler Grüßen“ nicht rausholen, wo Kinder nachweislich kindeswohlgefährdet sind zu sagen, da können wir nur Hilfe anbieten und wenn die nicht wollen, geht nichts. Da geht einem die Hutschnur auf.

Andere wiederum bekommen die Kinder auf „Hören und Sagen“ weggenommen. Selbst bei einer Bekannten erlebt, die täglich in Hilfeeinrichtungen zum spielen und fördern mit ihrem Kind war. Dort hat nur eine Helferin etwas gehört, etwas gesagt und dann wurde der Frau das Kind weggenommen. Ich hab dann mich persönlich schnell darum gekümmert, dass die kleine Maus binnen 7 Tagen wieder zu Hause war. Herausgestellt hat sich, wie ich es auch wusste, da ich die Mama öfters unterstütze, dass Oma des Kindes und Mama des Ex-Freundes Gerüchte gestreut hat. Doch die wurden auf Hören Sagen dann mal eben geglaubt.

Wie hilft Dir das nun weiter? Gehen wir davon aus, Du sagst etwas. Ganz anonym. Könnte ja auch die Nachbarin gewesen sein, die da etwas gehört hat. Was passiert, wenn das Kind dort verweilen muss, weil wieder unfähige Leute am Werke sind. Die Kleine vielleicht leugnet und nicht spricht? Daheim alles aufgeräumt, normal etc. wirkt? Wird es dann schlimmer für die Kleene oder glaubt man, dass es abrupt aufhört? Schwer oder?

Das ist aus emotionaler Sicht ein schweres Thema, aber auch aus rein rechtlichen Belangen. Es ist eine Straftat, die dort stattfindet. Hinzu kommen seelische Verletzungen, die ich als kindeswohlgefährdend einstufen würde. Doch was tut man jetzt? Vielleicht könntest Du irgendwie die Möglichkeit bekommen, dass Deine Tochter das Mädchen mal mit zu Dir bringt?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ja, dass ist wirklich eine sehr schwere Situation. Ich habe mich auch mit meiner Tochter darüber unterhalten und sie ist sich sicher, dass ihre Freundin so etwas nicht erzählt um den eigenen Eltern eines auszuwischen. Es muss wirklich teilweise auch über die "üblichen" Erziehungsmaßnahmen (Ohrfeige, Klaps auf den Po) hinausgehen. Also Schläge mit dem Gürtel z.B. Aus diesem Grund könnte ich mir schon vorstellen, dass diese Schläge körperliche Spuren hinterlassen und es deshalb Recht einfach wäre die Kindesmisshandlungen nachzuweisen.

Das Mädchen hat auch schon geäußert, dass sie am Liebsten von zu Hause abhauen würde oder in ein Wohnheim/Wohngruppe etc. ziehen. Aber die Angst ist halt riesengroß, dass ihr eben doch nicht geholfen wird und es alles viel schlimmer wird. Ich habe jetzt zu meiner Tochter gesagt, sie soll sich überlegen ob sie ihrer Freundin "beichtet", dass ich davon weiß. Falls ja, soll sie ihr ausrichten, dass sie jederzeit anrufen oder zu uns kommen kann. Egal ob Tag oder Nacht. Das gibt mir wenigstens die Sicherheit ihr im Notfall eine Anlaufstelle zu geben.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Nicht, dass ich einen Klaps auf dem Po begrüße oder die Ohrschelle. Aber es geht ja bekanntlich immer schlimmer. Und wenn wir schon soweit sind zu sagen, dass muss darüber womöglich hinaus gehen, bewegen wir uns schon indirekt auf einem gefährlichem Eis, um zu sagen, wir gucken oder indem Fall Du guckst nur zu. Das kannst Du womöglich auch nicht richtig mit dem Gewissen vereinbaren und würde ich auch nicht.

Also ich würde vielleicht folgendes mal versuchen. Schafft es Deine Tochter, dass die Kleine mal bei Euch schlafen kann? So das Du ganz im Vertrauen und Deiner Tochter auf sie ohne zu drängen zu gehen könnt? Ihr in Ruhe erklären könnt, wieso Du es jetzt doch weißt, und das Du nicht damit hausieren gehst, sondern mit dem Mädchen gemeinsam schauen möchtest, eine Lösung zu finden?

So das die Kleine auch weiß, dass sie im Ernstfall nicht wegrennen muss, sondern Dich hat? Denn auch das kann helfen, um etwaiges Wegrennen zu verringern. Denn nicht selten sind Jugendämter durchaus kulant, wenn man bescheid weiß, dass sie vorübergehend dort schlafen darf oder hin und wieder. Das hatten wir jetzt auch schon 2-3 mal, dass ein Mädchen dann bei einer Schulkameradin geschlafen hat statt in einer Unterkunft, ehe alles komplett geregelt wurde. Eine davon hat sogar das Kind später zu sich genommen.

Es wäre erst wichtig, dass vielleicht Vertrauen zum Kind aufgenommen wird. In der Hoffnung, dass Du genaueres erfährst und weißt, wie dringlich Du eventuell auch ihr mitteilen musst, dass einzugreifen ist. Aber eben auch, um nachhaltiges für das Jugendamt zu erhalten. Sonst kann es Hören und Sagen sein, wenn der Vater und die Mama glaubhaft daheim in Ordnung und „Sauber“ wirken, sag ich mal so.

Wenn das mit dem Schlafen nicht geht, dann wäre es vielleicht hilfreich, wenn die Tochter es schafft, mal für ein bis zwei Stunden die Kleine zu Dir zu bringen. Eben, damit sie erst einmal vertrauen zu Dir schafft. Klingt alles langsam, aber man muss manchmal echt behutsam vorgehen.

Die Kleine, solange der Wahrheitsgehalt da ist, wird viel Angst davor haben, dass es schlimmer wird, dass man ihr nicht helfen kann und dadurch die Schläge härter werden oder schlimmer. Ganz klar und das ist nicht ganz untypisch. Sozialpädagogen und Sozialarbeiter, solange sie staatlich anerkannt sind, wie manche Schulpsychologen sind ebenfalls an einer Schweigepflicht gebunden. Auch das kann Dir vielleicht zur Ratseinholung helfen.

Ich werde mal die Woche das Thema bei meiner Chefin ansprechen und fragen, was sie tun würde oder mal eine Bekannte im Jugendamt-Abteil fragen. Wenn ich näheres weiß, schreibe ich Dir sofort.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Wenn das Kind mit Gegenständen geschlagen wird, gibt es doch bestimmt sichtbare Spuren. Die könnten rein zufällig im Sportunterricht oder vorher in der Umkleide entdeckt werden. Damit wäre die Schule in der Pflicht der Sache auf den Grund zu gehen. Man hätte hier dabei auch mehrere Ziele erreicht. Das betroffene Kind bekommt Hilfe, die Meldung erfolgt durch Personen, die in der Pflicht sind, es zu melden und deine Tochter hätte ihr Versprechen nicht gebrochen.

Daher sollte hier auf jeden Fall die Schule involviert werden. Klassenlehrer, Vertrauenslehrer oder wem man dabei sonst das größte Vertrauen schenkt, dass er/sie sich der Sache annimmt ohne dass dem betroffenen Mädchen das vielleicht auffällt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Das mit dem Übernachten bzw. Nachmittagsbesuch ist schwierig, weil das Mädchen eigentlich die Auflage hat, sofort nach der Schule nach Hause zu kommen. Meine Tochter hat auch gemeint, dass sie zu Leuten, die ihre Eltern nicht kennen, schon gleich gar nicht darf. Wird schon einen Grund haben warum die das nicht wollen, vermutlich haben sie Angst, dass ihrer Tochter durch Fremde doch Glauben geschenkt wird bzw. die Spuren der Gewalt entdeckt werden. :-/

Ich habe meine Tochter auch schon gefragt, ob sie evtl. schon Verletzungen an ihr gesehen hat, aber sie erzählt mir halt dass die Freundin das geschickt versteckt. Sie ist auch im Sommer oft langärmlig rumgelaufen bzw. beim Sportunterricht lässt sie sich halt so viel Zeit dass die Meisten schon fertig sind mit umziehen. Beim Schwimmen war sie nie mit dabei.

Die Freundin hat halt auch erzählt, dass die Eltern die "Verletzungen" wie blaue Flecken gegenüber Bekannten/Verwandten mit der Tollpatschigkeit ihrer Tochter rechtfertigen und aus dem Grund denkt sie halt auch, dass das Jugendamt diese Begründung auch glaubt. Meine Tochter hat erst heute in der Pause wieder mit ihr gesprochen und ihr angeboten mal zu der Vertrauenslehrerin zu gehen. Da hat sie gemeint "Na ja, die letzten Tage ist ja nichts mehr passiert". Mal schauen.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich gehe davon aus, dass zum Beispiel das Jugendamt schon erkennt, ob das Tollpatischigkeit ist oder Gewalt im Spiel ist. Denn zum Beispiel blaue Flecken am Rücken lassen kaum auf Stürze schließen, da man ja eher selten einfach so nach hinten fällt. Aber die ganzen Schilderungen lassen darauf schließen, dass hier Gefahr in Verzug ist.

Und wenn sie beim Sportunterricht schon extra bummelt, damit niemand was mitbekommt, wäre das wirklich der beste Ausgangspunkt, um es über die Schule laufen zu lassen. Nur müssen da eben die Lehrer auch informiert werden, damit sie da ein Auge drauf haben.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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