Schreckt gemeinnützige Arbeit vor Kriminalität ab?
In NRW kam inzwischen der Vorschlag, dass man Kriminelle während ihrer Bewährungsstrafe einfach zu gemeinnütziger Arbeit verdonnern sollte. Wenn Kriminelle zum Beispiel total verdreckte öffentliche Toiletten reinigen müssten, würden sie sich nach Ansicht mancher Politiker, zweimal überlegen, ob man sich noch einmal zu kriminellen Handlungen hinreißen lässt.
Ich sehe das ein wenig gemischt, wenn ich ehrlich bin. Mag sein, dass man nach einem Tag Toiletten putzen nicht mehr auf die Idee kommt, einen öffentlichen Mülleimer zu demolieren, aber ob ein Taschendieb das ähnlich sieht? Oder jemand, der zu Vandalismus neigt? Ist sicherlich auch eine Charakterfrage, gehe ich zumindest stark von aus. Wie seht ihr diesen Vorschlag? Soweit ich weiß, gibt es dieses Konzept ja auch schon in einigen Gegenden Deutschlands. Ist dort die Kriminalitätsrate dadurch zurückgegangen und verzeichnet diese Methode da irgendwelche Erfolge? Oder ist das eher Wunschdenken?
Die Frage ist doch ob es schadet, wenn man es macht. Diese Frage würde man mit einem klaren Nein beantworten und daher finde ich das sehr legitim, wenn man Verbrecher öffentliche Toiletten putzen lässt. Wer mag das schon freiwillig machen? Das ist eklig und auch für solche Leute unangenehm. Wobei ich mir durchaus auch vorstellen kann, dass man Gefängnis gedanklich einfach negativer behaftet möchte.
Man kann im Gefängnis ja einiges machen und hat nur die Einschränkung in dem Zimmer bleiben zu müssen, eine harte Bestrafung, eine merkbare Bestrafung ist das nicht immer. Manche begehen vielleicht auch Straftaten aus einer gewissen Langeweile heraus, die sie im Alltag haben und denen tut es vielleicht ganz gut zu sehen, was sie davon haben.
Natürlich ist das eine Art und Weise mit Straftaten umzugehen, die etwas außergewöhnlich ist, aber einen Versuch ist es doch wert. Mich würde es ehrlich gesagt zusätzlich zum Freiheitsverlust schon abschrecken, wenn ich wüsste, dass ich dann Toiletten putzen muss, die öffentlich zugänglich sind. Immerhin sind die ja auch teilweise richtig abartig eklig.
Ich halte es für ausgesprochen naiv zu glauben, bei Freiheitsentzug handele es sich um eine Pipifax-"Strafe", die man gar nicht richtig merkt, weil man eben "in seinem Zimmer" bleiben muss. Nicht umsonst ist das Recht auf Freiheit unter den allgemeinen Menschenrechten aufgeführt, und wenn jemand ungerechtfertigt in Haft ist, denkt der Mensch sich für gewöhnlich auch nicht: "Ach ja, ob ich jetzt hier sitze und die Gitterstäbe anstarre oder mir einen Kaffee hole, macht auch keinen Unterschied... "
Davon abgesehen ist nachgewiesen, dass nicht einmal die Todesstrafe, an der gewisse "zivilisierte" Länder ja mit Gewalt festhalten, die Verbrechensrate durch Abschreckung senkt. Es mag daher sein, dass für manche Leute die Vorstellung, eine "abartig eklige" Toilette zu putzen, schlimmer ist als der Tod, weswegen sie den Briefkasten jetzt nicht anzünden werden, aber ich glaube nicht, dass gemeinnützige Arbeit als Hauptzweck Abschreckung haben kann.
Bestimmt haben viele Leute, die auf die schiefe Bahn geraten sind, schon mehr erlebt und erlitten, als es sich die durchschnittliche Hausfrau, die nicht gern das Bad putzt, vorstellen kann. Außerdem wäre es ja in meinen Augen unfair und sogar kindisch, Straffälligen extra die dreckigen und ekligen Arbeiten zuzuschanzen, quasi damit es ihnen auch ja nicht zu gut geht, weil sie nur Laub zusammen rechen müssen.
Ich halte gemeinnützige Arbeit als Teil des Strafvollzugs auch für sinnvoll, weil auf diese Art Schaden, der der Gesellschaft entstanden ist, wieder ausgeglichen kann. Wohlgemerkt, bei Verbrechen wie illegalen Graffiti, nicht gerade Kindesmissbrauch. Aber generell bin ich der Meinung, dass es für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft kaum effizientere Möglichkeiten gibt als "ehrliche" Arbeit, sei sie auch noch so unglamourös. Vorausgesetzt, dass diese nicht eingesetzt wird, um den Straftäter noch zusätzlich zu demütigen und auszugrenzen.
Ich denke auch, dass es auf die Straftaten ankommt. Ich würde einen Schwerverbrecher sicherlich auch keine gemeinnützige Arbeit machen lassen. Gemeinnützige Arbeit umfasst ja doch auch mehr, als nur Toiletten zu putzen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass es dem ein oder anderen Straftäter helfen könnte, wieder auf den rechten Weg zu kommen. Aber vielleicht würde es auch zu noch mehr Frust führen und die dieser dann wieder an irgendwelchen Wänden oder Mülleimern auslässt.
Ich denke auch, dass diese Arbeit keine Abschreckung ist, wenn man jemand wieder kriminelle Handlungen vollziehen möchte. Er wird sich dann vielleicht denken, dass es dann als Strafe ja eh wieder nur gemeinnützige Arbeit gibt und dies im Vergleich zum Gefängnis doch wirklich auf einer Pobacke abgesessen werden kann. Vielleicht würde das auch eher andere Kriminelle nicht abschrecken, da sie dann wissen, wenn sie eine Straftat begehen gibt es wahrscheinlich nur gemeinnützige Arbeit als Strafe.
Es kommt eben darauf an. Suchtkriminalität wird man dadurch nicht los. Wer ein Soziopath ist, wird dadurch auch nicht besser. Was ich für sinnvoll halte, sind Reinigungsarbeiten durch jugendliche Ersttäter. Dies hat oft eine gewisse heilsame Wirkung Ansonsten bringt es nicht so viel. Wem die Empathie fehlt, der bekommt sie dadurch auch nicht und der verrottet besser im Knast.
Ich würde da nach der Art der Kriminellen differenzieren, aber grundsätzlich halte ich die Sache für eine gute Idee.
Bei Gewohnheitsverbrechern und solchen die am laufenden Band zum Beispiel grundlos Leute verprügeln oder die Treppe herunter stoßen würde ich eher davon absehen. Die gehören einfach weggesperrt. Aber bei den kleinen Kriminellen die oft am Anfang nur Ordnungswidrigkeiten begehen würde ich diese Variante eindeutig befürworten.
Ich habe da immer meine Kleinstadt im Hinterkopf. Da gibt es ein paar Gruppen von Kindern und Jugendlichen die ständig im Park und auf einem Spielplatz herumhängen und dort alles beschmieren oder zerstören. Das Bauamt kommt dann und repariert alles oder räumt auf und die Kids feixen sich dabei was. Hier würde ich die Verursacher heranziehen. Sie müssten Farbe kaufen und den Pavillon neu malern, den Müll aufsammeln und so weiter.
Die würden sich garantiert beim nächsten Mal überlegen ob sie sich das noch einmal antun. Leider ist es ja auch meistens so dass in der Folge diese Klientel immer skrupelloser wird. Die Schäden werden größer oder es werden Personen angegriffen oder Einbrüche begangen.
Ich habe einfach die Vorstellung dass, wenn man am Anfang eine Null-Toleranz-Schiene fährt, die Gefahr des schleichenden moralischen Verfalls einfach nicht mehr so stark besteht.
Ich glaube kaum, dass gemeinnützige Arbeit vor Kriminalität abschreckt, wieso sollte sie auch? Je nachdem, wo die gemeinnützige Arbeit stattfindet, kommen die Leute ebenso wie im Knast mit anderen in Kontakt, die genug auf dem Kerbholz haben und entsprechend viel Mist gemeinsam bauen können.
Ich habe mal in der Jugend gemeinnützig für die Diakonie gearbeitet. Bei der Ausgabe für Obdachlose, bei der Annahme von Anmeldungen, damit diese eine Meldeadresse hatten usw. Wenn ich gewollt hätte, käme ich schneller an Drogen heran, an kriminelle Leute, die für mich für ein Appel und ein Ei genug getan hätten ohne, dass ich mir die Finger schmutzig machen müsste. Sowas sollte man also nicht zu hoch bauschen, dass die eigentliche gemeinnützige Arbeit auch zweckentfremdet werden kann.
Der Entzug der Freiheitsstrafe ist schon das höchste Gut, was wir hier haben. Anders als in den USA sind die Regeln hier jedoch für die Knäste noch etwas freiheitsliebender. Keine gemeinsame Knastkleidung (je nach Gefängnis in den USA üblich), gerade mal zwischen 0,10$ bis 1$ pro Arbeitsstunde und hier durchaus mehr.
Es heißt nicht immer ohne Grund, dass unsere Knäste ein Luxus sind. Ich kenne einen Mann, der saß insgesamt schon 16 Jahre von seinen circa 50 Jahren Alter im Knast. Der lacht über jede Strafe. 4,5 Jahre am Stück waren das Längste und? Juckt den nicht. Post klappt perfekt, TV im Zimmer, Musik, regelmäßige Pakete der Familie usw. Ein anderen kenne ich, den das auch nichts ausmacht.
Dann kenne ich aber jemanden, der mal durch einen Irrtum in Mexiko für eine Weile im Knast saß, glaube ein Jahr oder so war das. Der hat seiner Aussage nach täglich Rotz und Wasser geheult. Ekelhafte Bedingungen, viel Gewalt, Angst und mehr. Der hat sofort gesagt, lieber zehn mal in DE im Knast als in Mexiko oder möglicherweise in den USA.
Man muss eben sagen, dass hier der Knast nicht abschreckend als solches ist, wenn man meist alles hat, was man haben will. Was fehlt einem? Wenn man draußen sowieso keine Familie mehr hat, dann ist dort durchaus mehr Trubel. Ich bin schon immer der Ansicht gewesen, dass unsere Knäste im Vergleich zu US-Knästen ein blanker Luxus sind. Deswegen glaube ich auch kaum, dass gemeinnützige Arbeit irgendwem von irgendwas abhält.
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