Schlechtes Gewissen, wenn im Urlaub nichts geschafft wurde?
Ein Bekannter nutzt seinen Urlaub immer, um zu Hause viel zu erledigen. Er hat ein großes Haus mit einem großen Grundstück und so sind immer irgendwelche Arbeiten fällig. Diese macht er dann in seiner Freizeit und auch im Urlaub. Natürlich unternimmt er dann auch das ein oder andere, um sich auch etwas Freizeit und Erholung zu gönnen.
Nun hatte er wieder mal Urlaub und meinte, dass er ja schon ein schlechtes Gewissen hätte, denn in diesem Urlaub hätte er nicht so viel geschafft. Man muss dazu sagen, dass er sich noch von einer schweren Erkrankung erholt und gerade erst wieder in die Arbeit eingegliedert wurde.
Kennt ihr das auch, dass ihr ein schlechtes Gewissen habt, wenn ihr im Urlaub nicht das geschafft habt, was ihr euch vorgenommen hattet? Oder ist es für euch nur die Hauptsache, dass ihr einen schönen Urlaub hattet, wo ihr auch mal machen konntet was ihr wollt? Ist da ein schlechtes Gewissen einfach fehl am Platz?
Ich kann das schon nachvollziehen. Das sind dann eben so Arbeitstiere, die im Urlaub keine ruhige Minute finden können und dann ein Ding nach dem anderen planen. So ist mein Schwiegervater auch und er hat dann auch viel im Urlaub geschafft, weil er sich aber immer extrem viel vornimmt, ist er immer enttäuscht nicht alles geschafft zu haben. Das ist eigentlich lächerlich, weil er wirklich viel macht. Erholung sieht in meinen Augen wirklich anders aus.
Urlaub hat für mich vor allem etwas mit Erholung zu tun. Natürlich macht man dann auch Sachen, die liegengeblieben sind, aber wenn man dann wirklich mal eine Weile am Stück Urlaub hat, dann fährt man doch gerne mal weg oder unternimmt etwas Schönes. Da würde ich gar nicht nur arbeiten wollen. Letztendlich kommt der Körper nämlich sonst nie zur Ruhe und man wird über kurz oder lang krank.
Ich finde, dass man sich so den Urlaub effizient ruinieren kann, und dass es langfristig bestimmt nicht gesund ist, als "Arbeitstier" entweder pausenlos am Werkeln zu sein oder ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man nicht ständig produktiv ist. Der Mensch braucht auch Zeiten der Erholung, und zwar ganz radikal, nicht im Sinne von "Ich erhole mich beim Fliesenlegen oder beim Ausbringen von Mulch". Hobbys sind schön und gut und sollen auch einen Ausgleich zur Berufstätigkeit darstellen, aber nicht in dem Sinne, dass man da auch dieses und jenes erledigen "muss", weil man sich sonst schlecht fühlt.
Daraus entsteht meiner Meinung nach sehr schnell ein Kreislauf aus Getriebensein, Aktionismus und schlechtem Gewissen, welcher eine effektive Erholung von Körper und Geist eher behindert als hilfreich ist. Und die langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit sind ja bekannt, wenn man immer mehr oder weniger gestresst ist. Ich selber lege daher großen Wert darauf, mich im Urlaub schon um meiner Gesundheit willen wirklich zu erholen und mir die paar freien Tage am Stück nicht noch rückwirkend schlecht zu reden, weil ich nicht das ganze Haus geputzt und noch 20 Erledigungen geschafft habe. Was nützen mir streifenfreie Fenster, wenn ich nach dem Urlaub nur unwesentlich weniger gestresst bin als vorher?
Wenn er gerade erst eine Eingliederung in den Arbeitsprozess hinter sich hat, sehe ich es eher nicht wohlwollend, dass der Bekannte den größten Teil des Urlaubs nutzt, um an seinem Haus zu arbeiten. Das sind ja oft schwere und langwierige Tätigkeiten. Seinen Urlaub sollte er zu seiner Erholung nutzen, jedenfalls vorwiegend.
So würde ich ihm vorschlagen, hätte ich in dieser Hinsicht ein Mitspracherecht, dass er sich ein Projekt vornimmt, welches maximal ein Drittel der Urlaubszeit beansprucht. Ich stelle mir das so vor: Zwei Tage am Wochenende ausruhen und dann eben das Projekt stemmen und dann den größten Teil des Urlaubs zur Erholung nutzen.
Sicher hat fast jeder schon mal Urlaub nehmen müssen, weil ein Umzug anstand oder eben ein privates Projekt, welches mit viel Arbeit verbunden ist. Aber gerade dann weiß auch jeder, dass es um so wichtiger ist, wenn man sich dann für eine gewisse Zeit auch davon ausruhen kann.
Normal muss man das dem Bekannten ja auch gar nicht sagen, weil er vor einiger Zeit schwer erkrankt war. Im Endeffekt müsste er nun wissen, wie wichtig es ist, sich seine Gesundheit zu erhalten und sich am Leben zu erfreuen. Und ein schlechtes Gewissen bringt ihn absolut nicht weiter. Er muss einfach lernen, sich realistische Ziele zu setzen um sich Erfolgserlebnisse zu schaffen.
Es ist schon so, dass ich an freien Tagen auch einiges erledigen möchte, was ich sonst im Arbeitsalltag nicht unbedingt geschafft habe. Es bietet sich ja an, dann der einen oder anderen Aufgabe nachzugehen, die man sonst nicht erledigen konnte. Man hat mehr Zeit zur Verfügung und kann dann auch Aufgaben erledigen, die etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen oder verschiedene Termine wahrnehmen.
Dennoch sollte der Urlaub ja der Entspannung dienen - zumindest für mich persönlich. Das bedeutet, dass ich mir dann auch wieder nicht allzu viel vornehme und mich selbst auch nicht zu sehr unter Druck setze. Immerhin will ich ja auch nicht schon wieder gleich ganz gestresst in den Arbeitsalltag starten. Davon hat man im Endeffekt auch nichts.
Ich bin da also nicht so streng mit mir. Ich versuche schon einigem nachzugehen, bin aber nicht enttäuscht von mir, wenn ich nicht alles schaffe. Überhaupt etwas zu erledigen ist mir aber schon wichtig, wenn ich nicht gerade auf Reisen bin und keine Zeit dafür habe. Die ganze Zeit nichts zu tun und quasi nur meine Freizeit zu genießen, wäre mir nach zwei Tagen auch schon wieder zu langweilig. Ich bin da eher ein Workaholic.
In meinem Urlaub verreise ich in normalen Zeiten meistens, aber ich kenne es auch, dass ich mir Urlaub nehme, um dann etwas zu schaffen. Dann mache ich das, was ich erledigen möchte, meistens zuerst und dann habe ich eventuell noch Zeit, um etwas zu entspannen. Daher habe ich dann auch das Problem mit dem schlechten Gewissen nicht.
Verstehen kann ich es schon, dass man dann ein schlechtes Gewissen hat, wenn man Sachen nicht geschafft hat, die man aber dringend in der Zeit erledigen wollte, weil man in einer normalen Arbeitswoche nicht dazu kommt. Daher würde ich mir das dann zukünftig eben anders einteilen und so dann das schlechte Gewissen auch vermeiden.
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