Schlecht bezahlte Arbeit besser, als keine zu haben?
In der Bundestagsdebatte zum Mindestlohn, gab ein FDP Politiker von sich, dass es doch immer besser sei, einen schlecht bezahlten Job zu haben, als wenn man arbeitslos sei und schließlich hat man ja auch die Möglichkeit, sich im Laufe der Jahre „hochzuarbeiten“.
Irgendwie kann ich so eine Äußerung nicht nachvollziehen und finde diese schon fast zynisch. Welche Meinung und Einstellung hättet ihr denn bei solch einer Aussage? Wärt ihr bereit einen schlecht bezahlten Job anzunehmen oder hättet ihr gerade beim Einstiegslohn schon so eure Mindestvorstellungen?
Es ist mal wieder typisch, dass so eine Aussage von jemandem kommt, der keine Ahnung von ehrlicher Arbeit hat und selbst sehr viel verdient! Ich hatte schon eine schlecht bezahlte Arbeit. Da habe ich nach Abzug aller Unkosten, die ich hatte, um diese Arbeit überhaupt machen zu können (Fahrtkosten, Arbeitskleidung, Ausrüstung) effektiv weniger als einen Euro die Stunde! Die Möglichkeit mit dem "Hocharbeiten" gibt es doch kaum noch!
Vor allem ungelernte Kräfte haben diese Chance nicht, denn da wird immer wieder auf die Ausbildung geguckt, egal, wie gute Arbeit Du schon in diesem Job geleistet hast! Und neben diesem Vollzeitjob, für den man fast nix bekommt, muss man sich dann auch noch mit den Ämtern herumärgern, die einem ständig Bewerbungen aufs Auge drücken, die von vornherein aussichtslos sind, wenn man sich mal die geforderten Qualifikationen ansehen würde, und man wird ständig zu Terminen einbestellt während der Arbeitszeit!
Da meine Unkosten so gut wie nicht anerkannt wurden vom Amt, hatte ich effektiv weniger, als wenn ich nicht arbeitete. Und wer weiß, wie wenig man bei Hartz IV bekommt, weiß, dass das kein Zuckerschlecken ist, wenn man noch weniger hat! Dass es einem ein gutes Gefühl geben soll etc. sind auch nur schöne Worte! Im Endeffekt ist man der letzte Fußabtreter in der Firma, wenn man so einen schlechtbezahlten Job hat, denn jeder behandelt einen wie den letzten Dreck! Man ist ja augenscheinlich nichts wert, wie jeder aufgrund des Gehaltes weiß!
Irgendwie sind solche Ansichten ja immer fast lustig, wenn es nicht zum Heulen wäre. Ist solchen Sprücheklopfern mal aufgefallen, dass es verdammt viele Indianer und kaum Häuptlinge gibt? Ich habe im zweiten Studium etwas ziemlich nutzloses studiert, das aber ziemlich gut bezahlt wird. Natürlich könnte ich klein anfangen und mich hocharbeiten. Da gilt, besser eine schlechtere Bezahlung und Berufserfahrung als lange raus zu sein.
Aber das gilt eben nicht für alle. Wo können sich denn Reinigungsfachkräfte, Lageristen, Paketboten, Fachverkäufer, Lkw-Fahrer, medizinische Fachangestellte, Frisöre oder Floristen in Massen hocharbeiten? So viele Aufstiegsmöglichkeiten für alle oder zumindest ganz viele gibt es da nicht. Seit Leiharbeiter Standard sind, ist das auch kein sicheres Sprungbrett in eine Firma mit Entwicklungsmöglichkeiten mehr. Und ohne diese ganzen Menschen, die für wenig Geld und ohne Perspektiven buckeln, ginge im Alltag wenig. Die verdienen einen ordentlichen Lohn.
Es kommt eindeutig auf den Kontext an. Ich hatte neben dem Studium auch schon Jobs, die eher schlecht bezahlt waren und wo die Arbeitsbedingungen nicht unbedingt optimal waren. Da war ich aber froh, so eine Arbeit zu haben, denn sie war besser als gar nichts. Als Student hat man keinen Anspruch auf Sozialhilfe, da man ja offiziell in Ausbildung ist und nicht arbeitslos.
Wenn dann kein Bafög gezahlt werden kann und man für sich selbst sorgen muss, ist man froh, dass man überhaupt Geld kriegt, um die monatlichen Kosten zu decken. Auch weiß man da, dass es nur ein vorübergehender Zustand ist und nichts für die Ewigkeit.
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