Schafft ihr es, euch genug um euch selbst zu kümmern?
Mir ist es wichtig, dass ich mir genug Zeit für mich selbst nehme, ab und zu einfach zur Ruhe komme und mir etwas Gutes tue. Obwohl ich sehr viel arbeite und natürlich auch der Haushalt steht, gelingt mir das ganz gut. So setze ich mich abends nach getaner Arbeit und Haushalt gerne aufs Sofa, trinke einen Tee, lese etwas oder schaue eine Serie oder einen Film.
An Sonntagen schlafe ich nach Möglichkeit aus und auch sonst gönne ich mir gerne zwischendurch eine Auszeit in der Badewanne, lege eine Gesichtsmaske auf oder mache etwas anderes, was ich einfach mag und was mir persönlich gut tut. Wenn ich es für nötig erachte, gehe ich zum Arzt oder zum Friseur und lasse das auch nicht schleifen. Schafft ihr es, euch genug um euch selbst zu kümmern oder geht das bei euch im Alltag gerne mal unter?
Es gab tatsächlich Zeiten in denen ich mich überhaupt nicht oder kaum um mich selbst gekümmert habe. Da waren die Bedürfnisse meiner Tochter, meines Partners und auch meiner Mutter über meinen gestanden. Das hat meinem Körper überhaupt nicht gut getan und mein Körper hat es mir nicht gedankt.
Auch heute gibt es noch Tage an denen meine Familie denkt ich wäre nur für sie da. Inzwischen habe ich es aber gelernt Grenzen zu setzen und meiner Familie klar zu machen dass ich auch Zeit für mich und meine Bedürfnisse benötige. Inzwischen ist meine Tochter auch alt genug um das zu akzeptieren und zu verstehen.
Manches mal nehme ich mir die Zeit auch abends wenn meine Tochter und mein Partner schon im Bett sind. Dann höre ich meine Lieblingsmusik, lese ein Buch. führe Telefonate oder schau das im Fernsehen was ich gerne möchte. An den Wochenende gehe ich auch einmal ganz alleine zum Shoppen oder treffe mich mit Freundinnen. Woran ich noch arbeiten muss sind die regelmäßigen Checkups bei Ärzten, da bin ich noch etwas nachlässig mit mir und meinem Körper.
Durchaus. Ich wundere mich nur manchmal, wieso und seit wann ganz unoriginelle Alltagstätigkeiten wie Tee trinken oder in meinem Fall einen mittelmäßigen Abenteuerroman zu konsumieren, auf einmal bedeuten, dass man sich "um sich selbst kümmert". Wahrscheinlich ist es einfach schicker, weil man so auch bei Tätigkeiten, die man als "Faulenzen", Hobbys, oder "auf dem Sofa sitzen" bezeichnen kann, so tun kann, als sei man top produktiv und immer im Trend. Als Self Care hochstilisiert macht auch der banalste Kram mehr her als Zeit totzuschlagen, weil man sich vor dem Fensterputzen drückt.
Ich kann spielend ganze Wochenenden auf dem Sofa sitzen, im Haushalt Fünfe grade sein lassen, meine Postkartensammlung alphabetisch sortieren und Natursendungen in der Glotze anschauen. Aber für mich heißt das eigentlich nicht, dass ich mich "um mich selbst kümmere". Ich habe nur keine Lust, immer zu arbeiten, herumzupusseln, und anderen den Arsch nachzutragen, sodass ich tatsächlich über Freizeit verfüge, die ich auch vehement verteidige.
Ich habe das Gefühl, dass dieses "self care" Ding eigentlich nur dann relevant wird wenn man es irgendwie seiner Umwelt mitteilt. Wenn ich ein Bad nehme ist das einfach Körperpflege, aber wenn ich mich mit drei Kerzen, Gesichtsmaske und Buch für ein Instagram Foto in der Wanne drapiere und die passenden Hashtags setze ist es "self care".
Mit Buch und Tee auf dem Sofa sitzen wird in ähnlicher Form wahrscheinlich von ganz vielen Deutschen jeden Abend zelebriert, nur ist es bei manchen eben Bier und Serie oder Chips und Netflix. Irgendwie auch lustig, die Frau mit dem Teechen und dem Buch ist "self care", der Mann mit dem Bier und dem Bundesligaspiel im Fernsehen würde ganz andere Hashtags verpasst bekommen, dabei sitzt er auch nur mit seinem Lieblingsgetränk herum und lässt sich unterhalten.
Ich schaffe es eigentlich immer meine Freizeit so zu verbringen wie ich das gerne möchte. Außerdem kümmert man sich auch um sich selber wenn man zum Beispiel dafür sorgt, dass die Finanzen in Ordnung sind indem man die Steuerunterlagen sortiert oder wenn man dafür sorgt, dass die Klamotten sauber und ordentlich gebügelt sind. Sieht halt nur nicht so glamourös auf auf Instagram.
"Sich um sich selbst kümmern", das wird ja dank Instagram immer mit der netten Badewanne, dem Gläschen Sekt und dem Buch regelrecht zelebriert. Dabei bedeutet Selbstfürsorge doch viel mehr, als sich mal einen Entspannten zu machen. Aber das ist bei dem ganzen Achtsamkeitsfimmel und Meditationshype vollkommen untergegangen.
Ich konnte mich sehr lange nicht um mich selbst kümmern. Sich um sich selbst kümmern, bedeutet nämlich auch mal Nein zu sagen, wenn einem alles zu viel wird. Es bedeutet auf sich und seinen Körper zu achten, seine Sachen in Ordnung zu halten und "auch mal Fünfe gerade" sein zu lassen.
Ich gehe auch gerne baden, ich mache mir auch gerne eine Gesichtsmaske, ich schminke mich mittlerweile etwas, ich trinke auch gerne mal was Leckeres und leckerem Essen bin ich eh nicht abgeneigt. Die Zeit habe ich immer und ich genieße es durchaus. Aber neben diesen Aktivitäten, die man auf Instagram als Selbstfürsorge bewerben kann, läuft noch viel mehr. Ich gehe zum Sport, ich achte auf meinen Finanzen, ich sorge dafür, dass die Bude in Ordnung ist, ich kümmere mich nicht nur um mich selbst, sondern auch um Andere. Das gehört alles dazu.
Ich habe es schon immer geschafft, mich selbst immer sehr wichtig zu nehmen und mich nicht zu vernachlässigen. Ich finde auch, dass dies eine wichtige Vorgehensweise ist, um mit sich im Reinen zu sein. Wer sich selbst vergisst, so sehe ich das, ist auch nicht in der Lage, sich um andere besser zu kümmern, sodass man immer auf sich achten muss.
Wenn man doch sich selbst nicht wichtig nimmt, sich nicht in stressigen Situationen zu schützen weiß oder zurückzuziehen weiß, wie möchte man einen klaren Kopf haben, um anderen zu helfen. Man muss sich immer auch etwas an erster Stelle stellen, auch wenn viele das als Egoismus werten. Doch man lebt nur einmal, muss mit sich im Reinen sein und vor allem gesund bleiben.
Dazu ist eben neben der eigenen klassischen Pflege des Körpers und die Gesundheit auch das innere Ich wichtig. So sehe ich das jedenfalls und finde es auch vollkommen in Ordnung, wenn sich Menschen um sich ausgiebig kümmern.
Ich weiß aber auch, dass dies bei anderen oftmals als Ego-Schiene ankommt oder anderweitig negativ beurteilt wird. Dafür habe ich dann aber wiederum kein Verständnis. Denn jede mangelnde Pflege im Allgemeinen wird sich später womöglich auch mit psychischen Folgen rächen. Dann lieber immer ein bisschen auch auf sich achten und bösartige Überraschungen gänzlich vermeiden.
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