Sagt ihr offen, wenn euch etwas zu viel wird?
Eine Freundin steht gerade sehr unter Strom und hat einige Sorgen und Stress. Sie bekommt aber nun häufig das Haustier ihrer Eltern aufgedrückt und soll es ein paar Tage versorgen, wenn diese wegfahren möchten. Meine Freundin macht das eigentlich auch gerne und es macht ihr generell nichts aus.
Sie kann das Tier ohne Probleme alleine lassen, wenn sie eben arbeiten muss. Es wird nun aber doch zum Dauerzustand und die Eltern geben ihr das Tier nun bald jedes dritte Wochenende. Ihr wird das langsam aber durchaus zu viel, da sie eben gerade selbst einiges um die Ohren hat.
Sagt ihr durchaus offen, wenn euch etwas zu viel wird? Meint ihr, dass das eher ein Zeichen von Schwäche ist und negativ gewertet wird? Habt ihr dann Angst vor der Reaktion, wenn ihr das offen sagt? Habt ihr damit schon schlechte Erfahrungen gemacht?
Ich würde das nicht als Zeichen von Schwäche werten und offen sagen, wenn mir etwas zu viel wird. Tatsächlich sage ich sehr oft, dass es mir zu viel wird. Leider bin ich da nicht sehr stressresistent. Normalerweise kann ich aber auf Mitgefühl aus meinem Umfeld zählen und werde dann eher unterstützt als weiter gestresst.
Sich abzugrenzen, auch mal "nein" zusagen, kann durchaus schwierig sein, ich kann deine Freundin da verstehen. Man will schließlich ja auch niemandem vor den Kopf stoßen - gerade seine eigenen Eltern nicht. Problematisch ist auch: wenn man Meschen einen bestimmten Gefallen bereits öfters getan hat, entwickeln diese Leute häufig so eine Art Gewohnheitsrecht und genau das macht es einem noch schwieriger, sich wirklich zu trauen, sich abzugrenzen.
Wenn sie also das Tier schon öfters an sich genommen hat, gehen ihre Eltern wohl schon davon aus, dass es absolut kein Problem ist, und entwickelten quasi ein Anspruchsrecht. Am Ende des Tages ist aber jeder selbst für sein Wohl verantwortlich, und man darf keine Angst davor haben, eventuell als "egoistisch", "schlechte Tochter" oder gar als "schwach" betitelt zu werden, weil man diese Aufgabe nicht auf sich nimmt. Man selber würde Andere ja auch nicht als egoistisch oder sonst was bezeichnen, nur, weil er zum Beispiel aus zeitlichen Gründen etwas nicht für mich erledigen kann.
Lernen, sich abzugrenzen, ist ein Prozess, der leider recht lange dauern kann, ich spreche da aus Erfahrung. Aber Übung hilft da enorm, und am Ende lohnt es sich wirklich, sonst wird man immer wieder im Leben von anderen Menschen ausgebeutet und ausgenutzt.
Ich bin an sich ein recht gutmütiger Mensch, der für Freunde und Familie einiges tut und sich auch mal mehr zumutet, als gerade gut und gesund wäre. Schließlich weiß ich, dass meine Freunde sich nur dann an mich wenden, wenn wirklich die Hütte brennt, und nicht gedankenlos meine Gutmütigkeit ausnutzen.
Wenn ich jedoch das Gefühl bekomme, ausgenutzt zu werden, weil man glaubt, ich sage sowieso immer Ja und Amen, ziehe ich sehr schnell die Reißleine. An sich macht es mir nämlich gar nichts aus, Bitten und Gefallen abzuschlagen. Schließlich habe ich wie die meisten Menschen schon genug um die Ohren, und es ist niemandem gedient, wenn ich mich für ein Dankeschön aufopfere.
Ich finde auch, dass es eher von Stärke als von "Schwäche" zeugt, wenn man sich nicht immer für die anderen zum Deppen macht. Auch den gelegentlichen Egoismus-Vorwurf kann ich locker wegstecken, weil es ja im Prinzip nur bedeutet: Du bist ein schlechter Mensch, weil du mir nicht aufs Wort gehorchst und mir das Leben erleichterst.
Ich finde, man muss knallhart egoistisch sein, denn sonst bleibt man irgendwann auf der Strecke. Wenn man sich nicht selbst um sich kümmert, dann tut es kein anderer. Es sei denn natürlich man ist ein Kind oder pflegebedürftig, da hat man normalerweise Menschen, die sich kümmern.
Ich bin früher für meine Hilfsbereitschaft gerne mal ausgenutzt worden und blieb dabei selbst auf der Strecke und kam zu kurz. Das habe ich geändert. Mittlerweile ist es so, dass ich nur noch dann jemandem helfe, wenn ich eindeutig keine Nachteile dadurch habe.
Soll heißen, dass mir die Zeit hinterher nicht für die Sachen fehlen darf, die mir wirklich wichtig sind, weil sie zum Beispiel meine Zukunft betreffen oder dergleichen. Daher sage ich dann auch direkt, wenn meine Kapazitäten erschöpft sind und ich nicht helfen kann, weil mir das ansonsten zu viel werden würde. Das ist bisher immer akzeptiert worden und es gab keine Probleme.
Auch wenn es in dem Fall um die Eltern geht und es dabei vielleicht auch noch einmal schwieriger ist, eine Bitte abzuschlagen, würde ich auch sagen, dass man vor allem an sich denken muss. Ich würde sagen, dass es eher als Zeichen von Stärke gewertet wird, wenn man es klar sagt, dass einem etwas zu viel wird und man damit eben auch mal eine Bitte ablehnt und Nein sagt.
Gerade die eigenen Eltern sollten es doch verstehen, dass man neben dem ganzen Stress nicht auch noch immer die Kraft und die Lust hat, auf deren Tiere aufzupassen. Aber auch bei anderen Personen sage ich es offen, wenn mir etwas zu viel wird und ich nicht alles schaffen kann. Es nützt ja keinem etwas, wenn ich dann zusammenbreche und sowieso nicht alles schaffe.
Ich habe damit ehrlich gesagt kein Problem, wobei es bei mir dann aber in den entsprechenden Fällen wirklich nicht anders geht und mir nichts anderes übrig bleibt, als das offen zu sagen. Dass ich wirklich psychisch oder körperlich an meine Grenzen komme, weil ich sehr viel zu tun habe, kommt bei mir eigentlich so gut wie nie vor, da ich nun einmal ein ziemlicher Workaholic bin.
Bei mir ist es dann viel eher so, dass ich einfach keine Zeit habe, um noch weitere Aufgaben oder Treffen unterzubringen. Der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden und wenn ich merke, dass sich einfach zeitlich unmöglich noch eine Aufgabe einschieben lässt, dann sage ich das so. Das hat für mich auch nichts mit einem Zeichen von Schwäche zu tun sondern damit, dass der Tag zu wenig Stunden hat beziehungsweise ich zu wenig Zeit habe.
Ich finde aber auch gar nicht schlimm, wenn man so etwas sagt. Weshalb auch? Man ist ja auch keine Maschine oder kein Roboter, so dass man so etwas durchaus auch mal anmerken darf. Es wird einem ja auch niemand böse nehmen können, wenn man nicht 24 Stunden am Tag durchackert, ohne sich zumindest eine Schlafpause zu nehmen.
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