Rechnet ihr mit überfüllten Zügen wegen 9-Euro-Ticket?
Es wird ja ziemlich Panik gemacht, dass die Bahn unter der Last der vielen 9-Euro-Ticket-Fahrer zusammenbricht. Millionen Fahrkarten seien schon verkauft worden. Das heißt aber doch nichts. Natürlich kauft sich jeder ein 9-Euro-Ticket, der auch nur ab und zu mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt. Das lohnt sich ja meistens schon bei zwei oder drei Fahrten mit dem Bus.
Ich glaube nicht, dass jetzt so viel mehr Leute mit der Bahn fahren, dass alles zusammenbricht. Die meisten Leute, die vorher mit dem Auto ihre Wochenend-Ausflüge gemacht haben, werden das meiner Meinung nach auch weiterhin tun. Auch ohne 9-Euro-Ticket konnte man auch vorher schon günstige Angebote der Bahn am Wochenende wahrnehmen, vor allen Dingen, wenn man mit mehreren Personen fuhr.
Es gibt Leute wie mich mit wenig Geld, die wirklich einige Fahrten planen, die sie vielleicht vorher nicht unternommen hätten. Aber das sind doch nicht so viele. Auch gibt es Menschen wie meinen Schwager, die jetzt auf bestimmte Ideen kommen. Er braucht zwar eigentlich nicht zu sparen, ist aber durch dieses Ticket auf die Idee gekommen, mal ohne Familie alte Freunde in ganz Deutschland zu besuchen. Aber er fährt ja dann nicht zu den Hauptverkehrszeiten. Es gibt Zeiten, in denen die Züge zumindest bis jetzt sehr leer sind. Danach kann man sich richten, wenn man Zeit hat.
Rechnet ihr in den kommenden drei Monaten wirklich mit stark überfüllten Zügen oder gar einem kompletten Zusammenbruch des Bahnverkehrs? Neulich habe ich sogar gelesen, dass Polizei eingesetzt werden soll, um dem Herr zu werden und Züge bei Überfüllung zu leeren. Ich glaube, dass die Masse das Angebot einfach nur als Ersatz für ihr jetziges Monatsticket wahrnimmt und nicht öfter fährt als vorher auch.
blümchen hat geschrieben:Rechnet ihr in den kommenden drei Monaten wirklich mit stark überfüllten Zügen oder gar einem kompletten Zusammenbruch des Bahnverkehrs?
Sagen wir so: ich befürchte, dass es zeitweise zu Problemen kommen wird, aber natürlich wäre es mir lieber, wenn ich Unrecht hätte, da ich auf Bus und Bahn angewiesen bin. Sollte es wirklich zeitweise schwierig werden mitzukommen, gerate ich nämlich in Schwierigkeiten, wenn ich meine Ziele nicht oder stark verspätet erreichen kann. Sollte ich mich mit meinen Befürchtungen täuschen, wäre ich sehr erleichtert.
Andererseits sind hier zumindest einige Linien schon im normalen bisherigen Betrieb schon sehr stark ausgelastet, und selbst wenn das 9-Euro-Ticket da nur noch 10 Prozent zusätzliche Auslastung generieren wird, wird es schon zu viel. Dann klappt es womöglich nicht mehr.
Durchaus. Wie sollten die Leute denn sonst mitfahren? Auf dem Dach, wie in manchen Ländern, deren Infrastruktur ebenfalls etwas zu wünschen übrig lässt? Ich habe nicht mehr verfolgt, wie viele dieser Tickets schon verkauft wurden, aber anscheinend war es doch eine ganze Menge, und ich gehe schon davon aus, dass die Leute dann auch tatsächlich Zug fahren wollen. Und da weder mehr Züge noch ein dichterer Takt oder ein verbessertes Schienennetz am 1. Juni vom Himmel fallen, schauen die BahnpendlerInnen wie ich sowie das Bahnpersonal drei harten Monaten ins Auge.
In meinen Augen liegt das Hauptproblem darin, dass das Experiment in der Urlaubszeit stattfindet. Von Juni bis August haben alle Länder gestaffelt Pfingst- und/oder Sommerferien plus Semesterferien und die traditionelle Urlaubszeit liegt auch für Arbeitnehmer im Sommer. Da werden die Ausflügler in hellen Scharen samt E-Bikes die dafür definitiv nicht ausgelegten Regionalzüge fluten, und die Leute, die fahren müssen, können nur hoffen, dass die Klimaanlage mitmacht. Ich rechne auch nicht damit, dass die Ausflügler die "Stoßzeiten" meiden und erst dann lostuckern, wenn die Berufspendler schon am Schreibtisch sitzen. Schließlich dauert so eine Zugfahrt seine Zeit, da möchte man schon rechtzeitig los.
Also unsere Busse und U-Bahnen sind auch ohne Ticket schon gesteckt voll und erinnern eher an Sardinenbüchsen als an öffentliche Verkehrsmittel. Und bei den Regionalbahnen sieht es nicht anders aus. Das letzte mal im Regionalexpress gesessen habe ich, als ich gegen zehn Uhr abends an einem Wochenende unterwegs war.
Zu normalen Zeiten bin ich dankbar, wenn ich nicht mit der Nase an der Toilettentür klebe und überglücklich, wenn ich auf einer Treppe der doppelstöckigen Züge sitzen kann. Das wird mit dem günstigen Ticket bestimmt nicht besser.
Da halte ich die Annahme, dass man unter Umständen noch nicht einmal mehr in den Zug kommt, nicht für aus der Luft gegriffen. Jetzt wandere ich doch eh schon regelmäßig von einem superüberfüllten Bahnsteig zu einem leereren, wo der Alternativzug, der auch an meinem Zielbahnhof hält, halt 10 Minuten später kommt.
Generell halte ich es für durchaus denkbar, dass die Busse, Züge und Regionalbahnen mehr gefüllt sein werden. Das 9-Euro-Ticket macht es eben möglich, sich auch mal andere Städte anzuschauen. Ich bleibe natürlich der Idee des Tickets gegenüber wirklich positiv gestimmt, weil es ganz einfach mal eine Gelegenheit für viele ist, durch die Weltgeschichte zu fahren, was sonst einfach zu teuer ist. Wer also in 8 Stunden in Hamburg usw. mit Regiobahn sein möchte, der ist gut beraten.
Für all jene, die einfach nur zur Arbeit wollen, dürfte solch ein Vorgehen schon schwieriger werden. Schon jetzt sind gewisse Strecken bei uns immer überfüllt, die Bahnen/Busse kommen zu spät, sodass die Wartenden immer mehr werden. Manchmal sind dann noch die Schüler/-innen inkludiert, wo man das Gefühl hat, dass einem gleich der Hitzetod droht.
Glücklicherweise sind die 9-Euro-Tickets ja in den Ferienzeiten in NRW auf jeden Fall schonmal gebucht, sodass hier weniger Verkehr von Schüler/-innen zu erwarten ist. Jedenfalls für einige Wochen. Doch trotzdem werden vermehrt Menschen fahren und darauf hoffen, einen nicht zu überfüllten Bus zu erreichen. Ich wünsche ihnen Glück, mir auch, denn ich würde gerne mal das Auto zur Arbeit stehen lassen.
Ich kenne aktuell über 25 Leute, die sich das Ticket geholt haben. Davon hat die Hälfte eigentlich ein Auto und in unserer Stadt sollen wohl auch schon über 5000 Tickets weggegangen sein, was sicherlich eine gewisser Überfüllung mit sich bringt. Natürlich fahren selten alle gleichzeitig, aber es wird sicher dazu kommen, dass es hier und dort auf den belebten Strecken voller wird. Vor allem in Richtung Innenstadt.
Ich befürchte auch, dass die Züge überfüllt sein werden. Vor allem werden bei den jetzigen Spritpreisen viele ihr Auto definitiv stehen lassen. Ich sehe allerdings eher ein anderes Problem auf uns zukommen.
Ich denke da speziell an Corona. Auch wenn jetzt die Infektionszahlen zurück gehen heißt es noch lange nicht, dass wir die Pandemie überwunden haben. In überfüllten Zügen kann man ja schlecht Abstand einhalten. Ich habe zwar keine Angst vor Corona. Allerdings habe ich keine Lust im Herbst und Winter wieder monatelang Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Das kann durch die überfüllten Züge durchaus sein, dass die Infektionszahlen wieder steigen.
Außerdem denke ich, dass die Preise danach wieder ordentlich steigen werden.
Mittlerweile habe ich meine Meinung auch geändert. Ich sehe schon mit Grauen meiner Fahrt übermorgen nach Berlin mit Zwischenstopp in Leipzig entgegen. Nachdem ich meinem Nachhilfeschüler gestern von meinem Plan erzählt hatte, sagte er, dass viele seiner Freunde in den Ferien oder am Wochenende mit dem 9-Euro-Ticket längere Reisen unternehmen möchten. Eigentlich sagen mir alle Leute, mit denen ich bisher darüber gesprochen habe, dass sie irgendetwas planen.
Ich sehe also in meiner Fantasie schon völlig überfüllte Züge mit feiernden Jugendlichen (ich gönne es ihnen, ich war ja selber mal jung und sie haben in den letzten zwei Jahren auf vieles verzichtet), Familien mit quengelnden Kindern, Einzelreisende, die sich da irgendwie zwischen Toilette, die wahrscheinlich schnell den Geist aufgibt, und Waggontür hineinquetschen, zurecht genervten Berufspendlern und überfordertem Bahnpersonal. Vielleicht schaffe ich es nur bis zum ersten Umstieg und fahre dann wieder zurück.
So, heute ist der erste Tag des 9-Euro-Tickets angebrochen. Mit einer Regionalbahn bin ich noch nicht gefahren, aber mit Bus und U-Bahn. Zum Glück waren diese Verkehrsmittel kaum voller als sonst. Darüber bin ich schon mal froh, dass anscheinend zumindest die innerstädtischen Verkehrsmittel nicht überlastet sind. Vielleicht gehe ich heute Abend mal zum Hauptbahnhof und beobachte die Lage.
Also ich kann persönlich von einem positiven Ausflugserlebnis berichten. Ich war zusammen mit meinem Partner mit dem Zug im 200 km entfernten Passau und und auch meine Kollegin war am Wochenende schon mit ihrem Mann im 150 km entfernten Bamberg.
Wir sind jeweils zu Morgenstunden - 7 Uhr bis 8 Uhr - losgefahren und abends gegen 20 Uhr zurückgefahren und hatten in beiden Fällen sowohl bei Hin- als auch Rückfahrt Sitzplätze, keine Zugausfälle und auch keine außergewöhnlichen Verspätungen. Wir haben allerdings auch beide nicht die absoluten Hotspots unserer Region gewählt.
Zum Pendelverkehr im Zug/Bussen kann ich außerorts nichts sagen. Die innerstädtischen Busse sind gefühlt nicht voller als sonst. Ich habe nicht das Gefühl, dass mehr Arbeitnehmer jetzt mit dem Bus fahren.
Ich habe mittlerweile schon vier Halbtagesausflüge mit Regionalbahnen unternommen, jeweils von einer Dauer von ein bis zwei Stunden und einmal Umsteigen. Es war alles wie sonst auch. Pfingsten ist es immer ein bisschen voller und Verspätungen sind bei der Bahn auch nichts Außergewöhnliches. Heute erst war die Hinfahrt sehr leer, ebenso das Museum, obwohl es direkt an einem schönen größeren See liegt. Die Rückfahrt war halb voll, so dass fast jeder einen Zweiersitz für sich hatte.
Als ich jedoch wieder am Heimatbahnhof ankam, war es sehr voll da. Aber das ist wahrscheinlich an einem Freitagnachmittag auch normal. Meine lange Berlinfahrt habe ich doch nicht unternommen. Ich habe die Fahrt aber verfolgt. Ich hätte bei den fünfmal Umsteigen zwei Anschlüsse verpasst und wäre mit riesiger Verspätung angekommen. Allerdings war es der Pfingstsamstag. Das wäre wahrscheinlich an jedem Pfingstsamstag so gewesen.
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