Reagieren manche Ostdeutsche sehr empfindlich?

vom 16.02.2021, 11:19 Uhr

Manche Leute behaupten ja, dass die Menschen im Osten empfindlicher auf manche Aussagen reagieren, ob sie nun stimmen oder nicht. Wenn jemand zu mir sagt, in deinem Bundesland wird einem das Abitur quasi geschenkt, dann fühle ich mich nicht beleidigt und genötigt mich unter allen Umständen zu rechtfertigen. Vielleicht suche ich Argumente dafür oder dagegen, fühle mich aber nicht persönlich angegriffen.

Auch meine ostfriesischen Bekannten finden die Ostfriesenwitze durchaus oft lustig und sind nicht beleidigt. Ebenso wenig die Bayern, die ich kenne, wenn man sich über sie in irgendeiner Art lustig macht. Aber das sind natürlich nur meine eigenen Erfahrungen und daher nur anekdotisch und nicht statistisch beweisbar.

Auch nur anekdotisch und auf eigenen Erfahrungen beruhend reagieren manche Menschen in den neuen Bundesländern sehr empfindlich. Ich hatte zum Beispiel einmal eine Diskussion mit unserer Sekretärin, die darum ging, dass ich meine Verwandten in Thüringen besucht hatte und in der Bahn einer Horde offensichtlicher Neonazis geriet. Ich wollte das einfach nur erzählen, weil ich sowas gar nicht kannte und mich erschreckte. Sie reagierte so, als ob ich sie und die neuen Bundesländer im Ganzen angegriffen hätte und wollte mir weismachen, dass es vielleicht sogar Nazis aus dem Westen gewesen seien.

Habt ihr persönliche Erfahrungen, die euch glauben lassen, dass Ostdeutsche empfindlicher reagieren als Westdeutsche, sobald sie meinen oder einem unterstellen, dass man etwas Negatives über ihre Heimat erzählt, auch wenn es gar nicht so gemeint ist?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 16.02.2021, 12:45, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Schwieriges und großes Reizthema. :D Als Jemand der seine Wurzeln in Ostdeutschland hat, kann ich das natürlich bejahen, genauso wie ich bejahen kann, dass Westdeutsche manchmal keine Sekunde ungenutzt lassen, um über Ostdeutsche herzuziehen und das Bundesland in einer gewissen Art und Weise zu denunzieren. Nicht jeder "Ossi" oder "Wessi" benimmt sich so, man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Ich kenne beispielsweise auch Ostdeutsche, die in den Westen gegangen sind, total überheblich geworden sind aufgrund ihres beruflichen Statuses dort und sich selbst als das Non Plus Ultra bezeichnen würden, wenn man sie fragt.

Mal in die Erzgebirgische Region fahren, dort sind die Menschen sehr offen, ehrlich und auch Bodenständig. Man hält sehr dolle zusammen, im Norden ist das beispielsweise nicht immer so, mal nach Usedom geschaut. Beide Regionen einen aber eins, das es auch da immer noch Vorbehalte gegenüber Westdeutschen gibt, mich wundert das allerdings nicht. Sachsen als Beispiel wird oft als "rechtes" Bundesland hingestellt... mal nach Dortmund und den Ruhrpott geschaut wie stark die Szene dort vertreten ist, thematisiert wird es aber nie öffentlich.

Das Ossi / Wessi denken ist eine geschichtliche Sache und der Nachkriegszeit geschuldet, als das Land lange gespalten war. Der Osten wurde mit der Zeit herunter gewirtschaftet, viele dort produzierte Waren gingen ins Ausland oder in den besagten Westen, von dort kam aber nur wenig bis gar nichts zurück.

Nach der Wende meinten dann viele (nicht alle!) Westdeutsche arroganterweise warum der Osten einen höheren Solidaritätszuschlag und Aufbau Ost haben müssen usw. Man darf jedoch nicht vergessen, dass nicht nur die Ostdeutschen Bundesländer den erhalten haben. Da muss sich Keiner wundern, dass jede Himmelsrichtung eine gewisse Meinung über die Andere hat. Die kommenden Generationen werden diese Vorurteile aber irgendwann überwinden und das Land als Eins betrachten, ich für mich selbst sehe uns nach wie vor nicht als Einheit, komme trotzdem mit sehr vielen Ossis und Wessis aus, da ich gelernt habe, dass nicht alle dem typischen Bild entsprechen was der Andere hat.

» Nebula » Beiträge: 3041 » Talkpoints: 6,06 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich glaube je nachdem wie sehr einem ein Thema selber nervt und betrifft geht man dann hoch oder nicht. Ich denke nicht, dass Ostdeutsche generell empfindlicher sind, ich komme ursprünglich aus Thüringen, bin dann nach Bayern gezogen und finde, dass es immer solche und solche Menschen gibt. Da spielt das Bundesland doch eher nicht so die Rolle, sondern der eine Mensch. Ich finde aber schon, dass es auch immer Menschen gibt, die so in ihrer Bubble leben, dass sie sich über alles beschweren, was da nicht reinpasst und auch sofort hochgehen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Da gebe ich dir Recht, jeder triggert den Anderen und umgedreht. Je länger diese Trigger stattfinden, kann auch die jeweilige Seite nicht zur Ruhe kommen. Über den Norden sagt man ja auch oft dass das alles Fischköppe ohne Emotionen sind die da leben der Süden hingegen in den Augen mancher konservativ mit rechten Tendenzen aufgrund vieler alten Traditionen, der Nähe zu Österreich usw. Beides kann man nicht pauschalisieren und generalisieren da ich im Norden und auch im Süden auch schon viele Leute getroffen habe, die eben nicht dem Bild entsprechen.

» Nebula » Beiträge: 3041 » Talkpoints: 6,06 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich persönlich erlebe das Ossi/Wessithema allmählich rückläufig. Meinem Eindruck nach spielt es allmählich eine geringere Rolle im Umgang miteinander, wer woher stammt, da es auch inzwischen viele Wanderungsbewegungen in beide Richtungen gegeben hat. und es auch bereits Erwachsene gibt, die ihre familiäre Herkunft zwar ursprünglich in einem Teil Deutschlands haben, aber im anderen geboren sind. Erst vor kurzem habe ich eine Unterhaltung einiger junger Frauen mitgehört, und eine erzählte. dass ihre Eltern aus Sachsen stammen, aber sie selbst in Bayern geboren und aufgewachsen ist. Ich denke, da verliert sich allmählich die eindeutige Ost/Westzuordnung, und man fühlt sich eben als Deutscher.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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