Psychische Erkrankung bekommen, da Arbeit zu langweilig ist?

vom 18.05.2016, 08:24 Uhr

Eine Bekannte von mir hatte für nächsten Monat Urlaub geplant und wollte mit ihrer besten Freundin verreisen. Diese ist nun aber leider in der Psychiatrie und wird nicht mit kommen. Sie hat offenbar eine Art Depression bekommen und es wird vermutet, dass diese mit der Arbeit zusammen hängt.

Sie arbeitet in der Produktion einer Firma die Werkzeuge herstellt und macht dort also mehr oder weniger immer das gleiche. Das hat sie wohl furchtbar gelangweilt und deprimiert. Man hat keine Aufstiegschancen und keine Abwechslung.

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man deswegen Depressionen bekommt. Ich würde mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine Depression bekommen, wenn ich in einem langweiligen Job wie etwa Kassiererin, Verkäuferin, Sekretärin oder in irgendeinem Büro arbeiten müsste.

Wie abwechslungsreich sind eure Jobs und denkt ihr, dass ihr darüber eine Depression bekommen könntet? In welchen Berufen ist die Wahrscheinlichkeit besonders hoch, eine Depression zu bekommen? Liegt dies tatsächlich an der Langeweile oder vielleicht eher an der mangelnden Anerkennung?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich habe noch nichts davon gehört, dass man eine Depression bekommen kann, wenn ein Job zu langweilig und eintönig ist. Ich denke, dass das aber sicher möglich ist, wenn vielleicht auch noch private Probleme dazu kommen und das alles verstärken.

Ich habe Verkäuferin gelernt und muss sagen, dass ich den Beruf nicht eintönig fand. Es kommt sicher auch darauf an, wo man als Verkäuferin arbeitet, wenn man Tag täglich nur Lebensmittel einräumt, dann ist das sicherlich schnell trist und eintönig. Bei Arbeiten am Fließband kann ich mir gut vorstellen, dass es irgendwann aufs Gemüt schlägt und man nur noch Antriebslos zur Arbeit geht und sich nicht gefordert fühlt.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich wäre vorsichtig damit, ganze Branchen und Berufsgruppen pauschal als depressionsinduzierend langweilig abzuwatschen! Ich habe auch einen Bürojob, den ich sehr mag und gut beherrsche, und könnte mir für mich wiederum nicht vorstellen, beispielsweise im Waldkindergarten bei Wind und Wetter anderer Leute Blagen hinterher zu brüllen und aufzupassen, dass sie nicht mehr Dreck fressen als nötig. Und wieso gelten eigentlich ausgerechnet typische Frauenjobs als ultimativ geisttötend und unterfordernd, und nicht etwa Banker, Trucker oder Fließband-Monteur?

Aber das nur nebenbei. Ich kenne zwar keinen Betroffenen persönlich, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein Job, der nicht zum eigenen Charakter passt, die Psyche auf Dauer so belasten kann, dass das übliche Level an "ich hasse mein Leben" überschritten wird und sich eine handfeste psychische Erkrankung bemerkbar macht. Schließlich verbringt man viele, viele Stunden seines Lebens an seinem Arbeitsplatz, und dann ist es eigentlich nur logisch, dass die empfundene Sinnlosigkeit und Monotonie die Psyche ebenso ankratzt wie die gebeugte Haltung das Kreuz kaputt macht.

Um welchen Job es sich dabei konkret handelt, ist in meinen Augen eher zweitrangig. Ich verstehe vollkommen, dass umtriebige, gesellige Typen meinen Aktenschubser-Job keine zwei Jahre überleben würden, aber umgekehrt wäre (nur als Beispiel!) ein Waldkindergarten für mich der direkte Weg in den Burnout. Deswegen ist ein Job nicht besser oder schlechter als der andere, es gedeiht nur eben nicht jeder Mensch unter den gleichen Umständen.

Und wenn die Umstände sehr ungünstig sind, kann es durchaus zu psychischen Krankheiten kommen, die ja heute glücklicherweise öfter erkannt, ernst genommen und behandelt werden als noch vor wenigen Jahrzehnten. Besonders belastend muss es zudem sein, wenn man praktisch vor der Wahl zwischen ungeliebtem Job und Arbeitslosigkeit steht, sodass man sich noch mehr unter Druck gesetzt fühlt.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich habe einen Bekannten, der am Fließband Montagearbeit macht und in seiner Firma ist das gar nicht so ungewöhnlich, dass die Leute früher oder später einen Knacks weg bekommen. Er hätte schon mitbekommen, dass einige Kollegen irgendwann anfangen mit den Gegenständen auf dem Fließband zu sprechen, weil die Haltung monoton ist und sie nie Kontakt zu anderen menschlichen Wesen großartig bekommen.

Nacheinander sind alle seine Kollegen in der Psychiatrie gelandet und sie bekommen auch von dem Arbeitgeber regelmäßig Kuren bezahlt, weil die Arbeit psychisch so belastend ist. Ich denke aber nicht, dass die Arbeit zu langweilig ist und man sich geistig unterfordert ist und das eben die Ursache für die psychischen Probleme ist. Ich denke, dass das viel tiefer geht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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