Prostitution in Deutschland - ist es uns egal?

vom 31.03.2015, 23:57 Uhr

Gestern habe ich mich etwas ausführlicher mit einigen Frauenrechtsorganisationen beschäftigt da ich gerne einer beitreten würde. Leider geht das nicht, denn in meiner Stadt scheint es nur Gruppen zu geben die mit veganen Mittagsbuffets und Schminkabenden für Kinder für die Gleichberechtigung gekämpft haben. Dann habe ich mir im Internet einige radikalere Gruppen angeschaut unter anderen auch ''FEMEN'', die einige von euch sicherlich kennen werden.

In einem Beitrag wurde dann auch gezeigt, wie einige aus dieser Gruppe an einer Info-Veranstaltung für Prostitution teilgenommen haben, da dieses Phänomen in Deutschland überhand nimmt. Bei der Veranstaltungen waren dann auch Frauen da die selbst betroffen gewesen waren und von ihrem Leid erzählt haben. Viele Frauen haben gesagt, dass sie mit großer Hoffnung nach Deutschland gekommen sind, denn sie dachten, dass die Menschen hier über das Leid von Prostituierten Bescheid wissen würden.

Als sie hier dann aber an irgendwelche Zuhälter verkauft worden sind und unbehelligt als Prostituierte gegen ihre Willen arbeiten mussten, haben sie gemerkt, dass es den Deutschen rein gar nichts ausmacht. Weder der männlichen noch der weiblich Bevölkerung macht das etwas aus, da regt man sich teilweise in den Entwicklungsländer mehr über solche Missstände auf.

Mich hat das schon etwas erschrocken, denn offenbar glauben Menschen im Ausland, dass Deutschland fortgeschrittener ist und es solche schlimmen Dinge bei uns nicht gibt. Ich kann mir dann vorstellen wie erschrocken diese Menschen dann darüber sind, dass es diese Missstände sehr wohl bei uns gibt und das teilweise wahrscheinlich noch in einem schlimmeren Ausland, als in den Heimatländern dieser Frauen, denn bei uns ist es offenbar allen egal.

Findet ihr es normal, dass in Deutschland viele Prostituierte zwangsweise arbeiten müssen und keiner etwas dagegen tut, weil wir Deutschen das so hinnehmen und nichts dagegen unternehmen wollen? Gehört ihr auch zu den Menschen die das angeblich so schlimm finden, die es aber dennoch nicht interessiert daran etwas zu ändern?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Es gibt ja auch viele Prostituierte, die öffentlich auftreten und vehement behaupten, dass sie sich ihre Arbeit freiwillig ausgesucht haben. Ich weiß nicht wie hoch dieser Anteil ist oder wie viel Druck auf diese Frauen ausgeübt wird, dass sie so etwas behaupten und verbreiten aber ich nehme an, dass das maßgeblich dazu beiträgt, dass man eben annimmt, dass das ganze Phänomen Prostitution freiwillig ist und niemand dazu gezwungen wird. Die Menschen wollen den Zwang dahinter einfach nicht sehen und blenden ihn aus.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@Olly173: Es gibt gar nicht so wenige Frauen, die das wirklich freiwillig machen. Dazu gibt es auch entsprechende Angebote, wo die Frauen wirklich nur die Zimmermiete bezahlen und den Rest des Verdienstes für sich haben. Nicht jede Frau, die auf diese Art und Weise ihr Geld verdient, wird dazu gezwungen.

Ich kann mich da auch an entsprechende Dokumentationen erinnern, wo die Frauen sogar ihre Papiere beim Hausbesitzer hinterlegen konnten, damit sie eben nicht durch einen vermeintlichen Freier in die Zwangsprostitution rutschen konnten. Die Papiere lagen dann dort im Tresor und konnten bei Bedarf immer abgeholt werden.

Allerdings sollte man eben auch dabei sehen, wo die Frauen herkommen. Auch dort gibt es mittlerweile Möglichkeiten sich vorher zu erkundigen. Aber wer sich dann auf solche Schlepper einlässt, die auf der einen Seite viel Geld für die Reise kassieren und die Frauen dann hier direkt an die Zuhälter liefern, der ist in meinen Augen einfach nur naiv.

Wobei man sicherlich als Frau gar nicht groß dagegen vorgehen kann. Es sind doch eher die Freier, die man da in die Verantwortung nehmen müsste. Aber solange da noch genug Nachfrage vorhanden ist, wird es auch immer das entsprechende Angebot geben. Wenn die Zuhälter mit den Frauen nichts mehr verdienen würden, hätten sie auch kein Interesse mehr daran immer wieder junge Frauen aus dem Ausland zu holen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Da ich eine Frau bin, habe ich keinen Kontakt als Kunde zu Prostituierten. Das geht vermutlich sehr vielen Frauen so. Daher kenne ich das Schicksal einiger Prostituierten nur aus den Medien. Dass darüber berichtet wird, ist auch noch nicht allzu lange, glaube ich. Bis vor nicht allzu langer Zeit wäre es ja auch rechtlich schwierig gewesen, öffentlich zuzugeben, dass man sich prostituiert, ohne Probleme mit der Justiz zu bekommen. Und ich denke, genau das ist das Problem, dass Frauen da viel zu wenig mit in Kontakt kommen, wenn sie nicht selbst in so einem Umfeld arbeiten oder wenigstens jemanden persönlich kennen, der so arbeitet.

Es ist denke ich mal, ein erster Schritt, dass auch solche Themen jetzt offen angesprochen werden können. Es gibt sicher auch einen ganz erheblichen Teil an Frauen, die sich freiwillig prostituieren und in einem vernünftigen Haus arbeiten, so wie man sich das für diese Damen auch wünscht. Schließlich sollen die ja ihre Dienste mit Menschenwürde anbieten können. Letztlich hat aber wohl, wenn man der Dokumentation glauben mag, die ich zu dem Thema gesehen habe, eben genau diese Liberalisierung in der Gesetzgebung mit sich gebracht, das es schwieriger geworden ist, Zwangsprostitution in Deutschland zu verfolgen. Da sehe ich in jedem Fall die Politik in der Pflicht, das nachzubessern. Denn ich denke mal, dass das durchaus möglich ist legal von illegal zu unterscheiden.

Abgesehen davon ist es sowieso eine schwierige Frage, wie man als Feministin überhaupt zur Frage Prostitution steht. Ganz radikale lehnen ja teils auch Prostitution und Pornografie ab. Die Argumente dafür sind sogar gar nicht unlogisch. Aber wenn man Bedenkt, dass es Prostituierte schon immer gegeben hat, egal wie illegal der Job war, fragt man sich, ob so eine Position durchsetzbar ist. So ganz gegen die Regeln der Marktwirtschaft.

Was laut der Dokumentation allen Prostituierten wohl auch schadet, sind die Dumpingpreise, die nicht zuletzt durch die Zwangsprostituierten durchgesetzt werden. Als Prostituierte wird man wohl längst nicht mehr so angemessen bezahlt, wie man das so als Frau für diese Frauen wünschen würde. Und wenn man dann auf Masse setzen muss, um sich überhaut zu finanzieren, wird der Job sicher nicht angenehmer. Also wenn man auch Kunden annehmen muss, die man bei angemessener Bezahlung vielleicht besser abgelehnt hätte. Das hinterlässt sicher auch bei vielen freiwillig arbeitenden Prostituierten die eine oder andere seelische Verletzung.

Was ich für überfällig halte: Dass man die Frauen, die in diesem Job arbeiten als Expertinnen ins Boot holt um die Situation hier so weit zu verbessern, dass eine Regelung gefunden wird, die auf jeden Fall den Dienstleisterinnen hilft und nicht nur auf dem Papier gut aussieht.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Also wir hatten bei uns in der Stadt letztes Jahr den Straßenstrich als großes Thema, worum es nach Einführung einer Sperrstunde aber ruhiger wurde. Momentan geht es aber wieder los, weil die Damen nun woanders auftauchen. Es hat damals einiges an Bürgerprotesten gegeben, die aber dann zur Folge hatten, dass sich auf einmal merkwürdige Gruppierungen auftaten, die sich tatsächlich für das Recht der Frau auf Prostitution aussprachen. Dazu gehörten unter anderem Studienrätinnen der Körnerfresserfraktion des örtlichen Gymnasiums.

Das enthält aber einen wahren Kern, wenn eine Frau sich verkaufen möchte, dann sollte sie das in der Tat auch tun dürfen. Der große Haken dabei ist aber eben die Definition von "möchte".

Sicherlich gibt es Frauen, die das wirklich möchten. Sicherlich gibt es auch genug, die sagen, dass sie es möchten, weil sie Angst hätten, zu sagen, dass sie es nicht möchten. Sicherlich gibt es auch Frauen, die es aus finanziellen Gründen möchten, weil sie keinen anderen Weg sehen.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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