Privatpatient sein Fluch und Segen zugleich?

vom 31.10.2017, 10:36 Uhr

Neulich haben wir uns im Bekanntenkreis darüber unterhalten, ob es große Unterschiede macht privat oder gesetzlich versichert zu sein. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Unterschiede doch sehr groß sind. Generell ist es so, dass der Arzt beim Privatpatienten sehr viel mehr Geld abrechnen kann. Beim gesetzlich versicherten Patienten kann der Arzt im Grunde nur einmal im Quartal einen pauschalen Beitrag abrechnen und ansonsten nur spezielle Leistungen. Bei Privatpatienten wird pro Besuch abgerechnet, was viel mehr Geld in die Kasse bringt.

Das hat zur Folge das Privatpatienten sehr viel kürzer auf ihren Termin warten müssen. Im Schnitt waren gesetzlich versicherte Patienten etwa dreimal länger auf ihren Termin, was gesundheitliche Folgen haben kann. Viele Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen gar nicht übernommen und müssen selbst getragen werden. Manche Leistungen werden beim Arzt auch gar nicht angeboten, da er nicht genug dran verdient. Auch werden Leistungen die von den Kassen bezahlt werden oftmals minimal abgeändert, damit der Patient sie selbst tragen muss und der Arzt mehr verdient.

Privatpatienten können aber auch Nachteile haben. Da der Arzt gut an ihnen verdient, werden sie häufiger zum Arzt bestellt und werden möglicherweise zu häufig oder auch überflüssigerweise behandelt. Auch das kann gesundheitliche Nachteile haben. Seit ihr privat oder gesetzlich versichert und welche Vor- und Nachteile seht ihr noch? Ist unterm Strich die Privatversicherung dennoch meist die bessere Alternative?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke es hat nur Vorteile Privatpatient zu sein. Denn so wie du aufgelistet hast, kann der Arzt mehr verdienen und der Patient bekommt eine bessere schnellere Behandlung. Das private Patienten deswegen häufiger einbestellt werden, wäre mir neu. Kenne einige die privat versichert sind und die sind auch nicht häufiger beim Arzt, als ich es bin. Denn wenn man nicht krank ist, warum sollte ich dann zum Arzt gehen?

Irgendwie muss das ganze ja auch gerechtfertigt werden und eine Indikation muss gestellt sein. Da kann sich der Arzt ja auch nicht jedes Mal irgendwas ausdenken. Außerdem denke ich das es sich durch die Masse an gesetzlich versicherten wieder ausgleicht. Denn die werden zwar einmal pro Quartal abgerechnet, sind aber eben in der Anzahl viel mehr als privat versicherte. Somit muss ein Arzt nicht zwingend nur auf private aus sein.

Und im Endeffekt sollte man ja auch immer an das Gute im Menschen glauben und davon ausgehen das ein Arzt Arzt ist um Menschen zu helfen und nicht um extra viel Geld zu verdienen. Sicherlich mag das nicht bei Allen stimmen, aber ich würde behaupten 9 von 10 Ärzten arbeiten so.

» Kobe » Beiträge: 472 » Talkpoints: 72,02 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Hat das Ganze wirklich nur Vorteile? Aber auch nur wenn man jung und gesund ist, oder etwa nicht? Meine Eltern sind Privatpatienten und was da im Monat teilweise auf Kosten auf sie zukommt, geht auf keine Kuhhaut. Privatpatient hat in meinen Augen nicht mehr wirklich viele Vorteile.

Wenn man als gesetzlich Versicherter nicht krank ist, geht man auch nicht zum Arzt. Man muss keine Vorkasse für Medikamente leisten, beziehungsweise nur kleinere Beträge zuzahlen. Man bekommt bei einigen Kassen sogar Prämien oder das Fitnessstudio übernommen, wenn man es einreicht. Wenn ich so überlege, sind Privatpatienten oftmals von vielen Leistungen sogar ausgenommen und müssen das Geld selbst vorstrecken.

Weißt du was ein Arzt pro gesetzlich Versichertem bekommt? Das ist nicht wirklich viel, sondern oftmals nur eine Pauschale. Natürlich kann er gegebenenfalls bei einem Privatpatienten etwas stärker zulangen. Ich persönlich denke schon, dass die gesetzliche Versicherung die bessere Option ist, auch was das Finanzielle angeht.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ja okay von der Seite habe ich es jetzt noch nicht betrachtet. Da hast du schon Recht. Ich selbst bin ja auch gesetzlich versichert und würde mich auch nicht für eine private Versicherung entscheiden. Vielleicht war meine Antwort diesbezüglich etwas voreilig. Aber das kann man wohl als Privatversicherter besser nachvollziehen ob es nun vorteilhaft ist oder nicht.

» Kobe » Beiträge: 472 » Talkpoints: 72,02 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Als Privatpatient nur Vorteile zu sehen, das ist fatal. Erstens sind viele Privatpatienten deutlich schlechter versichert als Kassenpatienten, weil sie den Beitrag niedrig halten wollen. Der Krankheitsfall bricht manchen dann finanziell das Genick oder die Krankheit wird verschleppt.

Dazu kommt das weit verbreitete Problem der Überbehandlung. Die kann nicht nur dem Patienten massiv schaden, sie treibt die Beiträge in die Höhe und macht die Selbstbeteiligung zur zusätzlichen Belastung. Ich habe aus eigener Erfahrung den Vergleich. Gesetzliche Krankenversicherung gegen den Rund-um-sorglos-Tarif der Debeka.

Die Medikamente meiner chronischen Erkrankungen sind unverändert, auch die echt teuren Tabletten gegen Migräne gibt es auch als Kassenpatient weiter. Termine gibt es eher schneller als langsamer, denn die muss ich nicht mehr selbst machen. Seit ich wieder Kassenpatient bin, machen die die Ärzte direkt. Oft kann ich direkt zum nächsten gehen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich bin jetzt schon seit 10 Jahren privat krankenversichert und habe da etwas andere Wahrnehmungen als cooper75. Vor allem fühle ich mich nicht deutlich schlechter versichert als die Kassenpatienten und warum eine Erkrankung mir finanziell das Genick brechen sollte, das erschließt sich mir auch nicht so recht. Auch dass gesetzlich krankenversicherte, Termine eher schneller als langsamer erhalten, das gehört wohl ins Reich der Fabeln.

Aber wie dem auch sei, ich bin damals gerade aus finanziellen Gründen in die private Krankenversicherung gewechselt, weil ich in der gesetzlichen monatlich noch mehr bezahlt hätte und man dort meine jährlichen Betriebsergebnisse vorgelegt haben wollte. Und das wollte ich ganz einfach nicht, bin gewechselt und habe diesen Schritt auch nie bereut.

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» Rosenhecke » Beiträge: 108 » Talkpoints: 39,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Rosenhecke, du bist gewechselt, weil du offensichtlich als Gutverdiener weniger bezahlst. Das ist eine ganz andere Situation, als bei manchem Selbstständigen, der sich beispielsweise so versichert: Basistarif mit Leistungen wie in der GKV, Zahntarif 50%, Facharzt nur mit Überweisung zu 100% sonst nur 80%, Selbstbeteiligung pro Jahr 3.600 Euro. Das geht regelmäßig schief.

Auch sehr gern genommen, sind günstige Anbieter, die Tarife schließen. Dann kommen keine jungen gesunden Versicherte mehr nach und der Beitrag steigt extrem an. Da landet man schnell im Standardtarif, bei dem Leistungen und Arztwahl eingeschränkt sind. Und immerhin mehr als 100.000 Versicherte sind wegen Schulden im Notlagentarif gefangen.

Es gibt ohne Frage sehr gute private Versicherungen. Aber die Leistungen sind halt nicht automatisch viel besser und die Probleme können erheblich größer werden als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Man sollte den Wechsel eben richtig planen. Das schafft aber nicht jeder.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich denke schon, dass die private Versicherung Fluch und Segen zugleich ist. Sicher bekommt man beim Arzt schneller einen Termin und wird vielleicht besser behandelt. Aber wenn man die Kosten mancher Medikamente sieht, die man ja immer erst mal selber bezahlen muss, bevor man das Geld von der Kasse zurück bekommt, dann ist das nicht so toll. Ich wäre nicht gerne privat versichert, wenn ich dann ein Präparat bräuchte, was 10.000 Euro oder noch mehr kostet.

Sicher ist das nicht die Regel, aber unmöglich ist es nicht. Da habe ich schon einige Fälle mitbekommen, die sich das gar nicht leisten konnten und dann für die Bezahlung einen Kredit aufnehmen mussten und dergleichen mehr. Das ist dann wirklich nicht schön und dann hat man beim Arzt sicher schon Bedenken, was er nun wieder für die Behandlung kassiert und auf Rezept verordnet. Darum muss ich sagen, dass ich eigentlich doch froh darüber bin, gesetzlich krankenversichert zu sein.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich bin privat versichert. Vorteile habe ich keine mehr. Als ich noch gearbeitet habe hatte ich den Vorteil, dass die PKV eben billiger war als die GKV und ich von Zeit zu Zeit mal ein bisschen was von den Erstattungen behalten durfte. Jetzt wo ich nicht mehr arbeite habe ich nur Nachteile, außer, dass ich jedes Jahr eine Beitragsrückerstattung bekomme.

An Nachteilen kann ich aufzählen:

  • Die meisten Ärzte lehnen mich als Kunden ab, da ich nicht solvent bin
  • Aufgrund der hohen Selbstbeteiligung kann ich mir einen Arztbesuch nicht mehr leisten
  • Sowohl Jobcenter als auch Sozialamt zahl(t)en immer zu geringe Beiträge an die PKV, sodass ich mich da mit ständigen Mahnungen, Kündigungen und Leistungskürzungen/Einstellungen herumärgern muss
  • Der Steuerzahler muss für meine PKV 280 Euro im Monat zahlen ohne dass ich diese nutzen kann
  • Viele Ärzte wollen mir unnötige Operationen, Behandlungen und Co. anbieten, weil sie eben geldgierig sind. Mein Vertrauen in Ärzte geht daher gegen 0. Wenn ich wirklich mal krank bin werde ich dem Arzt vermutlich gar nicht mehr glauben, dass ich nun wirklich behandelt werden muss
  • Teurere Medikamente kann ich mir nicht leisten, weil ich von meiner Grundsicherung nicht mal eben 100 Euro für Medikamente vorstrecken kann
  • Bestimmte Leistungen wie Psychotherapie oder Schwangerschaftsvorsorge übernimmt meine Versicherung nicht
  • Viele Ärzte schummeln bei der Abrechnung, sodass ich von den Ärzten ständig Drohungen und Hausverbote bekomme. Auch hier wirkt das auf mich natürlich nicht gerade vertrauensvoll
  • Ich muss die Kosten für Porto und Krankmeldungen selber tragen
Also ich kann die PKV definitiv nicht empfehlen.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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