Post-Mortem Fotografie - makaber oder bleibende Erinnerung
Schon vor vielen vielen Jahren wurden Tote zurecht gemacht und fotografiert. Gibt man "Post-Mortem Fotografie" in die Suchmaschine ein, kommen etliche Fotos von Menschen, die schlafend wirken und eigentlich auch nicht tot aussehen.
Würdet ihr so eine Post-Mortem Fotografie bei euren Verwandten und Bekannten machen wollen? Würdet ihr euch ein Foto des Toten dann auch ins Zimmer stellen? Findet ihr so etwas makaber oder findet ihr es gut, wenn man noch ein letztes Bild zu den vielen anderen Fotos zustellt? Was denkt ihr über Post-Mortem Fotografie bei Menschen aus eurem Umfeld?
Früher wurde das ja gemacht, weil man sich Fotos ansonsten nicht leisten konnte. War ein Verwandter gestorben, war das die letzte Möglichkeit und dann hat man das Geld eben mal ausgegeben.
Heute ist das aber nicht mehr notwendig und ich würde lieber zu Lebzeiten viele schöne Fotos schießen. Meine Mutter hat allerdings ein Foto ihres verstorbenen Vaters gemacht. Das liegt nun einfach in einer Kiste mit hunderten anderen Fotos von uns als Kindern und unseren Haustieren etc. Da habe ich nicht schlecht gestaunt.
Also ich würde das definitiv nicht machen. So erhält man doch kein schönes Erinnerungsbild, das man einrahmen und aufhängen kann. Ich könnte mit diesem Foto nichts anfangen und wäre jedes Mal traurig, es zu sehen. Auch bei Fotos aus Lebzeiten ist man traurig, wenn die Person bereits verstorben ist, aber das Bild erinnert doch immerhin an das Leben oder einen schönen Moment. So ist es nicht ausschließlich traurig, es anzusehen.
Die Leute im viktorianischen England waren in dieser Hinsicht wohl noch härter im Nehmen. Der Tod im Kindbett war auch in besseren Kreisen für Frauen fast noch die Norm, die Säuglingssterblichkeit hoch, und Tuberkulose, Infektionskrankheiten und Krebs haben mangels Behandlungsmöglichkeiten noch vor hundert oder hundertzwanzig Jahren fröhliche Urständ' gefeiert. Und Fotografie war, wie schon erwähnt, teuer und eine exklusive neue Technik, die es erstmals ermöglicht hat, dass auch breitere Bevölkerungsschichten Erinnerungsbilder an ihre Lieben haben konnten, was zuvor ja nur durch Portraitmalerei möglich war.
Aus diesen Gründen kann ich absolut nachvollziehen, dass so manche Mittelstands-Familie zusätzlich zu den Beerdigungskosten noch die Mittel für einen finalen Foto-Shoot aufgebracht hat, gerade wenn die Tochter oder Ehefrau früh und überraschend verstorben ist. Man hatte damals schlicht nicht die Mittel, wie heute jedes Mittagessen und jeden Ausflug bildlich oder sogar als Film festzuhalten, also musste man die letzte Gelegenheit nutzen. Auch dass die Verstorbenen oft so zurecht gemacht wurden, als lebten sie noch, kann ich verstehen. Den Anblick eines verstorbenen Familienmitglieds vergisst man sowieso nicht.
Heute ist der Markt für Post-Mortem-Fotografie verständlicherweise ziemlich zusammen gebrochen, zumindest was die reichen Länder angeht. Bei anderen Kulturen weiß ich nicht, ob sich die Sitte, Verstorbene zu fotografieren, eingebürgert hat oder nicht. Es macht nur für uns nicht mehr viel Sinn, jemanden als tote Person zu fotografieren, wenn es im Normalfall genug Fotos gibt, auf denen der oder die Verstorbene gesund und lebensfrisch in die Kamera strahlt.
In meinem Elternhaus hatten wir eine riesige Garage in der viele alte Sachen, Kisten und Truhen standen. Ich war so um die 16 Jahre alt, als ich anfing mich für alte und antike Sachen zu interessieren. Also habe ich mich durch die Sachen durchgekämpft und bin erstaunt gewesen, wie gut erhalten alles gewesen sind. Irgendwann bin ich dann an einer alten Holztruhe angekommen und die hat mich dann völlig aus der Bahn geworfen.
Ganz oben in der Truhe lagen gerahmte Bilder (nicht so wie man es von heute kennt) von Verstorbenen. Die Menschen darauf sahen tatsächlich so aus als wenn sie nur schlafen würden. Schön zurecht gemacht liegend im Bett oder auf Ohrensesseln hergerichtet. Kein Bild im offenen Sarg, was direkt auf tote Menschen hinweisen würde.
Ich wusste bis dahin nicht, dass dies auch in unserer streng katholischen Familie so gemacht wurde. Das letzte Bild war von meiner Ururgroßmutter. Damals war das wohl in vielen Kreisen so üblich. Da meine Mutter solche Bilder jedoch nicht im Haus haben wollte, diese aber auch nicht entsorgen konnte, wurden sie in der Holztruhe verstaut.
Ich fand das schon seltsam mir Bilder von verstorbenen Menschen anzuschauen und würde diese auch nicht im Haus aufbewahren. Jedoch kann ich es nachvollziehen, wenn Eltern, deren Kinder zu früh oder tot geboren oder kurz nach der Geburt verstorben sind fotografieren lassen. Manchen Eltern hilft dies bei der Verarbeitung des Geschehenen.
Da merkt man halt schon, wie mittlerweile der Tod bei uns tabuisiert worden ist. Eigentlich gehört, rein von der Logik her, der Tod ja genauso zum Leben, wie die Geburt. Und rein von der Logik her ist es genauso normal, jemanden in der ersten wie in der letzten Lebensphase zu fotografieren. Aber wenn der Tod eben so negativ besetzt ist, wie er ist, dann mischen sich da halt viele negative Emotionen herein.
Aber das ist längst nicht in jeder Kultur so. In vielen Ländern geht man viel offener und lockerer mit dem Tod um, im Gegensatz zu den Verhältnissen bei uns. Man denke da nur zum Beispiel an Mexiko, wo rund um den Tod riesige bunte Feiern zelebriert werden.
Ins Wohnzimmer stellen oder an die Wand hängen würde ich solche Fotos auch nicht wollen. So ein stilles Andenken würde ich in ein Album kleben und bei passender Gelegenheit hervorholen. Aber es kommt auch darauf an, wer gestorben ist. Wenn ich an meine Oma zum Beispiel denke, fehlt mir so ein Totenbild nicht. Da sehe ich mir gerne alte Fotos an, wo sie lebt und erinnere mich an die Zeit wo sie gelebt hat. Aber bei tot geborenen Kindern könnte ich mir schon vorstellen, dass man in so einem Fall so ein Foto haben wollen würde. Wobei sich natürlich niemand wünscht, eine Totgeburt selbst zu erleben.
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