Pflichtpraktika als überflüssig empfinden?
Ich musste schon mehrere Pflichtpraktika machen und ich muss ehrlich sagen, dass mir das beruflich überhaupt nichts gebracht hat. Ich fand es stattdessen immer lästig, sich der Schule oder der Uni beugen zu müssen um ein Pflichtpraktikum an einem Ort zu finden, der auch genehmigt wird und der einen gleichzeitig aber überhaupt nicht interessiert, weil man "spezielle" Interessen hat.
Ich habe mal in meiner alten Uni ein freiwilliges Praktikum, das überhaupt nicht angerechnet wurde, aber das war mir dann auch egal. Es hat mich einfach interessiert und dementsprechend war ich auch motiviert bei der Sache. Ich möchte einfach später Richtung Forschung gehen, sodass mir Pflichtpraktika nichts bringen, weil die in Forschungseinrichtungen nicht genehmigt werden. Stattdessen hatte ich schon eine SHK-Stelle in dieser Richtung, die mich beruflich interessiert und ich habe eine zweite SHK-Stelle in derselben Richtung in Aussicht, nur mit einem anderen Forschungsprojekt.
Daher empfinde ich Pflichtpraktika als absolut überflüssig, weil ich meine beruflichen Ziele auch ohne gut erreicht habe oder ich bin zumindest auf einem sehr guten Weg dahin. Ich finde daher, dass man Pflichtpraktika in Schulen und in der Uni abschaffen sollte. Wie seht ihr das? Empfindet ihr Pflichtpraktika als überflüssig oder hat euch das was gebracht?
In der Schule musste ich auch ein Pflichtpraktikum machen und zwar war ich da in der neunten Klasse, also im Alter von 15. Da war ich im Landratsamt, was daran lag, dass ein Verwandter von mir dort gearbeitet hat - alleine hätte ich gar nicht gewusst, wie ich an so ein Praktikum komme. Das war ganz interessant und man hat auch gewisse Vorurteile, die es gegen Landratsämter gibt, bestätigt bekommen, nämlich dass die da alles schön ruhig angehen lassen und erstmal früh in Ruhe Kaffee trinken und Zeitung lesen. Aber das fand ich nicht schlecht. Mich hat es als 15-jährige aber schon sehr erschöpft, den ganzen Tag arbeiten zu müssen, da war ich abends sehr schlapp, wenn ich heim kam.
Im Studium musste ich 4 Monate Praktikum machen und durfte davon 2 Monate an der Uni bleiben. Das habe ich auch gemacht und war bei einem Uni-Institut, für das ich Daten ausgewertet habe. Das konnte ich auch teilweise von zu Hause aus machen, hab ausgeschlafen, mich dann an die Auswertung gemacht, das an die Uni geschickt und das hat mir viel Freude gemacht.
Die anderen 2 Monate Praktikum habe ich dann bei einem Unternehmen absolviert, worüber ich auch durch einen Verwandten kam. Ich hatte erst ein ganz gutes Gefühl, mir haben auch die Kunden dort eine gute Rückmeldung gegeben, dass es schön war mit mir zusammenzuarbeiten und dass sie hoffen, dass ich da anfange, aber meine Vorgesetzten haben mich beim Abschlussgespräch richtig fertiggemacht und sagten mir, dass ich total ungeeignet gewesen sei und überhaupt nicht professionell gewirkt hätte.
Das hatte mich schon ziemlich heruntergezogen, weil ich dann auch ein nicht so tolles Praktikumszeugnis bekommen hatte, was ich für spätere Bewerbungen nicht verwenden konnte. Und blöderweise konnte ich mich dann nach dem Gespräch auch nicht mehr zusammenreißen und stand dann heulend vor dem Gebäude, weil ich auf jemanden gewartet hab, der mich abholt und heim fährt und das hatten dann einige der Kunden gesehen und mich angesprochen. Das war total peinlich. Und durch diese fiese Rückmeldung hatte ich danach eine Weile lang richtig eine sozialphobische Neigung und Angst vor anderen. Das hätte man mir ruhig ersparen können.
Im ersten Studium hatte ich 6 verschiedene Praktika mit insgesamt deutlich über 1.000 Stunden. Die waren eigentlich alle wichtig. Ohne diese Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln, könnte man in dem Job nach dem Studium gar nicht arbeiten. So hat man wenigstens eine Basis.
Im zweiten Studium waren Praktika nicht vorgesehen. Da haben mir freiwillige Arbeiten weiter geholfen. Das brachte erste Erfahrungen und die nötigen Kontakte, um hinterher einen Job zu bekommen. Pflichtveranstaltungen hätten da aber wenig gebracht.
Ich empfinde Pflichtpraktika absolut nicht als überflüssig und wünschte, wir hätten welche im Studium. Dadurch, dass seit 2015 der Mindestlohn auch für Praktikanten gilt, wovon nur Pflichtpraktikanten befreit sind, bekomme ich nämlich keinen Praktikumsplatz. Dabei würde ich gerne eines machen und mir dafür ein Urlaubssemester nehmen.
Aber mich nimmt kein Unternehmen, da man mir dadurch ca. 1200 Euro im Monat zahlen müsste, obwohl für die Praktika (zumindest in "meiner" Branche) nur 400 - 600 Euro im Monat vorgesehen sind als Vergütung. Wenn es andere Kandidaten gibt, die man für ein Drittel meiner Bezahlung arbeiten lassen kann, kann ich mir einen Praktikumsplatz natürlich abschminken.
Auch finde ich es seltsam, dass du deine Praktika als langweilig und nervig empfunden hast. Ich weiß natürlich nicht was du studierst, aber ich denke, dass das einen auch irgendwie interessieren sollte und so ein Praktikum ja sicher etwas mit deinem Studium zu tun hat.
Cappuccino hat geschrieben:Ich empfinde Pflichtpraktika absolut nicht als überflüssig und wünschte, wir hätten welche im Studium. Dadurch, dass seit 2015 der Mindestlohn auch für Praktikanten gilt, wovon nur Pflichtpraktikanten befreit sind, bekomme ich nämlich keinen Praktikumsplatz.
Bei mir ist es eher andersrum. Ich suche seit 13 Monaten einen Platz für mein Pflichtpraktikum und bekomme nur Absagen, obwohl ich gerne betone, dass es ein Pflichtpraktikum. Da wo es mich wirklich interessiert, werden keine Praktikanten genommen, aus welchem Grund auch immer, oder aber ich habe das Problem, dass es eben nicht anerkannt wird weil es die Regeln der Uni nicht erfüllt. Daher finde ich Praktika sinnlos, wenn man eh nur irgendwo herumsitzen muss, wo man sich zu Tode langweilt. Wir können gerne tauschen, wenn du willst.
Ich kann nicht behaupten, dass ich Pflichtpraktika als überflüssig empfinden würde. Ich hatte bisher nur Pflichtpraktika und würde schon sagen, dass sie mich weitergebracht haben, auch wenn das Praktikum in der weiterführenden Schule dazu geführt hat, dass ich mich entschlossen habe, diesen Job nicht machen zu wollen. Aber auch das kann wichtig sein, bevor man eine Ausbildung in einem falschen Job startet.
In meiner schulischen Ausbildung hatte ich dann einige weitere Pflichtpraktika und ich muss sagen, dass sie schon manchmal lästig waren, weil man auch die Zeit der Ferien dafür nutzen musste. Aber trotzdem hatten sie ihren Sinn und ich würde sie als wichtig ansehen, da man schon während der schulischen Ausbildung einen Einblick bekommen hat, wie die Arbeit dann im Betrieb später aussehen wird.
Ich finde Pflichtpraktika überhaupt nicht überflüssig, sondern sogar wirklich sehr gut. Immerhin ist man ja so eben dazu gezwungen, sich berufliche Erfahrung anzueignen, was man sonst vielleicht nicht machen würde, wenn es eben nicht verpflichtend wäre. So kommt man dann aber während dem Studium oder auch während der Schulzeit dazu, sich mit dem Berufsleben ernsthaft auseinanderzusetzen und ein Praktikum in dem Bereich zu machen, in dem man vielleicht später auch arbeiten möchte. So sieht man, ob es das Richtige für einen ist oder ob man nicht doch besser in einen anderen Bereich gehen möchte.
Praktika kommen ja generell immer gut im Lebenslauf an, egal ob es sich nun um freiwillige oder um Pflichtpraktika handelt. So etwas wird einfach gerne gesehen und von daher finde ich es auch wichtig, praktische Erfahrungen zu sammeln, vor allem während dem Studium. Würde es nicht verpflichtend sein, ein Praktikum zu machen, könnten sich viele dazu wohl nicht aufraffen. So hat man die Erfahrung dann aber auf jeden Fall in seinem Lebenslauf.
Ich musste während meines Bachelorstudiums schon ein verpflichtendes Praktikum machen, wobei das dann im Master nicht anders sein wird. Das finde ich ziemlich gut. Ich freue mich auch darauf, mein Praktikum dann im Ausland zu machen und nicht nur praktische, sondern gleichzeitig auch Auslandserfahrung sammeln zu können. So kann ich mir dann auch genauer darüber klar werden, was ich dann genau beruflich machen möchte.
Das einzig blöde ist natürlich an Praktika, dass man eben selbst entscheiden muss, wann man sie macht. Wenn die Praktika nicht im Rahmen eines Praxissmesters vorgesehen sind, muss man sie eben irgendwo in die Ferien rein drücken, die dafür natürlich drauf gehen. Oder man studiert ein Semester länger. Beides finde ich nicht wirklich toll, aber ich nehme es für die Erfahrung in Kauf, die ich sammeln werde, zumal mir ja ohnehin nichts anderes übrig bleibt.
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