Peinlich, als Bedürftiger öffentlich gemacht zu werden?

In einer fragwürdigen Sendung im Nachmittagsprogramm, wurde von einer Mutter erzählt, die alleinerziehend mit 3 Kindern sein sollte. Sie hatte finanzielle Schwierigkeiten und musste deswegen Pfandflaschen sammeln gehen. Sie hat dann in einem Mülleimer 10.000 Euro gefunden und diese bei der Polizei abgegeben. Ihre Tochter meinte es wohl gut und hat diese Story einer Zeitung erzählt, die dies auch gedruckt hat.

Die Mutter bekam dann im Supermarkt sogar von einem Fremden ihren Einkauf bezahlt, da dieser meinte, dass sie ja selbst mittellos sei und trotzdem eine ehrliche Finderin wäre, die das Geld bei der Polizei abgegeben hätte. Auch Nachbarn brachten Lebensmittel vorbei und sie erhielt sogar anonyme Geldspenden, die in den Briefkasten geworfen wurden.

Allerdings war es der Mutter wirklich unangenehm und sie hatte doch Probleme damit, die Hilfe der fremden Menschen anzunehmen und hat sich offensichtlich schon sehr geschämt, dass ihre Tochter es zwar gut meinte, aber dies eben öffentlich gemacht hatte. Ich kann schon nachvollziehen, dass man solche Dinge lieber nicht öffentlich machen möchte und auch als eigener Kraft da wieder herauskommen möchte. Ich denke, dass ich mich auch sehr schämen würde, wenn über mich so etwas in der Zeitung stehen würde.

Könnt ihr verstehen, dass man es als Bedürftiger peinlich empfindet, wenn dies in die Öffentlichkeit gerät? Meint ihr, dass man auch im wahren Leben dann Hilfe von anderen erfährt und wirklich Geld geschenkt bekommt und ähnliches? Wäre es euch auch peinlich, wenn so etwas über euch öffentlich gemacht würde?

Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie die Frau sich fühlen muss. Ich musste auch mal H4 beantragen und man kennt schon das Gefühl im Wartezimmer. Das ist so ekelhaft, dass einem die Scham kaum zu beschreiben ist. Vor allem hat man gesehen, wenn vor dem Job Center ein Autostau ist, wie die Leute einen angesehen haben, wenn man da raus kam und das sitzt schon tief. H4 ist die letzte Rettung vor dem endgültigen Abstieg vieler Menschen und dann kommt das H4-Mobbing tagein und tagaus dazu.

Bedürftige Menschen haben eben auch eine gewisse Scham. Sie wissen auch, dass man immer denkt, die ist nur faul oder zu dumm. Oder nach dem Motto, Geld geschenkt kriegen und nichts tun - haben wir ja wieder gerne. All solche Dinge sind sicherlich dafür verantwortlich, dass die soziale Isolierung bei so vielen Bedürftigen zu erkennen ist. Ich rede wirklich von vielen, weil das wirklich der Alltag von Job-Center Betroffenen ist.

Wer nur aus der Not reinrutschte, der hat oftmals am Ende, je nach Länge der Arbeitslosigkeit, den traurigen Alltagstrott und auch psychologische Nachteile. Das kommt leider nicht selten vor und ist schon kein Geheimnis mehr. Deswegen kann ich ihre Scham auch verstehen, sie hat sicherlich genau vor solchen Reaktionen Angst und das jetzt eben jeder weiß, dass sie bedürftig ist. Was ist, wenn man ihr das dann persönlich jetzt vorwerfen kann, wenn der Hype um ihre Ehrlichkeit vorbei ist?

Solchen Sendungen kann ich nichts abgewinnen. Es ist einfach nur überspitzt dargestellt und völlig fern der Realität. Abgesehen davon kann ich es schon verstehen, dass man es nicht möchte mit der Bedürftigkeit so an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn man selber kämpft und sonst auch keine Hilfe annimmt. Das ist dann sicherlich unangenehm, wenn jeder über die eigene finanzielle Situation Bescheid weiß.

Generell würde man doch nicht sagen, was man verdient, also ist es auch für normal verdienende Menschen nicht angenehm darüber zu reden und man darf es ja auch nicht. Wobei es dann für Bedürftige noch schlimmer sein muss. Nicht jeder kann auch mit dem Mitleid, was man dann bekommt, gut umgehen.