Okay Corona-Gästelisten für Strafverfolgung zu verwenden?
Gaststätten sind ja verpflichtet die persönlichen Daten ihrer Restaurantbesucher aufzunehmen, damit das Gesundheitsamt im möglichen Falle die Infektionskette nachvollziehen könnte. Nun wurde bekannt, dass es Vorfälle in mehreren Bundesländern gab, bei denen die Polizei die Gästedaten auch zur Strafverfolgung nutzten. Dies sorgte für Diskussionen.
Unter anderem hat die Polizei in Bayern die Daten von Gästelisten aus der Gastronomie auch zur Verfolgung kleinerer Delikte genutzt. Dies wurde so vom Innenministerium bestätigt. Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet.
In wohl 24 Fällen griff die Polizei auf Gästelisten zurück, die Besucher in Restaurants oder Biergärten ausgefüllt haben. Es ging dabei unter anderem um Betrug, Diebstahl und Beleidigung. Ein Großteil der Abfragen beziehen sich aber auch auf gravierendere Fälle wie Mord und Totschlag, gefährliche Körperverletzung oder Bedrohung und auch die Vermisstensuche.
Laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sei das Vorgehen so in Ordnung, da die Gästelisten im Einzelfall wichtige Ermittlungsansätze liefern würden. Gerade Kriminalverbrechen müssten außerdem sorgfältig ermittelt werden, damit der Täter seine entsprechende Strafe bekäme.
Ähnliche Diskussionen gab es auch schon einmal bei der Frage, ob LKW-Maut-Daten zur Strafverfolgung genutzt werden dürfen. Findet ihr es okay, wenn diese gesetzlich angeordnete Datenerfassung nicht nur sachbezogen sondern auch anderweitig, sprich zur Strafverfolgung, verwendet werden können? Sollte man hier zwischen kleinen und großen Delikten unterscheiden?
Ich bin da sehr zwiegespalten und kann mir gar nicht so recht eine einheitliche Meinung dazu bilden. Für mich steht hier das Recht auf Datenschutz gegen das Recht auf Schutz. Ich finde die Idee an sich nicht schlecht, aber sehe hier auch einfach die Gefahr, dass die eigenen Daten nicht sicher sind und letztendlich dann auch falsche Angaben gemacht werden, weil man ja weiß, dass diese Daten gegen einen genutzt werden. Letztendlich möchte man ja auch nicht nur vor Straftätern beschützt werden, sondern auch davor, dass der Virus sich weiter verteilt und da ist es schon sinnvoll, wenn die Leute Bescheid wissen und nicht einen falschen Namen angegeben haben.
Auf der anderen Seite ist es natürlich eine ganz einfache Sache damit jemanden zu finden, der scheinbar verschwunden ist. Da kurz nachzusehen, ob es wirklich die Person war kann schon sinnvoll sein, damit man eine vermisste Person weniger hat und vor allem kann man so auch Mörder und Täter von Straftaten finden. Solche Leute will man ja auch nicht um sich herum haben. Wie gesagt eine Meinung kann und muss ich mir ja auch gar nicht, bilden.
Nach meinem Verständnis von Datenschutz darf die Polizei nur dann Zugriff auf diese Daten haben, wenn es ein Staatsanwalt anordnet und es sich zudem um ein sehr, sehr schweres Verbrechen handelt.
Meiner Meinung nach sollte man auch nicht die Adresse und Identität angeben müssen, sondern eine E-Mail-Adresse und vielleicht noch eine Telefonnummer, unter der man erreichbar ist. In meinen Augen ist die Adresse und der Name schon zu viel an Information, die da bei einem einfachen Restaurantbesuch preisgegeben werden muss.
Außerdem sind die Daten ja gar nicht für die Polizei gedacht, sondern für das Gesundheitsamt. Ich bin der Meinung, dass die Polizei das gar nichts angeht.
Sehen wir die Sache doch mal aus Sicht eines Gastwirtes. Was wäre mir da lieber? Die Verwertung der Daten von den Gästelisten, wenn damit kein großes Aufsehen bei einer Strafverfolgung im der Gaststätte wäre oder, je nach Tatbestand, ein großes Polizeiaufgebot vor Ort? Ich denke, da ist jedem die Verwertung der Daten lieber.
Ansonsten sehe ich allgemein den Schutz der Bevölkerung vor Verbrechern höher angesiedelt, als den Schutz der Daten. Denn egal welcher Tatbestand verfolgt wird, geht es auf Kosten der Bevölkerung, wenn die Täter nicht gefasst werden.
Ich habe noch immer nicht genau verstanden wie genau diese Daten von Nutzen sein können. Ich kann mir eigentlich nur den Fall vorstellen, dass man ein Alibi überprüfen möchte und so dann schaut ob die Person zur besagten Zeit im besagten Restaurant war. Aber da hätte man doch eigentlich nichts dagegen weil es viel zuverlässiger ist als darauf zu hoffen, dass sich irgendjemand im Restaurant erinnert.
Aber wie auch immer, die Verwendung dieser Daten ist genauso "okay" wie die Verwendung von anderen persönlichen Daten. Wenn es einen triftigen Grund gibt wird die Verwendung genehmigt. Nur wenn es in dem Fahl an der Genehmigung (Staatsanwaltschaft, glaube ich) vorbei Zugriffe geben würde, würde ich das kritisch sehen, es sei denn es ist Gefahr im Verzug.
Aus der Perspektive des Datenschutzes ist es eigentlich nicht in Ordnung die persönlichen Daten für die Strafverfolgung zu verwenden. Jedermann hat ein Recht auf Privatsphäre und wenn es keine berechtigten Interessen oder eine Einwilligung gibt, darf deine Information auch nicht weitergegeben werden. Außerdem hat man nur zugestimmt, dass seine Daten aufgrund Corona verwendet werden und nicht, dass sie auch verwendet werden, um diese dann an die Polizei weiterzugeben.
Aus meiner Sicht ist es also auf jeden Fall nicht in Ordnung und auch nicht nachvollziehbar. Man kann das aber trotzdem nicht alles pauschalisieren, denn wenn es sich jedoch um vermisste Leute handelt, würde mich wahrscheinlich jeder zustimmten, dass man alles tun sollte, um diese auch zu finden, auch wenn man gegen den Datenschutz verstößt und die Corona-Gästelisten verwendet.
Ich sage es mal im Augenblick so, wer zur Corona-Zeit in einem Restaurant seine Daten abgibt, der sollte sich nicht beschweren, dass diese möglicherweise auch „zweckentfremdet“ von behördlicher Stelle genutzt werden. Sei es, um Straftaten nach Alibis abzusuchen oder für Gesundheitsämter zur Nachverfolgung etc. Das dürfte doch jedem im Augenblick klar sein.
Natürlich sollte es nicht eine Art „System“ werden, dass man einfach mal auf Daten zurückgreift, die irgendwo hinterlegt werden mussten, weil es das Infektionsschutzgesetz so vorsieht. Damit würde man ja all jenen in die Karten spielen, die ohnehin glauben, wir werden jetzt überwacht. Doch ansonsten steht es Gesundheitsämtern und entsprechenden Behörden aufgrund der aktuellen Lage natürlich frei, dies im Zwecke von Corona zu nutzen.
Sollte derweil aber eine bestimmte Person auch bezichtigt werden, eine Straftat begangen zu haben, lässt sich so ein Alibi sehr leicht nachvollziehen, wenn natürlich auch die Person selbst dort unterzeichnet hat. Andererseits lässt sich eben auch ein Verdacht erhärten, was für mich in Ordnung geht.
Allerdings sollte sich das auch wirklich bei Verdachtsmomenten nur zum Vorschein tragen und nicht nach dem Motto:“ach wir haben jetzt Daten, gucken wir mal“ laufen. Ansonsten weiß man im Augenblick wirklich am besten, dass man seine Daten hier und dort abgeben muss, und wer Sorge hat, dass diese zweckentfremdet werden, der muss sich fragen, ob der Besuch eines Restaurants sinnvoll ist.
Kätzchen14 hat geschrieben:Ansonsten weiß man im Augenblick wirklich am besten, dass man seine Daten hier und dort abgeben muss, und wer Sorge hat, dass diese zweckentfremdet werden, der muss sich fragen, ob der Besuch eines Restaurants sinnvoll ist.
Wobei ich sagen muss, dass ich eben aus diesen Gründen derzeit viel seltener irgendwo essen gehe als früher, weil ich nicht ständig irgendwo meine Daten abgeben will. Dann hole ich mir ggf. das Essen lieber als Takeaway und esse es zuhause ohne Registrierungspflicht. In letzter Zeit bin ich ein paar Mal in Sachsen gewesen und habe es schon angenehm gefunden, dass man sich dort nicht registrieren lassen muss (derzeit besteht in Sachsen und Sachsen-Anhalt keine Registrierungspflicht).
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