Ohne Ersparnisse auswandern überhaupt realisierbar?
Wenn man den Realitysendungen glauben darf, dann träumen viele vom Auswandern und einige wagen es auch. Aber kann man auswandern ohne dass man auch nur einen Cent gespart hat oder kann man das dann von Beginn an einfach vergessen? Ist es realisierbar, dass man ohne einen Cent Erspartes auswandert und in einem fernen Land neu anfängt?
Denkt ihr, dass man schon irgendwie überleben wird oder sollte man schon so viel Geld gespart haben, dass man ein paar Monate in dem neuen Land auch ohne Arbeit überleben kann?
Man kann doch auch auswandern, weil man in einem anderen Land einen Job angenommen hat. Dann muss man keine Zeit mehr überbrücken, in der kein neues Geld reinkommt. Ich habe mal so einen Bericht über eine deutsche Familie gesehen, die nach Norwegen ausgewandert ist, weil der Mann dort einen Job angeboten bekam. Da hat die Firma alles übernommen, weil sie unbedingt diesen Facharbeiter brauchten.
Dennoch braucht es auch ein wenig Geld, um in Deutschland alle Brücken abzureißen, ins Zielland zu gelangen und dort eine neue Wohnung zu beziehen. So ganz ohne Ersparnisse stelle ich mir das schon schwer vor. Vor allem, wenn man Möbel mitnehmen will. Wenn ich im Winter nach Norwegen ziehen müsste, würde ich auch erst mal sehr viele neue warme Klamotten brauchen.
Wenn man seine Erwartungen nicht so hoch schraubt und beispielsweise auch auf Matratzen schlafen kann, in warmen Ländern vielleicht sogar auf der Straße oder am Strand. Dann braucht man natürlich weniger Geld. Man packt nur einen großen Rucksack. In einigen Ländern kann man gut als Saisonarbeiter arbeiten und bekommt dann auch eine billige Unterkunft, beispielsweise in Australien. Da stelle ich es mir auch nicht so schwierig vor, Leute kennenzulernen, bei denen man auf der Couch schlafen kann.
In armen Ländern ist das, glaube ich, am schwersten. Wenn die meisten Menschen jeden Tag schauen müssen, wie sie ihre Familie ernähren, teilt man das Wenige bestimmt nicht gerne mit einem Europäer, der alles hatte, bevor er meinte, er müsste in ein armes Land auswandern. Und Jobs werden da auch für ein Hungerlohn von den Einheimischen ausgeführt. Das kann man doch echt nicht bringen, denen einen Job wegzunehmen.
Also ich denke, es gibt viele verschiedene Arten auszuwandern. Mindestens so viele, wie es Länder gibt. Alles wird bestimmt vom Klima, den Arbeitsbedingungen vor Ort, den eigenen Ansprüchen. Und je nach Art und Weise braucht man mal mehr mal weniger Geld. Mit etwas Glück kann man komplett ohne Geld auswandern, aber da muss man schon sehr abenteuerlich drauf sein. Für mich wäre es nichts.
Für mich wäre es finanziell gesehen das Gleiche, als wenn ich innerhalb Deutschlands in einer anderen Gegend neu anfangen würde. Auch da brauche ich etwas Startkapital, um den Umzug stemmen zu können. Oder ich müsste einen kleinen Kredit aufnehmen. Aber auch das wäre im Ausland das Gleiche.
Ich habe die von dir angesprochenen Realitysendungen nur mal beim Durchzappen gesehen, kann darüber also kein richtiges Urteil fällen. Aber da sah das alles sehr idealistisch und träumerisch aus. So ins Blaue hinein, ohne einen Job zu haben, würde ich niemals auswandern.
Ob man dann trotzdem überleben kann, hängt wohl auch immer von den Umständen und dem Land ab und was man bereit ist, in Kauf zu nehmen. In manchen Gegenden ist es vielleicht leicht, ständig neue Aushilfsjobs zu finden. Wenn man das mag und keine besonderen Ansprüche an irgendwelche Luxusgüter hat – warum nicht?
Ich glaube, bei den meisten Menschen, die ohne Job oder andere Sicherheiten auswandern, weil sie sich in Ländern mit Palmen und Meer das Leben einfach nur idyllisch und leicht vorstellen, wird recht schnell das böse Erwachen kommen.
Ob man Ersparnisse benötigt oder nicht, das hängt doch ganz von der jeweiligen Situation ab. Wir waren bisher für mehrere Jahre in anderen Ländern und haben jedesmal sämtliche Brücken nach Deutschland abgebrochen. Die Möbel kamen ebenso entweder mit oder weg wie die Autos. Eine Wohnung hier wurde nie behalten.
Wir hatten das Glück, dass es jeweils der Arbeitgeber war, der sich den Umzug wünschte. Daher mussten wir nie auf unser eigenes Kapital zurückgreifen. Wir kamen an und hatten bereits ein passendes Haus, Kosten für die Schule, für Zusatzversicherungen, etc. wurden ebenso übernommen wie die Reisekosten. Auch der Transport der Hunde und der Pferde war nie ein Problem. Ich habe das nur organisiert, die Kosten konnte ich außer Acht lassen.
Einer guten Freundin geht es ebenso. Sie ist aktuell wegen der Army wieder hier im Land. Selbst das Auto und die Haustiere transportierte Uncle Sam. Dazu gibt es hohe Zuschüsse für das Wohnen außerhalb des Stützpunkts und viele weitere Vergünstigungen. Denen geht es finanziell hier besser als im Heimatland.
Wer sich natürlich erst Arbeit suchen muss oder dort eine selbstständige Tätigkeit beginnen möchte, der benötigt ein ausreichend großes, finanzielles Polster. Alles anderes kann nur mit viel Glück klappen und eben auch dramatisch in die Hose gehen.
Wer kennt schon die Zufälle die das Leben so spielt? Ich würde zwar niemals auf die Idee kommen ohne finanzielle Rücklagen und umfangreichste Vorbereitungen auszuwandern, aber für andere scheint das augenscheinlich alles nicht so wichtig zu sein. Wobei ich aber vermute dass die einschlägigen Fernsehsendungen über dieses Thema lieber von Leuten berichten die das so handhaben, alles andere wäre ja mehr oder weniger langweilig. So ist eben das Scheitern meistens vorprogrammiert, aber es gibt auch Leute die es zur Überraschung aller doch schaffen.
Manchmal reicht ja eine gute Geschäftsidee, das ist ja auch ein gewisses Kapital. Oder man ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort und lernt Leute kennen die einem weiterhelfen. Denkbar wäre auch ein Beruf in dem man richtig gut ist und der in diesem Land auch sehr gefragt ist, da hat man einfach einen hohen Marktwert und man kann sich entsprechend gut verkaufen.
Trotzdem geht das eigentlich gar nicht dass man wirklich ohne jeden Pfennig auswandert, etwas finanziellen Rückhalt muss einfach jeder haben. Gute Freunde helfen sicherlich erst einmal mit einer Unterkunft und mit Nahrungsmitteln aus, aber bei Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Ich muss aber auch meine Krankenversicherung bezahlen und mein Handy um erreichbar zu sein, die Behörden wollen Geld für ihre Dienstleistungen, ich benutze vielleicht öffentliche Verkehrsmittel und so weiter. Wer überhaupt keine Freunde dort hat der wird auch keine Wohnung bekommen wenn er nicht die Miete im Voraus bezahlt und das erste Gehalt gibt es garantiert nicht schon als Vorschuss.
Trotzdem staune ich immer wie blauäugig manche diese Sache angehen, immerhin „planen“ sie ja zukünftig ihren Lebensmittelpunkt in einem anderen Land zu haben. Ich weiß noch von einer Familie in Spanien die sich davon ernähren wollte in dem sie am Strand Muscheln sammelt, die zu primitiven Bildern verarbeitet und dann für 20 Euro das Stück verkaufen wollte wo schon alleine die Materialkosten 15 Euro betrugen. Da kann ich angesichts dieser mathematischen Glanzleistung nur den Kopf schütteln.
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