Obdachlose vor Spende Test unterziehen?
Wir kamen neulich im Bekanntenkreis auf das Thema Obdachlosigkeit zu sprechen, wobei eine Bekannte von mir eine ganz bestimmte Taktik hat. Sie meint, dass sie Obdachlose gerne "testet" und von diesem Test eben abhängig macht, ob sie etwas spendet oder nicht. So fragt sie einen Obdachlosen immer, ob er etwas zu Essen haben möchte und wenn man sich ihr gegenüber unfreundlich verhält, bekommt die Person nichts. Wenn man freundlich bleibt, gibt sie dann auch gerne etwas Geld.
Ich bin nie auf die Idee gekommen, einen Obdachlosen zu "testen" und von diesem Test eben abhängig zu machen, ob ich etwas spende oder nicht. Ich spende grundsätzlich nichts an Obdachlose, weil man eben nie weiß, ob alles wahr ist, was die da erzählen oder ob irgendwelche Banden dahinterstecken. Wie handhabt ihr das? Ist es sinnvoll, Obdachlose zu testen bevor man spendet? Oder findet ihr derartige Tests dämlich und bescheuert? Kann man auf diese Weise wirklich die Spreu vom Weizen trennen oder ist das utopisch gedacht?
Ob dieser Test so viel bringt weiß ich nicht, allein von der Freundlichkeit würde ich eine Spende nicht abhängig machen. Geld spende ich wirklich selten, wenn aber direkt nach Essen gefragt wird, biete ich gerne an jemandem etwas vom nächsten Bäcker zu kaufen oder etwas zu geben, dass ich dabei habe und das noch frisch ist. Kommt dann aber als Reaktion, dass man lieber Bargeld hätte, spende ich nichts, denn dann muss man ja davon ausgehen, dass nicht wirklich aus Hunger gebettelt wird, wenn die kostenlose Mahlzeit abgelehnt wird.
So ein Test kann schon Sinn machen. Sind wir aber mal ehrlich, wenn man jemanden ein paar Cent in die Hand drückt ist das nichts, was einen wirklich stört, wenn man selber Geld verdient. Wenn einer also wirklich einen hilfsbedürftigen Eindruck macht, dann würde ich ihm das auch so geben. Ich verlasse mich da auf mein Bauchgefühl, aber unfreundlichen Menschen würde ich auch nichts geben.
Man sollte jedem Menschen seine Würde bewahren. Einen obdachlosen Menschen testen zu wollen, ist würdelos. Entweder man hat ein großes Herz und gibt gerne einen kleinen Beitrag ab oder man lässt es ganz bleiben. Einen Menschen vorzuführen gehört sich einfach nicht. Und würde man es denn selbst nüchtern auf der Straße aushalten? Nicht wenige Obdachlose hat sicher erst der Alkoholismus obdachlos gemacht. Wenn sie nun mal ihren flüssigen Freund brauchen, dann ist das eben so. Ich bin diesbezüglich absolut tolerant. Ich gebe aus Menschenliebe und teile Menschen nicht in Kategorien ein. Es gibt osteuropäische Banden, die das Betteln organisiert betreiben.
Die Bettler werden abkassiert und von ihren Bossen entmündigt und tyrannisiert. Vielen wurde hier eine Arbeit versprochen, auf dieses Versprechen fielen sie herein und leben nun im Elend am Rande der Kriminalität. Aber diese Menschen kann man erkennen und denen würde ich auch nichts geben, wenn ich mir denken kann, dass sie früher oder später von Handlangern der Bosse abkassiert werden. Aber einem sichtlich armen Menschen, der für das nächste Bier oder einen Döner bettelt, würde ich eine kleine Spende zukommen lassen. Ich masse mir doch nicht an zu entscheiden, wofür er das geschenkte Geldstück einsetzen darf. Das geht mich doch überhaupt nichts an.
Ich muss sagen, dass ich so einen Test auch nicht wirklich gut finde. Sicher kann man so vielleicht erkennen, wer freundlich bleibt und wer nicht und wer von dem Geld vielleicht auch Alkohol kaufen möchte und nichts zu essen. Aber ich muss sagen, dass ich so einen Test nicht machen würde, weil ich das auch nicht richtig finde.
Ich bin deswegen vorsichtig mit Spenden, weil ich immer befürchte, an Bettler zu geraten, die das Geld dann sowieso abgeben müssen und solchen Menschen möchte ich nichts geben, weil ich das auf keinen Fall unterstützen möchte. Aber wenn man es erkennt, dass jemand hilfsbedürftig ist, dann würde ich auch einfach so spenden ohne einen Test.
Dann denke ich auch, dass es leichter ist, wenn man gar nichts gibt, weil man sich dann ja auch die Mühe nicht machen muss, diese Menschen dem eigens ausgedachten Test zu unterziehen. Die Zeit kann man sich dann meiner Meinung nach auch sparen und deswegen würde ich so einen Test sicher auch nicht machen, wenn ich in der Stadt unterwegs bin.
Ich finde diese Herangehensweise schon reichlich arrogant und von oben herab. Die Leute würden bestimmt auch gerne auf das herablassend zugesteckte Kleingeld verzichten, wenn sie eine Alternative hätten. Und selbst wenn sich die entsprechenden Gestalten wirklich nichts Schöneres und Erfüllenderes vorstellen können, als Passanten ihren Pappbecher hinzuhalten, gibt es den vom Glück eher Begünstigten noch lange nicht das Recht, sie einem "Charaktertest" zu unterwerfen.
Einen Handwerker frage ich ja auch nicht, ob er oder sie das Geld für die Heizungsreparatur für Koks, Nutten, Alimente oder Helene-Fischer-Tickets ausgibt, und da sind schon größere Summen im Spiel als bei den paar Euro maximal, die einem Obdachlosen im Schnitt zufallen. Wieso glauben die Leute eigentlich, dass das bisschen Kleingeld wirklich einen Unterschied macht bzw. ihnen das Recht gibt, einen Mitmenschen, der ihnen nichts getan hat, moralisch zu verurteilen?
Wenn ich jemandem etwas schenke, kann die Person damit machen, was sie will. Wenn sie mir das Geschenk nachschmeißt, gibt es eben das nächste Mal nichts mehr. Aber daran Forderungen zu knüpfen, gerade wenn es sich um absolut erbärmliche Almosen handelt, finde ich widerlich.
Ich finde es immer interessant wenn jeder gleich mit den gewerbsmäßig bettelnden Banden ankommt um sich zu rechtfertigen, wo doch die Zahl dieser Banden sehr gering ist im Vergleich zu den wirklich Obdachlosen. Außerdem erkennt man diese Leute doch oft schon von Weitem. Kleiner Tipp - es ist die osteuropäische Frau mit dem Kind, nicht der Punk mit dem Hund.
Ich finde so ein Verhalten schon irgendwie arrogant und die Tatsache, dass man das dann auch noch groß rum erzählt und mit seinem "Test" prahlt setzt dem ganzen die Krone auf. Wenn man so auf Obdachlose herab schaut und der Meinung ist, dass sie sich erst würdig erweisen müssen um ein paar Cent Wechselgeld zu empfangen wäre es besser, wenn man diese Menschen einfach ignoriert.
Und ja, es gibt tatsächlich Obdachlose, die nicht aus Hunger betteln. Duschen, Wäsche waschen und solche Sachen ist nicht immer kostenlos und ich habe mich mal mit einer Frau unterhalten die meinte, dass es ihr viel wichtiger ist, dass es ihrem Hund gut geht. Sie kann mal auf Essen oder einen Arztbesuch verzichten, aber der Hund nicht.
Früher habe ich Bettlern immer etwas gegeben, heute gebe ich gar nichts mehr. Bei und gibt es fast nur noch bandenmäßige Bettlerei. Mir tun die Leute auf der Straße zwar Leid, aber ich möchte die Hintermänner nicht unterstützen, an die alles wieder abgegeben werden muss.
Einen Test finde ich menschenverachtend, muss aber zugeben, dass ich auch mal auf eine ähnliche Idee gekommen bin. Ich hatte mir überlegt, den oft aufdringlichen Bettlern an meiner S-Bahn-Station einen Zettel mit Adressen von Hilfsorganisationen in die Hand zu drücken, denn solche gibt es hier sogar ganz in der Nähe. Nach längerem Abwägen habe ich mich dann aber für diesen Gedanken geschämt. Ich weiß doch, dass die Leute nicht darauf aus sind. Ich hätte der Würde der Menschen weniger Wert beigemessen als meiner selbstgerechten Genugtuung oder was immer der Grund für solche Tests ist.
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