Nimmt die Gewalt gegen Obdachlose zu?

vom 07.11.2017, 03:13 Uhr

In den letzten zwei Jahren beobachte ich eine erschreckende Abstumpfung gegenüber Obdachlose. Diese Beobachtung vor Ort, die manchmal in meiner Freizeit sowie in meinem Berufsalltag rutscht werden durch Zeitungsartikel deutschlandweit untermauert.

So haben Jugendliche Syrer in Berlin einen Obdachlosen angezündet und kamen relativ mit einem „blauen Auge“ davon. Anderswo wurde ein Obdachloser mit einem Pflasterstein erschlagen und solche Geschehnisse scheinen fast schon zu unserem Alltag geworden zu sein.

Dieses Jahr wurden laut folgendem Zeitungsausschnitt schon 14 Obdachlose getötet. Das bedeutet, dass hier 14 mal jemand umgebracht wurde und ich frage mich, ob sich die Gewalt gegen Obdachlose vermehrt auch von nicht „Obdachlosen“ häuft.

Wirkt es einfach nur so, weil mehr darüber berichtet wird oder ist es wirklich so, dass die Taten gegenüber Obdachlosen immer brutaler werden? Ist es, weil es schwache Menschen sind, die schon am Boden sind und sich die Täter dann umso stärker fühlen oder was meint Ihr, wieso die Gewalt dort besonders zu nimmt?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Das habe ich mich auch schon gefragt und denke, dass Obdachlose einfach gefundene Opfer sind. Viele meinen vielleicht, dass diese ja herum hängen und sie vielleicht niemand vermissen wird und man deswegen seinen Aggressionen freien Lauf lassen kann. Ich kann das nicht nachvollziehen und denke, dass die Obdachlosen so schon ein schweres Leben haben und nun nicht auch noch in Angst leben müssen, dass ihnen vielleicht Gewalt angetan werden könnte, wenn sie irgendwo liegen und einfach nur schlafen möchten.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde auch, dass es natürlich vor allem daran liegt, dass Obdachlose die wohl schwächsten Menschen in unserer Gesellschaft neben Kindern sind. Aus diesem Anlass eignen sich diese auch vermehrt als Opfer von Straften wie Körperverletzungen und versuchte Tötungsdelikte oder um als Selfie herzuhalten sowie danach die Taschen anzuzünden. Es ist aber auch wieder einmal erstaunlich, wenn man mal die Medien dieser Taten auf Obdachlose verfolgt, wer am meisten in den letzten zwei Jahren für diese Taten mit wenigen Ausnahmen verantwortlich ist. Auch das bestätigt mich weiterhin mit meinem Gedankengang, dass hier einige Leute nicht hingehören.

Die Gewalt gegenüber Obdachlos ist wirklich enorm gestiegen, so habe ich jedenfalls das subjektive Gefühl. Mehr Obdachlose sterben in Jahr, weil sie von irgendwelchen Idioten angezündet werden, verprügelt werden und natürlich auch, weil sich einige auch untereinander an die Haare gehen. Das ist meist dem Kampf auf den Straßen, dem Geldmangel oder Drogen- sowie Alkoholkonsum geschuldet. Doch vermehrt greifen jetzt nicht Obdachlose zu den Ärmsten der Ärmsten, um sich selber an diesen profilieren zu können. Sehr stark diese Kerle.

Leere Flüchtlingsunterkünfte mal für Obdachlose zu nutzen, da die Unterkünfte teilweise ja noch einige Jahre aufrechterhalten sind, weil sie eben bezahlt wurden, könnte auch dazu beitragen, einige von den Straßen zu bekommen. Finde ich jedenfalls. Aber das ist offenbar in meiner Stadt im Augenblick auch auf entsprechenden Empfehlungen und Vorschlägen der Bürger nicht erwünscht.

Ich sehe da schon eine tendenziell steigende Kriminalität in dieser Richtung und finde es äußerst bedenklich, wenn man schon auf die schwächsten der Schwächsten, die sich kaum wehren können so zu gut. Dann sind die Täter auch eine Gefahr für jeden anderen und das muss man gleichermaßen immer bedenken. Wirklich schade, was derzeit in unserer Gesellschaft immer weiter auf den Vormarsch ist und was man sich auch alles, im Bezug auf die Täter gegen Obdachlose, die letzten 2 Jahre anhören musste, waren viele Täter „importiert“,was mir besonders sauer aufstößt.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Hier muss man differenziert schauen, sonst kommt man nicht weiter. Die Gewalt ohne Tötungsdelikte hat bei Obdachlosen definitiv zugenommen. Das gilt sowohl für die Gewalt unter Obdachlosen und für die Gewalt von Nicht-Odachlosen gegen Obdachlose. Allerdings haben die Tötungen von Obdachlosen durch nicht von Obdachlosigkeit betroffenen Tätern zum Glück abgenommen. Und Obdachlose streiten zwar mehr untereinander, aber sie bringen sich nicht häufiger gegenseitig um.

Das ist natürlich nur ein geringer Trost. Man wird zwar seltener um die Ecke gebracht, aber dafür muss man mehr Gewalt untereinander und von anderen aushalten. Aber da kommt viel zusammen. Als ich geboren worden bin, war gerade Landstreicherei kein Straftatbestand mehr. Gut, man kam nicht mehr ins Gefängnis, aber über so lustige Verordnungen wie Verbote gegen Betteln, Herumlungern und das Betreten von Grünflächen umging man das und sperrte die Leute trotzdem weg.

Man darf sich nicht vertun, die Haltung, dass Obdachlose gleichzusetzen mit Kriminellen sind und dass man die schlecht behandeln darf, sitzt immer noch tief. Dazu kommt, dass es wieder gesellschaftsfähig ist, Arme abzuwerten, ihnen die alleinige Schuld an ihrer Situation zu geben und sie als Sozialschmarotzer zu hassen. Nur lässt sich so ein Sozialleistungsempfänger nicht so einfach verprügeln. Da kommt ein wehrloser Obdachloser gerade gelegen.

Das sagt viel über den Zustand einer Gesellschaft aus. Geht es den meisten recht gut und fühlen sie sich in Bezug auf die Zukunft sicher, dann wird geholfen. Haben die Leute Angst vor dem Abstieg, müssen die Armen selbst Schuld sein. Sonst könnte es einen selber treffen. Wenn die aber selbst verantwortlich sind und uns auch noch unnötig belasten, wo es doch sowieso schon kaum reicht, steigt der Hass. Der Obdachlose wird dann zuerst zum Opfer.

Das ganze wird dann noch von der Politik befeuert. Wenn man nun schon von ganz oben hinnimmt, dass Obdachlose erfrieren, weil man ihnen Hilfe verwehrt, dann erklärt man die Leute geradezu für vogelfrei. Dann ist das Abschaum und jeder, der die zum Abbau von Frust und als Prügelknabe benutzt, tut gefühlt der Gesellschaft einen Gefallen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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