Nicht verstehen dass Gewichtszunahme jemanden freut?
Eine Bekannte von mir ist sehr dünn und hatte besonders in der Kindheit immer viel damit zu kämpfen. Sie hat eine Schilddrüsenüberfunktion und wurde als Kind gehänselt, da sie so dünn war. Außerdem hat es ihr auch Angst gemacht, dass sie immer mehr und mehr abgenommen hat. Nun hat sie wieder etwas zugenommen und freut sich darüber sehr.
Interessanterweise kam ihre Freude im Freundeskreis aber gar nicht so gut an. Viele konnten das nicht nachvollziehen und meinten, dass sie sich doch lieber darüber freuen soll, dass sie so dünn ist. Wenn sie zunehmen würde, könnte sich das schnell ändern und dann wäre sie irgendwann vielleicht nicht mehr zufrieden mit sich.
Fällt es euch auch schwer sich für jemanden zu freuen, der zugenommen hat? Ist das in unserer Gesellschaft inzwischen wirklich schon so verwerflich? Darf das Gewicht immer nur nach unten und nie nach oben gehen?
So eine Bekannte habe ich auch. Während ich schon zunehme, wenn ich Schokolade schief angucke und sehr darauf achten muss, was ich wann und in welcher Menge esse, um mein Gewicht zu halten, kann sie futtern, was sie will und nimmt einfach kein Gramm zu. Da bin ich oftmals schon ein bisschen neidisch.
Wenn jemand zunehmen möchte und dies schafft, würde ich mich natürlich darüber freuen. Genauso, wie ich mich freue, wenn jemand übergewichtig ist und ein wenig abgenommen hat.
Aber es ist schon richtig, dass es im Allgemeinen eher als ungewöhnlich angesehen wird, wenn jemand sich freut, weil er zugenommen hat. Das kommt aber wohl auch daher, dass unsere Gesellschaft im allgemeinen eher an Gewicht zulegt und immer dicker wird. Jemand, der zu dünn ist und zunehmen möchte, fällt da einfach mehr auf.
Ich gebe zu, dass so ein Problem eher Anti-Mainstream ist, denn die Menschen wollen ja normalerweise eher abnehmen als zunehmen und sehen eine vollschlanke - schon fast magere - Figur als erstrebenswert an. Da tanzt man natürlich voll aus der Reihe, wenn man eher zunehmen als abnehmen will.
Dennoch würde ich solche Menschen nicht verurteilen oder sogar komplett verständnislos sein, wenn mir jemand seine Freude darüber mitteilen würde, dass er ein halbes Kilogramm dauerhaft zugenommen hätte.
Die Freundin meines Cousins ist so, dass sie wirklich extrem mager ist. Sie behauptet, dass es auch wegen der Schilddrüse wäre und dass sie essen könnte so viel sie wollte und dass sie einfach nicht zunehmen könnte und dass sie endlich froh wäre, wenn sie etwas zunehmen würde.
Ob das so stimmt kann ich nicht beurteilen, weil ich sie zu selten sehe, um mir ein Urteil über ihr Essverhalten zu bilden. Aber als schön würde ich sie von der Figur her nicht bezeichnen, sie sieht eher aus wie etwas, das ich mit einem Kauknochen für Hunde assoziieren würde, aber nicht wie eine schöne kurvige Frau. Da kann ich schon verstehen, dass man da zunehmen will. Das sieht ab einer gewissen Grenze auch viel gesünder aus.
Ich glaube es kann beidseitig ein Problem sein, zu dünn und zu dick. Daher kann ich auch nachvollziehen, dass sich ein zu schlanker Mensch über eine gewisse Gewichtszunahme freut. Das heißt ja auch nicht, dass man nur Junkfood gegessen hat und ungesund lebt, sondern eigentlich nur, dass man sich wahrscheinlich dem für sich passenden Gewicht nähert. Ich finde das durchaus gut, kann aber auch verstehen, dass die meisten Leute wohl eher das Gegenteil kennen und eher dazu neigen zu dick zu sein und es vielleicht deswegen mit etwas Neid betrachten.
Im Großen und Ganzen ist mir das Gewicht anderer Leute völlig egal. Wenn es sich um gute Freundinnen und Freunde handelt, und ich allmählich den Eindruck bekomme, dass die Gesundheit abkackt, weil sie kaum noch Treppen steigen können oder im anderen Extrem der Kopf zu groß für den Körper wirkt, würde ich mir schon Sorgen machen und mich bemühen, für Gespräche aller Art ein offenes Ohr zu haben.
Schließlich sind Gewichtsextreme kein rein ästhetisches Problem, sondern es können sich alle möglichen Krankheiten und Probleme darunter verbergen, und das wünsche ich meinen Freunden natürlich nicht. Aber ein paar Kilo hin oder her bemerke ich gar nicht, und wenn jemand nach einer Krankheit wieder aufgepäppelt und rosig wirkt, dann freut mich das natürlich.
Generell verzichte ich jedoch darauf, andere Leute auf ihr Gewicht anzusprechen oder noch schlimmer, an Dritte Kommentare darüber abzugeben. Dass sie nicht dem Ideal entsprechen, wissen die Dicken, und dass sie "beneidenswert" sind, haben die Dünnen auch schon oft gehört, zumindest wenn sie Frauen sind.
Dass vielleicht eine Krankheit oder ein psychisches Problem dahinter stecken kann, wird oft ignoriert, und ich möchte nicht erleben, dass man mir höflich mitteilt, dass die Chemotherapie hinter der tollen Gewichtsabnahme steht oder dass man nur Wasser eingelagert habe, weil das Herz nicht mehr richtig arbeitet. Dann stehe ich schön blöd da, weil ich mal wieder die Fresse nicht halten konnte.
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