Nicht mit jemandem sprechen, wenn man beleidigt ist?

Ich kenne es von einigen Leuten so, dass sie nicht mehr mit einem sprechen, wenn sie beleidigt oder sauer auf einen sind. Eine Freundin von mir war in dieser Hinsicht damals ganz schlimm. Immer dann, wenn sie beleidigt auf mich war, was ziemlich oft vorkam, entschied sie sich dazu, nicht mehr mit mir zu sprechen. Sie schwieg mich an und antwortete auch dann nicht, wenn ich sie direkt ansprach. Es machte einfach keinen Sinn, das Gespräch mit ihr zu suchen, da sie keinen Ton hervorbachte, so dass man sie immer einige Zeit in Ruhe lassen musste.

So extrem kenne ich das nun nicht mehr, aber ich kenne tatsächlich Leute, die einfach schweigen, wenn sie beleidigt auf mich sind und dann entweder extrem wortkarg sind oder eine Zeit lang nichts mehr sagen. Ich finde das ehrlich gesagt immer sehr nervig und kindisch, zumal das ja nichts bringt. Wenn ich beleidigt oder sauer bin, dann habe ich nun auch keine große Lust, fröhlich mit jemandem zu plaudern, aber ich sage direkt, was mich stört oder sage, dass ich in Ruhe gelassen werden möchte. Ich verweigere aber keine Antworten, wenn jemand mit mir spricht und das Gespräch mit mir sucht.

Macht ihr es auch gerne so, dass ihr eine andere Person mit Schweigen straft, wenn ihr beleidigt auf sie seid? Bringt ihr dann auch keinen Ton mehr heraus, auch wenn die andere Person sich bei euch entschuldigt und das Gespräch mit euch sucht? Oder findet ihr so ein Verhalten auch kindisch?

So ein Verhalten als Maßnahme zur "Erziehung" oder Bestrafung des anderen finde ich hochgradig lächerlich und infantil. Meine Großmutter pflegte immer zu sagen, Missachtung sei die höchste Form der Strafe, daher hat sie das auch gerne anwendet. Bei mir jetzt nicht, aber bei anderen. Ich finde so ein Verhalten aber ehrlich gesagt eher kindlich motiviert und unsouverän.

Was ich allerdings verstehe, dass man jemandem aus dem Weg geht und temporär den Kontakt meidet, wenn man zu genervt von der Person ist. Dass mache ich privat auch zuweilen, wenn ein Mensch mich über die Maßen angestrengt hat. Jemand anderen aber ostentativ zu schneiden, kenne ich eher aus der Teenager-Zeit, mein erster Freund hat das gerne gemacht. Heute würde ich so eine Situation nach Möglichkeit einfach verlassen, dieses Verhalten wäre mir schlicht zu albern.

Also schmollen und zicken wie ein Kleinkind? Nein, dafür habe ich bei Erwachsenen nun wirklich keine Geduld und würde die Person dann einfach so lange ignorieren, bis sie ihr selbst auferlegtes Schweigen nicht mehr aushält. Meiner Erfahrung nach sind es meistens sowieso die kindlich egozentrischen und unreifen Charaktere, die glauben, ihre Mitmenschen durch Schweigen strafen zu können. Schließlich können sie sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen als das Wohlwollen einer tollen und wichtigen Person zu verscherzen, also ihr eigenes.

Anders als die aufmerksamkeitsbedürftigen Mimöschen beiderlei Geschlechts kann ich jedoch sehr gut längere Zeit ohne ihre Aufmerksamkeit auskommen und leide kein bisschen darunter. Wenn man versucht, mich durch Schweigen zu bestrafen, schneidet man sich also ins eigene Fleisch. Ich warte dann einfach ab, und überschlage mich auch nicht vor Begeisterung, wenn man gnaden halber dann doch wieder das Wort an mich richtet. So entsteht eine Situation, die für alle Beteiligten unangenehm ist, aber meistens schlimmer für die Leute ist, die allen Ernstes glauben, dass ich mich schlecht fühle, wenn sie schmollen.

Davon abgesehen ist Schmollen ja auch kein probates Mittel um einen Konflikt zu lösen, sondern stellt meiner Ansicht nach eher ein Machtspiel dar, bei dem es darum geht, wer von wessen Aufmerksamkeit abhängiger und daher "unterlegen" ist. Bei Kleinkindern, die praktisch ihr ganzes Sozialverhalten noch lernen müssen, kann ich verstehen, dass sie überfordert sind und schmollen, wenn ihnen etwas nicht passt, aber Erwachsene, die auf diesem Niveau stehen geblieben sind, mögen doch bitte woanders mit ihrem Schicksal hadern.

Jeder Mensch ist und handelt anders. Wie heißt es so schön: 'Reden ist Silber, Schweigen ist Gold'. Deshalb kann und darf auch jeder selbst entscheiden, wie er / sie mit so einer Situation umgeht. Die Meisten strafen einen bewusst mit Ignoranz, während einem die Anderen nur aus dem Weg gehen wollen, um nicht noch mehr Wut aufzubauen. Das ist für diese Personen dann eine Art abreagieren.

Ich bin auch meistens still, wenn ich sauer auf jemanden bin. Wenn es sich um meinen Mann handelt, dann rede ich auch erst mal nicht mehr mit ihm. Allerdings meistens mit dem Hintergrund, dass ich weiteren Streit verhindern möchte und erst mal selbst wieder einen klaren Gedanken fassen will.

Oft habe ich dann auch einfach gar keine Lust mehr, mit der Person weiterhin zu sprechen, auf die ich eben sauer bin. Meine frühere Freundin straft mich auch mit Nichtbeachtung, wenn wir uns irgendwo zufällig treffen. Dabei hat sie dazu gar keinen Grund und ich müsste mich so verhalten. Ich finde das allerdings schon sehr kindisch.

Wenn es bei meinem Mann und mir oder einem anderen Familienmitglied zum Streit kam, dann spreche ich höchstens ein paar Stunden nicht mit der Person. Bei meiner früheren Freundin ist es nun schon ein Jahr her. Alles andere finde ich auch sehr kindisch. Erst recht, wenn sich die Person bei mir entschuldigt, da wäre ich die letzte die weiter beleidigt ist und nicht mit der Person spricht.

Bei mir ist es so, dass ich, wenn ich sauer und wütend bin, auch erst einmal schweige. Das tue ich aber nur, um mich zu beruhigen, damit die Situation nicht eskaliert. Wenn ich mich nämlich nicht beruhige und mich weiter hin provozieren lasse, dann eskaliert die Situation endgültig und das möchte ich vermeiden.

Ich sitze aber nicht nur schweigend da. Am liebsten ziehe ich mich dann für eine Weile zurück und sammle mich. Wenn ich merke, dass ich ruhig genug bin und meine hoch gekochten Emotionen abgekühlt sind, kann ich ruhig weiter mit den Personen sprechen, die mich vor den Kopf gestoßen oder beleidigt haben. Ich halte nichts davon, Menschen mit Schweigen zu strafen. Das führt doch zu nichts.

Bei mir ist es auch so, dass ich nach einem Streit erst einmal zur Ruhe kommen muss. Wenn mich derjenige, mit dem ich gestritten habe, dann anspricht, dann schweige ich aber nicht, sondern sage es dann auch so, dass ich erst mal Ruhe brauche, um mich selber zu fangen und zur Ruhe zu kommen. Das finde ich auch wichtig, damit der andere Mensch weiß, woran er bei mir ist.

Ich hatte aber mal eine Arbeitskollegin, bei der das ganz schlimm war, wenn sie sich beleidigt fühlte. Dann hat sie auch erst mal den restlichen Tag nicht mit einem geredet. Bei privaten Themen war mir das ja noch egal, aber bei beruflichen Themen, die einfach besprochen werden mussten, hat sie auch geschwiegen. Da fühlte ich mich dann auch, als wäre ich im Kindergarten und ich muss sagen, dass ich froh war, als die Kollegin gegangen ist.

Ich finde auch, dass es ein sehr kindisches Verhalten ist, aus Trotz nicht mit jemandem zu sprechen, weil man beleidigt über eine Äußerung oder Ähnliches ist. Ich sage meinem Gesprächspartner immer direkt, wenn mich etwas verletzt hat oder wenn er etwas gesagt hat, was ich als Beleidigung interpretiert habe. Denn meistens handelt es sich dabei um ein Missverständnis, so habe ich es jedenfalls aus Erfahrungen kennen gelernt.

Meistens, wenn ich meinen Gesprächspartner auf seine vielleicht unterschwellige Beleidigung aufmerksam gemacht habe, hatte dieser es eigentlich nicht so gemeint und formulierte das ganze nochmal anders. Da sieht man mal, dass ich wahrscheinlich einen Streit provoziert hätte, wenn ich auf stur geschaltet hätte. Wenn man die Sache direkt und sofort anspricht, nachdem sie geschehen ist, verliert man nicht kostbare Lebenszeit, um sich über Dinge aufzuregen, die wahrscheinlich gar nicht so gemeint waren.

Es kommt sicherlich auf die Motivation an wie ich finde. Wenn man aus Trotz eine Person anschweigt und sie gezielt und bewusst "bestrafen" möchte mit dem Schweigen, finde ich das auch eher kindisch. Das erinnert mich eher an den Kindergarten, wo das durchaus üblich gewesen ist meiner Erfahrung nach.

Wenn man sich allerdings nur beruhigen möchte, dass die Situation nicht eskaliert und man vielleicht noch Sachen sagt, die man ansonsten nicht sagen würde, dann finde ich das in Ordnung. Das ist in meinen Augen was anderes, sollte aber entsprechend kommuniziert werden wie ich finde.

Ehrlich gesagt bin ich nur selten beleidigt. Wenn, dann würde ich sagen, dass ich manchmal verärgert oder genervt bin, was aber nicht zu schweigendem Verhalten führt, sondern eher zu vermehrtem Diskussionsbedarf. Sollte eine Diskussion sich als nicht zielführend herausstellen, dann höre ich natürlich irgendwann auf zu diskutieren, aber das ist dann kein Schmollen, sondern eher ein Beenden einer unergiebigen Diskussionsspirale. Nach einigen Minuten Ruhe versuche ich dann, mit einem normalen Gespräch den Kontakt wieder aufzunehmen. Längerfristiges Schweigen liegt mir nicht.