Nicht merken, dass man von jemandem ausgenutzt wird?

Manche Menschen lassen sich ja von anderen ausnutzen, ohne das selbst zu merken und zu erkennen. Eine Freundin von mir wurde auch mal ganz mies von einer angeblichen anderen Freundin ausgenutzt, die ihr irgendwann später die Freundschaft gekündigt hatte. Davor hatte sie meine Freundin aber oft um Geld gebeten, das nie wieder zurückkam und meine Freundin hatte ihr zahlreiche Gefallen gemacht.

Habt ihr es schon einmal nicht gemerkt, ausgenutzt zu werden? Ich frage mich immer, wie man das nicht merken kann. Bei einigen Personen würde ich nun auch nicht ans Ausnutzen denken, sondern daran, dass eine Hand die andere wäscht und sich das irgendwann wieder ausgleicht. Aber manchmal ist es ja doch eindeutig.

Ausgenutzt werden kann man ja sowohl in einer Freundschaft als auch in einer Beziehung:

Gerade in einer Beziehung haben die Betroffenen ja auch oft noch eine "rosarote Brille" auf und wollen/können es einfach nicht sehen, dass der "Verursacher" es nicht unbedingt gut mit einem meint. Oder man hat sich über die Zeit schon so in seiner "Opferrolle" eingelebt, dass man daran einfach nichts mehr ändern will/kann und das einfach so akzeptiert. Manche hängen vielleicht auch oft so an ihrer Partnerschaft, dass sie einfach alles dafür tun um diese zu erhalten.

In punkto Freundschaft ist das wieder eine andere Beziehungsebene. Von einer Freundin/Freund ist man in der Regel ja in allen Bereichen - finanziell / gefühlsmäßig - weniger abhängig. Trotzdem gibt es auch hier Menschen die so an einer Freundschaft hängen, dass sie wohl auch da über viele Dinge hinwegsehen und mehr Geben als Nehmen. Ich glaube also schon, dass zumindest dem Großteil bewusst ist, dass das Verhältnis zwischen Geben/Nehmen im Ungleichgewicht ist, es aber so akzeptieren.

Und dann ist es halt auch eine Sache des Erfahrungswertes und der Interpretation von Ausnutzen. Ich war als Jugendliche auch sehr hilfsbereit und gutmütig und wurde hin und wieder ausgenutzt. Ich reagiere deswegen da inzwischen sehr feinfühlig und achte da mehr drauf. Meine Tochter ist ebenfalls sehr gutmütig und sagt so gut wie nie Nein. In meinen Augen wird sie momentan auch von einer "Freundin" ausgenutzt. Sie sieht das allerdings nicht so, für sie ist das Verhalten ihrer Freundin in einem akzeptablen Rahmen.

Ich denke, dass es aus unterschiedlichen Gründen oft recht einfach ist, ausgenutzt zu werden. Der Wunsch "dazu zu gehören", anerkannt und gemocht, ja geliebt zu werden, und akzeptiertes Mitglied einer Gruppe zu sein steckt schließlich in unser aller Knochen, seit wir in der Steinzeit nur in der Gruppe überleben konnten und der Ausgestoßene schlechte Chancen hatte. Ich kann mich an Zeiten und Situationen erinnern, als ich mich sogar sehenden Auges habe "ausnutzen" lassen, weil das Gefühl, endlich mal "mitspielen" zu dürfen stärker war als der Ärger darüber, dass ich offensichtlich nur Mittel zum Zweck war.

Das ist zwar schon lange her, und heute würde ich niemanden mehr meine Latein-Hausaufgaben abschreiben lassen, nur damit auch mal jemand mit mir spricht. Aber auch im Erwachsenenalter lässt man sich doch oft einiges gefallen, nur um Wirbel zu vermeiden. Beispielsweise im Job kann man normalerweise nicht immer schreien, dass auch mal Kollege X den Kaffee kochen solle und es nicht fair sei, immer den gutmütigen Mitmenschen die langweiligen Aufgaben aufzudrücken. Leider.

Und den Gruppenzwang und die soziale Kontrolle darf man auch nicht unterschätzen. Meines Erachtens trifft es hier schwerpunktmäßig nach wie vor die Frauen, die unzählige undankbare Alltagsaufgaben aufgedrückt bekommen, sprich, die Umwelt nutzt die Tatsache aus, dass diese Leute so sozialisiert wurden, dass sie nur glauben, etwas wert zu sein, wenn sie sich nützlich machen.