Nicht abgeschickte Liebesbriefe trotzdem eine Erleichterung?

Eine Freundin war im Alter von 20-23 sehr oft verliebt, hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie eine feste Beziehung und war generell schüchtern, was das Ansprechen und Kommunizieren mit einem Schwarm betraf. Zum Teil war sie ziemlich fertig, weil sie sich so stark verliebt hatte, aber nicht wusste wohin mit den Gefühlen bzw. wusste, dass daraus nichts wird. Irgendwann hat sie mal angefangen für einen Mann, dem sie seit Monaten hinterher schmachtete, einen Liebesbrief zu schreiben, in dem sie ihm ihre Gefühlte steht, erklärt, warum sie ihn so mag und dass sie ihn das einfach wissen lassen wollte, auch wenn er vielleicht nicht so empfindet oder empfinden wird.

Zur Überraschung einer Freundin wurde dieser Brief aber nie abgeschickt und später hat sie es sich zur Gewohnheit gemacht, solche Briefe bei aussichtslosen Lieben immer zu schreiben, ohne zu planen sie je abzuschicken. Sie meinte, sie fühle sich damit trotzdem sehr erleichtert. Die Freundin fand das eher kontraproduktiv anstatt sich wirklich mal Mut zu machen, die Person anzusprechen, ob wirklich nichts daraus wird kann man doch nicht immer wissen und diese Briefe würden ihr da als Ventil eher im Weg stehen.

Was haltet ihr von so einer Methode mit Gefühlen umzugehen? Kann das durchaus hilfreich sein oder steht man sich damit eher im Weg, wenn man das regelmäßig macht und sowieso weiß, dass man die Briefe nicht abschicken wird?

So ganz bescheuert finde ich das nicht, da man sich so einfach mal alles von der Seele schreibt und damit auch eine gewisse Last los ist. Gemacht habe ich das selber noch nicht, aber ich finde es ehrlich gesagt auch etwas komisch, wenn man sich in dem Alter sooft verliebt wahrscheinlich auch ohne die Person wirklich zu kennen. Ich bin da eher dafür, dass man miteinander mal etwas trinken geht oder sich trifft, Liebesbriefe finde ich da schon zu viel.

Generell wird es von Psychologen aber immer wieder geraten, dass man Briefe schreibt, die man auch nicht losschicken muss, einfach damit die Seele befreit ist und man sich Luft gemacht hat, vor allem geht es da um seelische Belastungen, wenn man das aber auf Liebeskummer überträgt ist das sicherlich nicht schlimm.

Ist das nicht ein ähnliches Prinzip, wie man das von Tagebucheinträgen her kennt? Da schreibt man sich im Idealfall auch alles von der Seele, fühlt sich danach besser, wobei ein Tagebuch ja meist sehr persönlich ist und nicht für fremde Augen bestimmt ist. Daher halte ich die Taktik über die nicht abgeschickten Liebesbriefe für gar nicht so dumm, wenn es einem hilft, klarer zu sehen und seine Gefühle und Eindrücke zu verarbeiten. Wenn es einem selbst hilft, warum nicht?

Für mich ist das auch das gleiche Prinzip, als wenn man Tagebuch schreiben würde. Man schreibt auf, was man empfindet, was einem durch den Kopf geht und wie es einem geht, ohne das Ganze jemanden lesen zu lassen. Trotzdem kann es einem dadurch sehr viel besser gehen, als wenn man seine Gefühle einfach für sich behält, ohne mit jemandem darüber zu reden oder ohne das Ganze irgendwo niederzuschreiben.

Ich habe so etwas früher ganz oft gemacht, egal ob es um irgendwelche Tagebucheinträge oder nicht abgeschickte Liebesbriefe oder sonstige Briefe ging. Mir hat es total geholfen, einen klaren Kopf zu bekommen und meine Gefühle auch verarbeiten zu können. Nach dem Schreiben habe ich mich oft erleichtert gefühlt und hatte das Gefühl, mir wäre ein Stein vom Herzen gefallen.

Wenn man mit niemandem über das Thema sprechen will oder niemanden zum Reden hat und man das Gefühl hat, so etwas trotzdem loswerden zu wollen, dann sind solche Briefe oder Tagebucheinträge doch eine gute Möglichkeit, sofern es einem dadurch besser geht. Das Schreiben kann ja durchaus schon helfen, weil man sich dadurch eben mit den Gefühlen auseinandersetzt und eine klarere Sicht auf die Dinge hat. Und manchmal schreibt man sich eben auch alles vom Herzen.