Neuverfilmungen nach kurzer Zeit, hat das Sinn?

vom 08.03.2015, 21:45 Uhr

Ich habe gerade etwas gezappt und gemerkt, dass "Lol" auf Sixx läuft. Einige meiner Freunde haben ihn gesehen und meinten, er habe ihnen ziemlich gut gefallen, auch wenn es eher eine Teenager Geschichte sei. Ich beschlosse also, ein bisschen weiterzugucken. Jedoch dachte ich immer, das sei ein französischer Film und wunderte mich, als ich Miley Cyrus erkannte, also googelte ich ein bisschen und merkte, dass es auch noch eine amerikanische Version gibt. Dabei ist das Original auch nicht alt, vielleicht drei Jahre.

Jetzt habe ich mich gefragt, wieso die Amis diesen Film neu verfilmen müssen. Es kann doch nicht so schwer sein, sich um ein paar Synchronsprecher zu kümmern? Dabei ist das auch nicht der erste Film, der neu verfilmt wurde, zum Beispiel gibt es auch eine Blockbuster Version von Godzilla, obwohl dieser im Original auch nicht so alt ist, als dass sich das lohnen würde. Aber bei Lol, wo zwischen der französischen und amerikanischen Version vielleicht ein Jahr liegt, kann ich es wirklich nicht verstehen.

Wieso werden Filme unnötigerweise neu verfilmt?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Für uns in Deutschland hat das im Grunde wenig Sinn, da wir über eine sehr ausgeprägte Synchrontradition verfügen. Deutsche Filmstudios nutzen nur selten die Lizenz eines anderen Films - wenn Ähnlichkeiten auftauchen, sind dies einfach nur dreiste Kopien, die auf dem selben Trend mitschwimmen wollen.

In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Sache anders, dort werden ausländische Filme nur mit englischen Untertiteln versehen. Synchro findet bei denen inländisch nur bei Zeichentrick- und anderen Animationsfilmen statt. Daher haben es viele ausländische Filme verdammt schwer in den amerikanischen Kinos Fuß zu fassen und sich gegen die Hollywood bzw. Arthouse-Konkurrenz durchzusetzen, die in Amerika oder einem anderen, englischsprachigen Land produziert wird.

Dies ist dann auch der Grund, weswegen viele fremdsprachige Filme stattdessen lieber komplett neu gedreht werden. LoL ist da sicherlich ein Beispiel, aber auch David Finchers Verblendung (eine Neuverfilmung von Stieg Larssons erstem Band der Millenium-Trilogie), die amerikanisierte und Publikums-tauglicher gemachte Version von Oldboy, der deutsche Thriller Das Experiment und viele weitere. Vor allem im Horrorgenre bedienen sich die Produktionsfirmen von Hollywood gerne auf dem ausländischen Markt und produzieren ihre Version schon innerhalb kürzester Zeit.

Das führt dann natürlich zu teilweise abstrusen Begebenheiten. Der spanische Film Rec war gerade mal auf einigen europäischen Filmfestspielen gelaufen, bevor er regulär ins Kinoprogramm aufgenommen werden sollte, schon wurde für den exakt gleichen Plot unter dem Titel Quarantäne ein amerikanischer Film gedreht. In Deutschland waren die Filmstarts beider Streifen letztlich nur sieben Monate voneinander entfernt.

Bei Filmen wie dem letzten Jahr gelaufenen Godzilla verhält sich das etwas anders. Am expliziten Beispiel gehört die Marke beziehungsweise Lizenz Godzilla dem japanischen Studio Toei, die in Japan bereits seit vielen Jahrzehnten die Godzilla-Filme drehen. Diese hat sich dann ein amerikanisches Filmstudio gekauft, um ihre eigene Interpretation zu starten, was zum Godzilla Film von Roland Emmerich 1998 führte. Dieser war allerdings ein Flop, aber die Verfilmungsrechte für die Lizenz besitzt das Filmstudio natürlich auch weiterhin.

2014 kam dann ein neuer, amerikanischer Godzilla in die Kinos, diesmal unter der Regie von Gareth Edwards, der vorher nur durch seinen Indie-Streifen Monsters bekannt wurde (nicht verwechseln mit dem Charlize Theron-Drama Monster!). Dieser greift dieselbe Lizenz auf, denn letztlich hat man damals teures Geld dafür bezahlt und will sie auch nutzen. Wer würde das nicht?

Wegen diesem ganzen Lizenzkram kommen auch immer wieder Reboots in die Kinos, wie die beiden unterschiedlichen Spider-Man-Reihen. Zwischen Spider-Man 3 und dem ersten The Amazing Spider-Man vergingen nur wenige Jahre und neu gedreht wurde es, weil der dritte Film finanziell unter den Erwartungen war und von den Kritikern zerrissen wurde. Und der kürzliche Deal zwischen Sony und Marvel sorgt nun dafür, dass wir in einigen Jahren einen komplett neuen Spider-Man sehen dürfen, weil The Amazing Spider-Man nicht in den Kanon des Marvel Cinematic Universe passt.

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» zuki » Beiträge: 520 » Talkpoints: 3,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Das mit der Synchronisation ist interessant. Aber es liegt ja nicht daran, dass amerikanische Filmstudios das nicht machen könnten. Mögliche Sprecher gibt es ja zur Genüge. Oder dass - wie im Fall von LOL - das französische Filmstudio das nicht machen könnte. Es besteht in den USA einfach kein sonderlich großes Interesse, ausländische Filme zu sehen. Man würde damit nicht genug Geld machen.

Daher schrecken die ausländischen Filmstudios vor der Investition einer Synchronisation zurück. Und die amerikanischen Filmstudios verfilmen lieber neu, damit die Leute auch sicher in die Kinos gehen und vor allem auch das komplette Geld in ihre Kassen fließt. So muss man kein ausländisches Filmstudio an den Einnahmen beteiligen.

Oft ist es auch so, dass noch ein bisschen was verändert wird bei der Neuverfilmung durch ein amerikanisches Filmstudio. Ich erinnere mich da vor allem an Spurlos/Spurlos verschwunden. Das war ein, glaube ich, schwedischer Film, in dem ein Vater seine Tochter sucht. Seine Hartnäckigkeit wird vom Entführer dadurch belohnt, dass er genau das gleiche Schicksal wie seine Tochter erleiden darf. So wird er lebendig begraben. Im Original ist das das tragische Ende. In der US-Version entkommt er seinem Grab und ich glaube, es gibt auch irgendeine Frau, mit der er dann glücklich werden kann.

Es wird davon ausgegangen und vielleicht stimmt das auch, dass die meisten Amerikaner ein Happy End wollen. Dass sie mit tragischen Enden nicht zurechtkommen und der Film floppen würde. Gerade europäische Filme sind aber gerne mal etwas düster, pessimistisch, nachdenklich, realistischer und weniger kitschig. Das wird dann für den US-Markt gerne angepasst und aufgehübscht.

Kurz gesagt: ich denke, es geht schlichtweg ums Geld. Eine gute europäische oder sonstige Idee wird aufgeschnappt und dann den eigenen Bedürfnissen angepasst, so dass am meisten Geld rausgeschlagen werden kann. Wenn man der Sache Zeit geben würde, würden sich die Amerikaner sicherlich auch für ausländische Filme begeistern können.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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