Negative Gefühle und Gedanken besser nicht aufschreiben?

vom 08.12.2017, 00:31 Uhr

Als Teenager habe ich regelmäßig Tagebuch geschrieben und das am liebsten, wenn es mir schlecht ging oder ich intensiv über eine Situation nachdenken wollte. Ich hatte danach immer das Gefühl, dass es mir besser ging, nachdem ich mein Herz ausgeschüttet hatte. Für mich war das immer, wie mit jemandem zu reden.

Nun habe ich kürzlich gelesen, dass man seine negativen Gefühle und Gedanken eben gerade nicht aufschreiben soll. Wenn man das tut, soll man sich damit automatisch darauf konzentrieren und sich damit auch auf die negativen Punkte in seinem Leben fokussieren. Durch die intensive Beschäftigung mit negativen Gedanken würde es einem danach nur noch schlechter gehen.

Ich finde, dass es aber auch nicht richtig ist, negative Gedanken alle sofort wegzuwischen. Immerhin muss man sich ja damit auseinandersetzen und man kann ja nicht alle Probleme ausblenden und sie ignorieren. Wie seht ihr das Ganze?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Immer nur verdrängen bringt ja auch nichts. Ich denke, dass es gut ist alles aufzuschreiben, was einen bewegt, aber man sollte auch versuchen positive Dinge daraus zu gewinnen, diese auch aufzuschreiben und diese überwiegen zu lassen. Man liest ja so ein Tagebuch sicherlich auch nicht sofort nochmal durch und analysiert sich dann selber. Deswegen sollte man dann vielleicht wenn es besser geworden ist, einfach auch das erwähnen und gut ist. Von der Seele reden oder schreiben ist aber wichtig.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich sehe es so, dass man als halbwegs psychisch gefestigter Erwachsener bestimmt gut damit leben kann, wenn man auch negative Erfahrungen im Tagebuch oder sonstwo Revue passieren lässt und sich nicht immer nur total verkrampft auf die positiven Gedanken konzentriert. Für mich sind diese ganzen Tips zur Optimierung des eigenen Gefühlslebens und der eigenen Psyche von Phantasiereisen über Dankbarkeitstagebuch bis hin zu diversem Esoterik-Kram vor allem Spielereien für gelangweilte Wohlstandsbürger. Es schadet bestimmt nicht, dieses oder jenes zu betreiben. Ich versuche auch zu meditieren und habe auch jahrelang Tagebuch geführt, nur glaube ich nicht, dass sich daraus wirklich dauerhafte, erkenn- oder gar messbare Unterschiede für mein Seelenleben ergeben.

Anders sieht es natürlich aus, wenn die Psyche nicht ganz rund läuft. Die Pubertät ist sowieso ein Ausnahmezustand, aber beispielsweise kann ich mir schon vorstellen, dass jemand, der unter Depressionen leidet und die Welt sowieso ins Negative verzerrt wahrnimmt, diese Wahrnehmungen noch dadurch bestätigt und festigt, dass er sie dokumentiert und so noch tiefer ins Gehirn gräbt.

Mit anderen Worten: Wenn ein an sich gesunder Mensch den Streit mit der Kollegin im Tagebuch noch einmal durchkaut, ist das in meinen Augen kein Problem, aber wenn jemand mit Depressionen sich seitenweise über Apathie und Sinnlosigkeit des Daseins auslässt, kann ich mir auch nicht vorstellen, wie das dem oder der Betroffenen weiterhelfen soll, wenn es sie nicht gleich noch weiter herunterzieht.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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