Naiv, wenn man als letzter erfährt, dass Partner fremdgeht?
Meine erste Ehe ging kaputt, weil mein Exmann fremdgegangen ist. Ich habe mich damals nun doch als sehr naiv empfunden, weil ich es nicht wahr haben wollte und auch erst nach Monaten gemerkt habe, dass da was nicht stimmt. Das ist nun schon ein viertel Jahrhundert her und in meinem Bekanntenkreis sind einige Ehen langsam oder auch weniger langsam kaputt gegangen. Immer wieder kommt es dazu, dass man als Ehefrau oder auch als Ehemann als letztes erfährt, dass der Partner oder die Partnerin fremdgegangen ist.
Man glaubt dem Ehepartner oder Ehepartnerin oder auch wenn man unverheiratet ist dem Partner oder Partnerin einfach alles. Auch Überstunden und Dienstfahrten. Im Nachhinein habe ich mich damals auch schon oft gefragt, wie man so naiv sein kann.
Bei einer Bekannten ist mir aufgefallen, dass der Partner sehr viele Überstunden macht und dass er auch schon mal auf Dienstreise ist. Geheiratet haben die beiden eigentlich nur, weil er meinte, dass man aus steuerlichen Gründen heiraten sollte. Denn meine Bekannte geht nicht arbeiten und bekommt eine Rente, weil sie eine Behinderung hat. So war die Eheschließung eigentlich aus steuerlichen Gründen. Der Mann ist selten zu hause und alle im Bekanntenkreis vermuten, dass er fremdgeht und einer meint es sogar zu wissen. Aber meine Bekannte ist der festen Überzeugung, dass er niemals fremdgehen würde. Ich halte mich daraus, weil ich die beiden auch nicht gut kenne.
Nun denke ich aber auch an meine Erfahrung zurück, die man aber nicht mit allen Beziehungen gleich setzen kann. Ich habe mich für mich aber gefragt, warum das wohl so ist, dass man als Freundin, Freund, Ehemann oder Ehefrau eigentlich immer an das Gute im Partner oder in der Partnerin glaubt und niemals glaubt, dass dieser fremdgehen würde und ob man wirklich durch eine rosarote Brille sieht und einfach nicht merkt, dass was nicht stimmt. Man sagt ja oft, dass nichts ist, was nicht sein darf,
Wart ihr auch schon mal so naiv und habt als letzter erfahren, dass euer Partner fremdgegangen ist und habt bis zum Schluss an das Gute in eurem Partner geglaubt und alle Ausreden und Lügen geglaubt, die er oder sie euch aufgetischt hat? Auch, wenn er abends geschafft nach hause kam, nichts essen konnte, weil er unterwegs schon gegessen hat? Auch wenn er Überstunden machen musste, die nie stattgefunden haben? Warum glaubt man so sehr an das Gute in einem Menschen, der einen so hintergeht?
Ich finde, dass das immer stark auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Denn natürlich ist blindes Vertrauen nicht gut. Aber wem, wenn nicht dem Partner sollte man das größte Vertrauen schenken? Das ist doch der Mensch, mit dem man alles teilt, den man ganz nah an sich heran lässt und dem man naturgemäß sehr viel Vertrauen entgegenbringt, oder? Wie gut kann eine Beziehung sein, in der ständig ein deutliches Misstrauen herrscht?
Bei meinem Ex habe ich es auch erst ganz spät gemerkt. Der war selbstständig und hatte im weitesten Sinne mit Unterhaltung zu tun. Da waren die Arbeitszeiten und die Arbeitsorte naturgemäß sehr unterschiedlich und auch mal weit entfernt. Im Vergleich zum Anfang hat sich auch nichts geändert, was hätte auffallen können. Und aufgrund der großen Entfernungen sah ihn auch keiner aus meinem Umfeld. Misstrauen war einfach nicht angebracht.
Und Misstrauen ohne Grund hilft ja nun auch nicht, sondern es zerstört die Beziehung. Nehmen wir einfach mich, das ist einfacher, weil ich weiß zu 100 Prozent, dass ich nicht durch fremde Betten hüpfe. Ich fahre zu Kunden, ich verreise allein und da durchaus zu einem guten Freund. Eventuell lande ich auch mal mit einem Ex allein für eine Woche in einer Wohnung. ich bin die einzige Frau im Verein und ich reite seit Jahren regelmäßig mit einem Mann, der nicht meiner ist, regelmäßig aus.
Da gibt es nun unzählige Ansatzpunkte, über die sich ein eifersüchtiger Partner aufregen könnte. Nur, es steckt eben nichts dahinter. Und wenn der Gatte nicht gelassen und vertrauensvoll genug wäre, das eben als das zu sehen, was es ist, wären wir sicher längst nicht mehr zusammen. Ständige Vermutungen und Vorwürfe würde ich mir nicht gefallen lassen.
Und ich sehe es auch locker, obwohl ich ein gebranntes Kind bin. Der Gatte ist beruflich und privat viel allein unterwegs. Er könnte ebenso wie ich eine Affäre ziemlich leicht unterbringen. Trotzdem bin ich mir bei ihm genauso sicher wie bei mir, dass er treu ist. Und das halte ich nicht für naiv, sondern für normal und gesund.
Verallgemeinern kann man das nicht, denke ich. Es gibt ja auch das Sprichwort, dass der Ehemann immer erst zuletzt davon erfährt, dass ihm Hörner aufgesetzt wurden. Sicher kommt es vor, dass Partner Warnzeichen ignorieren oder vielleicht auch einfach nicht sehen wollen, während Bekannte und Freunde sich schon Gedanken machen. Es traut sich aber sicher auch nicht jeder, einen anderen auf solche Gedanken aufmerksam zu machen. Außenstehende haben eben einen anderen Blick auf die Beziehung, als Partner versucht man manchmal eben länger an das Gute des anderen zu glauben.
Ein Bekannter wurde über mehrere Monate hinweg von seiner Frau betrogen. Es gab ein paar Anzeichen, die man im Einzelnen als harmlos hätte betrachten können, in der Masse sind sie aber vor allem seinen Freunden aufgefallen. Sein älterer Bruder sprach ihn schließlich mal darauf und sonst hätte sich das wohl auch keiner getraut.
Nachdem die Frau plötzlich sehr oft am telefonieren war und sich dabei immer mit dem Telefon wegschloss (was sie vorher nie getan hat und es hätte sicher auch keiner gelauscht) und immer wieder spontan wegen einem dringendem Termin weg musste, zu dem sie sich nicht äußern wollte, fragte er den gehörnten Bruder, ob er denn eigentlich sicher wisse, dass seine Frau bei diesen Gelegenheiten wirklich ins Büro gehe. Darauf hat er sehr empört reagiert. Als er durch die gemeinsame Telefonrechnung dann erkennen musste, dass sie stets mit einer privaten Nummer und nicht der ihres Büros telefoniert hatte, kamen Wahrheit und Geständnis schließlich ans Licht.
Ich wurde noch nicht betrogen, zumindest gehe ich davon aus. Eine gewisse Naivität hat man sicherlich immer, wenn man jemanden vollkommen vertraut, aber sind wir mal ehrlich, wen sollte man denn vertrauen, wenn man einem Menschen ihm ganz nahen Umfeld nicht traut? Ich denke einem Partner sollte man schon ein sehr hohes Vertrauen entgegenbringen und auch einfach davon ausgehen, dass da nichts ist, was der Beziehung schaden könnte. Mag sein, dass das als naiv ausgelegt wird, aber ich mag mir doch nicht ständig bei allem denken, ob man mich betrügt oder nicht. Das schadet einer Beziehung auf eine andere Weise und fördert diese nicht.
Manche Sachen bekommen andere Menschen einfach besser mit, weil sie der Person nicht so nahe stehen. Ein Blick, eine dumme Ausreden was auch immer, man bemerkt eine von vielen Lügen nicht mehr, aber ein Außenstehender merkt es, vom Verhalten, von der Art wie sie vorgetragen wird und so weiter. Ich möchte mir eine gewisse Naivität behalten, wenn die Alternative dazu Misstrauen und Angst vor Kontrollverlust ist.
Ich finde, dass Ramones das sehr gut ausgedrückt hat. Der Partner ist ja eigentlich der Mensch, dem man am meisten vertraut. Andere Personen "dürfen" ja eine gewisse Skepsis der Person gegenüber haben, aber man selbst stellt ja nicht immer alles in Frage, weil man dem Partner traut. Vertrauen ist sehr wichtig in der Beziehung und auch eine Grundlage. Von daher sollte man eben auch nicht ständig misstrauisch sein und alles in Frage stellen, was er tut.
Andere Personen haben nicht dieses bedingungslose Vertrauen gegenüber meinem Partner. Von daher können sie gewisse Dinge vielleicht auch besser einschätzen. Sie stellen dann eher etwas in Frage. Das Vertrauen spielt da ja auch keine Rolle, zumindest privat nicht, wenn es sich beispielsweise um einen Arbeitskollegen handelt.
Oft spielen ja auch Freunde eine Rolle, die den fremdgehenden Partner auch decken und behaupten, er wäre bei ihnen. Allein lässt sich das sicher nicht immer so umsetzen. Vielleicht braucht man da öfter ein Alibi, so dass es andere Leute dann schon einmal eher erfahren. Von daher finde ich es nicht naiv, wenn man so etwas als Letztes erfährt.
Oft ist es ja auch so, dass man der betrogenen Person noch nicht sagen will, dass ihr Partner fremdgeht, wenn man sich nicht hundertprozentig sicher ist, dass es eben so ist. Man will ja keinen unnötigen Ehekrach bei anderen verursachen, wenn man letztendlich falsch liegt. Von daher wartet man da vielleicht auch, bis man wirkliche Beweise hat oder sich sicher ist, bevor man ihr davon erzählt. Und wiederum andere wollen sich da einfach ganz raushalten.
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