Nach der Entbindung viel weniger Schamgefühl haben?
Die Freundin A einer guten Bekannten von mir hat letzten Monat ihr erstes Kind bekommen. Sie sagt selbst, dass sie durch das Krankenhaus einen Großteil ihres Schamgefühls verloren hätte und dass ihr das niemand vorher gesagt hätte, dass es wirklich so extrem werden würde.
So hatte sie eine natürliche Geburt, wobei ihr da auch nicht so ganz bewusst gewesen sein soll, dass sie da auch so viel Kot und Urin verlieren würde durch den Geburtsvorgang. Später wurde ihr gezeigt, wie sie ihr Kind stillen muss und da hätten ihr gefühlt 20 verschiedene (fremde) Krankenschwestern ständig ungefragt an der Brust herumgedrückt um den Milchfluss anzuregen.
Bei ihr geht es sogar so weit, dass sie ihr Kind mitten im Supermarkt an der Kasse an die Brust legt und es ihr total egal ist wer ihr dabei zusehen könnte oder ob sich jemand daran stören könnte.
Hattet ihr nach der Entbindung auch viel weniger Schamgefühl als vorher? Was haltet ihr von dieser Entwicklung?
Das erinnert mich ein bisschen an einen Frauenarztbesuch von mir zum Anfang meiner Schwangerschaft. Ich saß da auf diesem Stuhl, der Arzt schaute gerade nach und die Arzthelferin kam herein, dann noch mal und später dann noch ihre Kollegin. Mit der Schwangerschaft verliert man schon ein bisschen das Schamgefühl. Man wird ja auch sehr viele Dinge gefragt, muss immer wieder Urin abgeben und so weiter.
Ich denke, dass das nach der Geburt natürlich noch mal schlimmer wird, weil einen da noch mehr Menschen halb nackt gesehen haben und man das dann eben auch mit dem Stillen zusammen machen muss, aber letztendlich ist das auch nicht schlimm, man bekommt eben nur eine andere Sichtweise und ändern kann man das eh nicht.
Dennoch würde ich nicht auf die Idee kommen meinen Sohn an der Kasse zu stillen. Das hat dann auch nichts mehr mit weniger Schamgefühl zu tun, sondern ist in der Form sicherlich unangebracht. Man kann sich ja auch so verhalten, dass es auch für andere Menschen nicht unangenehm ist. Wobei ich nichts gegen öffentliches Stillen habe, aber ich finde, dass man sich manchmal einfach nicht so sehr präsentieren muss.
Was haben die Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen mit Schamgefühl zu tun? Natürlich muss man jedes mal eine Urinprobe abgeben und wird auch diverse Dinge gefragt, aber das ganze passiert vor einem Arzt und ist auch nicht anders als bei einer normalen Vorsorgeuntersuchung die ohnehin einmal im Jahr gemacht werden sollte. Nur das man in der Zeit der Schwangerschaft halt häufiger hin muss.
Ich habe dadurch kein bisschen mein Schamgefühl verloren nur weil ich jedes mal eine Urinprobe abgeben musste, oder mich vor der Ärztin häufiger ausziehen. Sie ist Ärztin, macht ihren Job und ich möchte als Mutter wissen ob es meinem Kind gut geht.
Bei der spontanen Geburt selbst, ja das ist richtig das es dort zu Stuhlgang kommt, da das Kind mit dem Kopf den Darm auch ausstreicht. Die Mütter die ich im Rettungswagen entbunden habe, haben sich dafür sehr geschämt und auch mehrfach versichert, dass es ihnen Leid tut. Das würde niemand tun, der kein Schamgefühl mehr hat. Auch im Kreißsaal entschuldigen sich viele Frauen dafür, denn im Zuge meiner Ausbildung war ich auch dort einige Tage zum lernen.
Stillen muss man nicht zusammen machen, im Normalfall ist eine Schwester dabei die bei Fragen und Problemen hilft. Im Zweifel wird die Stillberaterin mit dazu gezogen, aber das 20 Leute herum stehen und drücken ist eine falsche Aussage. Man darf immer selbst versuchen und es muss gefragt werden ob die Schwestern einen anfassen dürfen oder nicht. Möchte die Frau das nicht, dann ist das so und es drückt auch niemand herum. Man muss einfach nur seinen Mund aufmachen wenn man das nicht möchte.
Das mit dem Stillen und Brust präsentieren hat weniger etwas mit Schamgefühl zu tun. Mütter sehen das als eine natürliche Nahrungsquelle für ihre Kinder an und dabei tritt in den Hintergrund was andere davon denken wenn sie ihre Brüste präsentieren. Aber auch dort gibt es genug Frauen die beim Stillen in der Öffentlichkeit ein Tuch darüber legen oder spezielle Stilltops verwenden damit eben niemand direkt auf die Brüste starren kann.
Ich halte es für Ausnahmen wenn sich jemand hinterher so gehen lässt, seine Brüste frei präsentiert und am besten noch breitbeinig ohne Unterwäsche im Rock in der Kasse am Supermarkt seinen Job macht. Das hat dann aber weniger etwas mit der Entbindung zu tun, als vielmehr einer persönlichen Einstellung.
Natürlich ist direkt nach der Entbindung erst einmal alles neu und dauert seine Zeit bis sich alles eingependelt hat, dass viele Mütter die ersten Wochen danach ihre eigene Pflege vergessen und eine entsprechende "ist mir egal wie ich Aussehe und mich Verhalte Haltung" an den Tag legen - aber das sollte nach spätestens 6-8 Wochen wieder gelegt haben, ansonsten besteht schon die Möglichkeit, dass eine Postnatale Depression hinter dem Verhalten steckt.
Ich habe mich nicht gehen lassen, habe immer noch Schamgefühle, packe nicht meine Brüste in der Öffentlichkeit aus. Aus diesem Grund war ich auch nicht bereit mein Kind direkt zu stillen sondern habe stattdessen lieber abgepumpt. Für mich war das ein enormer Aufwand, der sich in meinen Augen jedoch gelohnt hat.
Auch beim Arzt ist es mir nach wie vor unangenehm, wenn die Arzthelferinnen meinen unaufgefordert ohne anklopfen durchs Untersuchungszimmer fegen zu müssen. Zum Glück sieht meine Ärztin das genauso und die Arzthelferinnen bekommen dafür eine Standpauke vom feinsten, seither passiert das nicht mehr, dass wenn eine Frau auf dem Untersuchungsstuhl ist dort jemand anderes durchs Zimmer rennt. Die Untersuchungen an sich sind notwendig auch wenn sie unangenehm sind, ich sehe dieses jedoch nur aus ärztlicher, professioneller Sicht.
Also ich finde das das Eine nicht unbedingt mit dem Anderen zu tun hat. Ich selbst habe per Kaiserschnitt entbunden, kann also nicht sagen wie es ist wenn gefühlte 10 Leute vor einem stehen und da unten rein gucken. Allerdings kann ich das mit dem Stillen bestätigen. In dem Moment als dir das Kind an die Brust gelegt wird und logischerweise nicht gleich klappt, ist es dir total egal wer dir da rumdrückt und anfasst.
Man ist einfach froh in dem Moment wenn das Kind das bekommt was es braucht. Beim Frauenarzt ist es mir ehrlich gesagt nach wie vor nicht egal wer da wie in das Zimmer kommt. Nur weil das ihr Job ist und sie jeden Tag hunderte sehen, müssen sie ja nicht einfach so rein kommen. Ich finde dieses Gefühl auf dem Stuhl nämlich schon beklemmend genug. Deswegen kann man das meiner Meinung nach nicht mit der Schwangerschaft vergleichen. Nur weil ich ein Kind bekommen habe, ist es mir ja nicht egal wer da wann unten bei mir rein guckt.
Das Stillen in der Öffentlichkeit ist etwas ganz anderes. Da geht es um die Bedürfnisse meines Kindes. Und wenn die eben in genau dem Moment gestillt werden müssen, dann tue ich dies auch. Da ist es mir egal ob sich andere Leute dran stören. Denn sie selbst wurden auch so groß gezogen, aber das vergessen die Meisten immer mal gerne wieder. Und lieber eine Mutter die ihr Kind in der Öffentlichkeit stillt, als irgendjemand der Gewalt öffentlich anwendet.
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