Muttermilch mit Wasser verdünnen - Ausnahme oder Regelfall?

vom 04.06.2015, 11:48 Uhr

Ich habe neulich einen Artikel gelesen in dem es um einen Todesfall von einem Baby in den USA ging (Lauren F. aus Georgia). Das Kind war gestorben, da die Mutter die Muttermilch mit Wasser gestreckt hatte. Offenbar ist das in den USA häufiger der Fall und viele Familien tun das so. Der Grund ist meist, dass die Mütter selbst nicht genug Milch produzieren und auch kein Geld für Babymilch haben. Ich habe mich daher gefragt, ob das auch hierzulande vorkommt.

Immerhin leiden in Deutschland besonders alleinerziehende Mütter sehr unter finanziellen Sorgen. Oftmals zahlen die Väter nicht oder nur sehr wenig und was die Mütter vom Staat bekommen reicht vorne und hinten nicht, so dass die Kinder nicht selten in Sozialeinrichtungen essen gehen und dort Kleidung bekommen. Wäre es daher nicht möglich, dass auch hier in Deutschland einige Mütter ihre Muttermilch mit Wasser strecken? Kennt ihr solche Fälle? Wissen die meisten Frauen nicht, dass das gefährlich ist?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich verstehe gerade nicht, wie das technisch gemacht wird? Pumpen diese Frauen ihre Brust erst ab und verdünnen dann die Milch im Fläschchen? Dann wundert mich gar nicht, dass der Milchfluss so weit zurück geht, dass man sein Kind nicht mehr ernähren kann. Denn nichts setzt die Milchproduktion so effektiv in Gang, wie ein Kind das natürlich an der Brust saugt. Oder trauen sich aus moralischen Bedenken manche amerikanischen Frauen nicht, ihr Kind natürlich anzulegen, weil es nicht sittsam ist? Ich finde das relativ absurd und kenne niemanden, der das macht. Und ich vermute fast, dass eine vernünftige Stillberatung das Problem verbessern würde.

Logischer fände ich, dass die Pulvermilch aus dem Laden aus Kostengründen verdünnt wird. Ist das eigentlich mit Muttermilch gemeint? Als die Säuglingsmilch aus dem Paket? Ich kenne niemanden persönlich, der das macht. Die Problematik ist aber aus Entwicklungsländern bekannt. Die Firmen, die Säuglingsmilch in diesen Ländern vermarkten bewerben diese recht aggressiv und als gesünder als Muttermilch für das Kind wodurch sich viele arme Mütter bewogen fühlen, nicht zu stillen, weil das besser für das Kind sein soll. Und wer arm ist, kann sich dann eine ausreichende Menge Pulver nicht für das Kind leisten. Und wer erst mal mit der Flasche zufüttert, stört den natürlichen Regelkreislauf der Milchproduktion in der Brust und kommt so in Teufels Küche.

Klar greifen dann viele Frauen, teils aus Unwissenheit, teils aus Alternativlosigkeit zu den Mitteln die Milch entweder zu verdünnen, oder hygienisch nicht mehr einwandfreie Reste von der vorherigen Mahlzeit zu verfüttern.

Neu ist für mich höchstens, dass es solche Problemfälle auch schon in den USA gibt, wo man solche extreme Armut eigentlich vermeiden könnte. Aber vermutlich muss man auch hierzulande nur lange genug in extrem armen Familien suchen, um auch auf solche Vorgehensweise zu stoßen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


In meiner Familie ist es überhaupt nicht üblich, die Milch abzupumpen, mit Wasser zu strecken und das Baby damit zu füttern. Das wäre mir persönlich auch zu umständlich, keine Ahnung wie das in anderen Familien und Gesellschaftsteilen aussieht. Ich kann mir jedoch nicht wirklich vorstellen, dass die natürliche Muttermilch tatsächlich mit Wasser gestreckt wird, höchstens vielleicht die industriell erstellte Pulvermilch.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich finde so ein Verhalten ziemlich töricht. Wasser hat doch gar keine Kalorien, wie soll denn das Kind erstens genug Nährstoffe und zweitens genug Kalorien für das Wachstum aufnehmen, wenn das denn stimmt?

Wenn ich zu wenig Milch gehabt hätte, hätte ich bei meinem Sohn eher zu milchfördernden Mitteln gegriffen wie spezielle Tees aus Anis und Kümmel. Die sollen auch sehr gut helfen und so teuer sind die auch nun wieder nicht.

Man muss das Zeug ja nicht ausschließlich trinken, sondern nur zwei Tassen am Tag oder so. Wenn das Kind dadurch genug Nährstoffe und Kalorien bekommt und noch dazu das Immunsystem gestärkt wird, ist das doch ein vergleichsweise kleines Opfer, so "opfert" man nicht sein eigenes Kind.

» Esri » Beiträge: 485 » Talkpoints: -0,11 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Trüffelsucher vermutet das ganze bereits richtig. Viele Frauen in den USA legen ihre Kinder nicht selbst an, da das Stillen dort ebenso ein Tabuthema ist wie alles andere das mit Geschlechtsteilen zu tun hat. Aber abpumpen tuen die wenigsten überhaupt selbst, denn diese Pumpen sind sehr teuer und in den USA gibt es diese nicht auf Rezept verordnet. Somit müsste jede Mutter sich diese selbst kaufen.

Deswegen gehen die Mütter her und bitten andere Mütter oder Firmen um Muttermilch. Es gibt dort ganze Datenbanken bei denen man Muttermilch bestellen kann. Jedoch ist auch das nicht kostenlos, weswegen es dann doch Mütter gibt die versuchen die Kosten zu drücken und das ganze mit Wasser verdünnen. Das das Kind davon nicht mehr satt wird ist den meisten nicht klar, denn die Aufklärung dazu ist in den USA auch deutlich schlechter als hier. Stillberatungen sind dort so gut wie gar nicht vorhanden und wenn dann ist die Scheu sehr groß diese zu kontaktieren.

Die Pulvermilch ist in den USA noch deutlich teurer als hier. Hier kostet eine solche Schachtel bereits 15 Euro, in den USA bekommt man die Sorte Milchpulver von meinem Sohn für 35 Dollar. Diese Packung reicht gerade einmal eine Woche, und ist somit für die meisten zu teuer. Eine billigere Alternative sind die Muttermilchdatenbanken, diese kosten nur die Hälfte.

Das Milchpulver ist dort ebenfalls so knapp, dass sich nicht nur Chinesen sondern auch Amerikaner das Milchpulver direkt aus Europa zuschicken lassen. Dazu sieht man mehrere Angebote auf den großen Plattformen für utopische Preise, aber es wird gekauft da es immer noch ein wenig billiger ist, als wenn sie es dort im Laden kaufen gehen.

Im übrigen kann man die Milchproduktion beim Stillpumpen auch so gut regulieren, dass man genug Milch für sein Kind hat. Ich habe das ganze Monatelang praktiziert und erst als mein Sohn sich selbst abgestillt hatte und die Milch nicht mehr wollte, bin ich auf die Pulvermilch umgestiegen. Jedoch erfordert das viel Disziplin und Unterstützung bei der Versorgung des Kindes. Ist das nicht ausreichend vorhanden, geben viele Frauen direkt wieder auf und greifen hier zur Pulvermilch. Aber es geht, selbst wenn man Alleinerziehend ist, ich bin das beste Beispiel dafür.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Das ganze ist wirklich reichlich absurd. Klar kostet eine Milchpumpe Geld, aber wenn es dort noch diese Milchbanken gibt, an die man die Muttermilch verkaufen kann, dann hat sich doch eine gute Pumpe auch schnell amortisiert! Und danach kann man mit der Milch einfach Geld verdienen, indem man andere Kinder mit versorgt.

Was mich noch mehr wundert ist, dass die amerikanischen Mütter da keine Angst vor Keimen haben. Bekanntlich gehen ja einige fiese Erreger in die Muttermilch über und wenn man die Milch von einer anonymen Frau über eine Datenbank bezieht, dann weiß man doch nie sicher, was die möglicherweise für einen Infekt hatte? Geschweige denn, ob die Spendermutter eventuell Drogen oder Medikamente genommen hat, die meinem Kind dann schaden könnten?

Das ist für mich echt nicht nachvollziehbar, wie sich in solchen Bedingungen bis heute trotz Internet solche Tabus halten können. Da muss man doch nicht mal eine Stillberaterin kontaktieren, wenn man im Internet ganz anonym andere Mütter fragen kann.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Prüderie ist auch in den USA nicht wirklich der Grund für solche Vorfälle. Das Problem ist der fehlende Mutterschutz. Immerhin gibt es vor der Geburt gar keine Erleichterungen. Drei Monate Mutterschutz nach der Geburt hat man auch nur ab einer bestimmten Größe des Unternehmens. 50 Mitarbeiter müssen es mindestens sein, sonst ist der Job weg, wenn man wiederkommen möchte.

Und selbst wenn eine Frau das bekommt, die Zeit ist unbezahlt. Normalerweise sparen die Frauen Urlaubs- und Krankentage an, damit sie diese Zeit bezahlt bekommen. Dann bleibt natürlich kein einziger freier Tag mehr übrig. Dass Frauen, die oft 60 Stunden pro Woche arbeiten, verzweifelt auf günstige Milch zurückgreifen und die eventuell noch strecken, das verwundert nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



trüffelsucher hat geschrieben:Was mich noch mehr wundert ist, dass die amerikanischen Mütter da keine Angst vor Keimen haben. Bekanntlich gehen ja einige fiese Erreger in die Muttermilch über und wenn man die Milch von einer anonymen Frau über eine Datenbank bezieht, dann weiß man doch nie sicher, was die möglicherweise für einen Infekt hatte? Geschweige denn, ob die Spendermutter eventuell Drogen oder Medikamente genommen hat, die meinem Kind dann schaden könnten?

Die Mütter haben wenig Sorge vor den Keimen, da darüber auch nicht aufgeklärt wird. Zum anderen ist die Sorge bei den Datenbanken wenn sie von Unternehmen her kommt geringer. Denn diese Testen auf die Keime, wie auch auf Alkohol und Drogen. Deswegen ist die Muttermilch die man daher bezieht auch teurer.

Deswegen greifen viele eher dazu, dass ganze über Kleinanzeigen und Foren auszutauschen. Denn auch dort wird das ganze angeboten zu geringeren Preisen. Da weiß man jedoch überhaupt nicht was man bekommt und mit Pech bekommt man dann Muttermilch mit dem Keim oder bekommt auch Muttermilch von jemanden der Drogenabhängig ist oder Medikamente vorher eingenommen hat.

Für mich wäre das keine Option. Aber erst kürzlich haben sie im Fernsehen eine Reportage über einen Vater gebracht, der sich über eine solche Anzeige ein Muttermilchdepot für ein Jahr angelegt hatte. Seine Frau war kurz nach der Geburt des Kindes verstorben und ihr war es wichtig, dass der gemeinsame Sohn im ersten Lebensjahr Muttermilch erhält. Die meisten Beutel der Muttermilch waren dann auch spenden und wurden eingefroren.

Auch dort wäre ich mir nicht sicher ob mit der Muttermilch richtig hantiert worden ist und diese in zulässigen Beuteln eingefroren wurde. Auch kann ich es nicht prüfen ob die Kühlkette eingehalten worden ist, oder ob das ganze auf dem Transport mit der Post nicht doch aufgetaut war. So etwas würde ich meinem Kind nicht geben wollen, aber der Vater war in erster Linie glücklich darüber, dass er dem Wunsch seiner Frau nachkommen konnte. Anscheinend hatte er auch Glück und sich dabei nichts eingeschleppt, aber das muss nicht immer so gut ausgehen.

Wie gesagt in Amerika fehlt auch die Aufklärung dazu, denn das Stillen in der Öffentlichkeit ist dort mehr als verpönt und Mütter die das machen müssen sich auch öffentliche Anfeindungen gefallen lassen und Übergriffe. Zuhause könnten sie es praktizieren, dort steht jedoch meistens noch die Familie dem Thema sehr skeptisch gegenüber.

Die Frauen die sich dann eine Milchpumpe anschaffen um das ganze zu verkaufen, tuen das in erster Linie um damit Geld zu verdienen und nicht damit es anderen Kindern gut geht. Für die Beschaffung werden sogar Kredite aufgenommen, denn es scheint doch ein lohnendes Geschäft zu sein wenn man es schafft den Milchfluss gut aufrecht zu erhalten. Möglich ist es jedenfalls und da die Nachfrage größer als das Angebot ist, wird sich das auch die nächsten Jahre weiterhin so erhalten mit dem System.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich denke schon, dass es sich bei den Fällen um Ausnahmen handelt, denn es steht doch auf allen Packungen drauf, dass man die Fläschchen strikt nach Anweisung zubereiten soll. Ich selbst kenne auch keinen Fall, wo Eltern die Milch verdünnt haben. Ich selbst hatte gar keine Möglichkeit dazu, da ich gestillt habe.

Ich halte es auch eher für unwahrscheinlich, dass das in Deutschland passiert, da unser Sozialsystem nicht so schlecht ist. Sicherlich haben es Alleinerziehende und Harz 4 Empfänger schwer und das Geld ist knapp, aber für Essen reichen die staatlichen Zuwendungen auf jeden Fall. Außerdem kann man auch günstiges Milchpulver kaufen, wenn man wenig Geld hat.

In Amerika sieht die Situation natürlich schon wieder anders aus, da die staatlichen Zuwendungen wirklich sehr gering sind und von Elterngeld und Kindergeld können die Frauen nur träumen. Von daher kann es schon sein, dass Frauen aus echter Not heraus handeln. Wobei es vielleicht auch an den Eltern selbst liegt, denn auch wenn die finanziellen Mittel beschränkt sind, sollte die Ernährung des Babys Vorrang vor allem anderen haben.

» drago » Beiträge: 169 » Talkpoints: 1,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge


In Deutschland macht das sicherlich keiner. Immerhin wird hier schon sehr darauf geachtet, dass man das Kind anlegt oder man wird eben genauestens darüber informiert, was man alternativ machen kann und was man dann aber auch nicht machen darf. In den USA wird doch auch Muttermilch verkauft vielleicht war das ja so ein Fall, bei dem man dann eventuell mehr verdienen wollte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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