Mitleid mit verunglückten Extremsportlern haben?
Erst heute wurde wieder in den Nachrichten vermeldet, dass ein Base-Jumper sich mit seinem Fallschirm von einem 100 Meter hohen Felsen gestürzt hat und dabei tödlich verletzt wurde. Ich muss dazu sagen, dass sich mein Bedauern bei solchen Meldungen, doch immer ein wenig in Grenzen hält.
Denn wer das Schicksal derartig und permanent herausfordert, für den ist es wohl meistens nur eine Frage der Zeit, bis mal etwas Schwerwiegenderes passiert. Welche Empfindungen habt ihr denn, wenn ihr derartige Meldungen über tödlich verunglückte Extremsportler vernehmt? Seid ihr dann tief betroffen und empfindet Mitleid oder seid ihr da eher verständnislos über so viel Dummheit?
Der Mensch will immer über seine Grenzen hinauswachsen. Deshalb haben wir Errungenschaften und Weiterentwicklungen. Der Extremsportler macht es auf seine Weise. Ob dies der Adrenalin Kick ist den er sucht sei dahin gestellt. Es stimmt schon, dass sie selbst verantwortlich sind, wenn ihnen bei der Ausübung ihrer Sportart ein Unfall passiert.
Doch kann es immer und überall passieren. Man kann über die Straße gehen und einfach überfahren werden. Von daher ist Anteilnahme immer angebracht. Egal ob selbst schuld oder nicht. Doch generell hätte ich kein Mitleid, weil es mich nicht runter zieht. Mitgefühl ja, weil es ein Menschenleben ist bzw. war. Doch es kratzt mich auch nur am Rande.
Wenn ich Mitgefühl empfinde, dann selbstverständlich eher verschwommen und distanziert, weil ich den Menschen ja nicht persönlich kannte. Und es ist nun mal die menschliche Natur, mit Fremden weniger mitzuleiden als mit nahestehenden Menschen. Sonst wäre man ja nur noch am Heulen, wenn man sich die Tragödien ansieht, die quasi ständig passieren.
Deswegen kann ich nicht behaupten, dass die Todesnachricht eines Fremden mehr als ein kurzes Zucken bei mir auslöst. Aber ich empfinde es schon als reichlich hartherzig, wie manche Zeitgenossen immer gleich zu tönen, dass manche Leute "selber schuld" seien und quasi der Welt einen Gefallen tun, wenn sie sich aus dem Genpool entfernen. Auch die größten Trottel haben schließlich in den meisten Fällen Eltern oder Lebenspartner, und irgendwo geht mir die Vorstellung schon nahe, dass mal wieder die Polizei einer Familie mitteilen muss, dass der Sohn/Bruder/Mann nie wieder zur Tür hereinkommen wird.
Dabei ist es mir auch egal, ob derjenige welche einfach nur die Straße überqueren wollte, einen selbst verschuldeten oder unverschuldeten Unfall hatte, oder beim Sport verunglückt ist. Eine Tragödie ist es immer, wenn nicht für mich, dann für andere. So viel Empathie kann ich noch zusammenkratzen, dass es mir gegen den Strich geht, dass Extremsportler quasi den Tod verdient haben sollen, nur weil sie nicht daheimsitzen und ein geselllschaftlich eher akzeptables Hobby wie Privatsender gucken pflegen.
Ich tue mich sowieso immer schwer damit, wirkliches Mitleid zu haben, wenn ich von einem solchen Fall nur in den Medien lese und die Person gar nicht kannte. Aber ich verstehe schon, was du meinst und bei solchen Meldungen denke ich dann auch, dass diese Menschen das Schicksal vielleicht einmal zu viel herausgefordert haben. Aber dass es mir komplett egal ist, wenn ich so etwas lese, das kann ich auch nicht behaupten.
Den verunglückten Base Jumper kenne ich persönlich. Er kommt aus meiner alten Heimat und mein Mitgefühl gilt der Familie, die ich auch persönlich kenne. Mit einem Toten Mitleid haben ist schon ein wenig komisch. Er hat nichts von meinem Mitleid und schon deswegen kann ich da kein Mitleid empfinden. Er hat im Grunde immer herausgefordert, dass was passiert. Er hat auch schon mehrmals mit dem Gedanken gespielt aufzuhören. Besonders, als ein guter Freund von ihm auch tödlich verunglückte. Aber es muss wohl wie eine Sucht gewesen sein.
Wie eine Sucht stelle ich mir das auch vor, wenn Extremsportler ans Limit gehen. Wenn Extremsportler die Herausforderung brauchen und das Adrenalin quasi im Körper "sprudelt".
Ich habe kein Mitleid mit dem, der das Leben herausfordert und mit dem Tod spielt und immer am Limit kämpft. Ich habe Mitleid mit der Familie, die er zurücklässt, die sich tagtäglich fragen, warum das passieren musste. Aber das ist ein Mitgefühl, was ich mit jedem habe, den ich kenne und der einen nahen Menschen verloren hat.
Wer solche Sportarten ausübt muss doch damit rechnen, dass auch mal was schief geht. Deswegen kann ich mit diesen Menschen auch kein Mitleid haben, denn sie fordern das sogenannte Schicksal doch heraus. Da empfinde ich mehr für Menschen, die durch die Unvernunft oder durch Fehler anderer Menschen zu Schaden kommen.
Unfälle können zwar immer und überall passieren. Aber bei Extremsportlern ist das Risiko dafür einfach höher und das wissen diese Menschen auch. Mitleid kann man dann nur mit den Menschen haben, die nach einem solchen Unfall eventuell noch ihr Leben riskieren, um eine Rettungsmaßnahme durchzuführen.
Tief getroffen bin ich selbstverständlich bei so etwas nicht, das liegt aber vor allem daran das ich diese Personen nicht kenne die verunglückt sind. Meiner Meinung nach kann man echte Trauer und Betroffenheit nur empfinden wenn man einen persönlichen Bezug zu etwas oder jemandem hat. Allerdings habe ich trotzdem Mitleid mit Menschen die durch einen Unfall ums Leben kommen. Und natürlich auch mit denen die in so einer Extremsituation versterben.
Für mich macht es nämlich keinen Unterschied ob jemand bei einem „normalen“ Autounfall stirbt oder bei der Ausübung einer Extremsportart. Ein Unfall ist ein Unfall und in beiden Fällen haben sich die Menschen freiwillige in die jeweilige Gefahrensituation gebracht. Beim Autofahren haben die Menschen nur mehr Verständnis weil es eben etwas alltägliches ist, gefährlich ist aber trotzdem beides und bei beidem kann man sterben. Man darf also durchaus auch mit einem verstorbenem Basejumper Mitleid haben, auch wenn er sich selbst in diese Situation gebracht hat.
Mit einem Toten kann man grundsätzlich kein Mitleid haben, höchstens mit einem Schwerverletzten, der leidet und mit dem man dann mitleidet, entweder durch räumliche Nähe oder empathische Berichte in den Medien. Man kann Mitleid mit den Freunden und Angehörigen haben, wenn sie einem in irgendeiner Art nahestehen und sei es nur durch Zeitungsberichte.
Der Grad des Mitleids hängt bei mir von den Gefühlen der Hinterbliebenen ab, nicht von der Todesart. Wenn eine junge Frau durch unachtsames Überqueren der Straße oder durch Selfies am Abgrund ums Leben kommt, habe ich intuitiv mehr Mitleid, wenn sie Kinder, Mann oder Eltern hinterlässt, als wenn sie überhaupt niemanden mehr hat außer ihren Freunden.
Einige Todesarten sind im weitesten Sinne selbstverschuldet. Manchmal führt auch Nichtstun, wie etwa jahrelanges Couchpotato-Dasein zum Tod, während Reinhold Messner immer noch fröhlich weiterlebt.
Mir geht es da ähnlich wie Diamante und ich denke in solchen Fällen auch an die Hinterblieben und wie es ihnen gerade gehen muss. Wenn man sich auf solche Sportarten einlässt, weiß man ja eigentlich, dass man durchaus mit seinem Leben spielt. Für die Familie und die Angehörigen ist es schlimm, wenn dann jemand verunglückt. Da kann ich schon nachvollziehen, dass man da Mitleid empfindet. Mit dem Verunglückten hat man sicherlich nur bedingt Mitleid. Es kommt sicherlich darauf an, wie schwer dieser verletzt. Leid tut es einem sicherlich, denn man wünscht ja niemanden, dass er verunglückt. Aber natürlich spielt auch Selbstverschulden eine Rolle.
Naja, du könntest theoretisch auch den Asphalt der Straße mit deinem Gesicht streicheln, unglücklich den Bordstein rammen und wärst dann auch tot. Und du hättest noch nicht mal eine Extremsportart ausgeübt, obwohl für einige Menschen Fahrradfahren schon als Extremsport gilt.
Mit Toten kann man kein Mitleid haben. Sie weilen nicht mehr unter uns, sie bekommen unser Mitgefühl vielleicht mit, wenn sie uns von da oben beobachten, aber in der irdischen Welt kann der Verunglückte mit dem Mitleid nichts mehr anfangen. Daher gilt mein Mitgefühl eher den Angehörigen, auch wenn es eher distanziert ist, da ich die Person ja nicht direkt kennen muss.
Ich finde es aber auch bescheuert, wenn man herumtönt, dass der Extremsportler ja selbst schuld wäre und das Schicksal immer herausfordern würde. Würde er auf der Couch jeden Abend fünf Packungen Chips essen, dann kämen wahrscheinlich ähnliche Worte, wenn er einen Herzinfarkt hätte. Fakt ist jedoch, es hat ein Menschenleben ausgelöscht.
Meistens sind es ja sogar die erfahrenen Extremsportler, die es leider erwischt, bei Anfängern ist es oft eher Leichtsinn. Trotzdem sollte man ein kleines bisschen Mitgefühl haben und sozusagen kurz an die Angehörigen denken, selbst wenn es nur eine Minute nach der Meldung ist.
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