Mit gut gemeinten Ratschlägen Gegenteil erreichen?
Mit Ratschlägen kann man durchaus viel bewirken - oft öffnen sie anderen Personen die Augen oder helfen ihr dabei, Entscheidungen zu treffen. Vielleicht schafft die andere Person dann auch etwas, was sie sonst alleine nicht geschafft hätte. Allerdings kann man auch das Gegenteil erreichen - dann beispielsweise, wenn die gut gemeinten Ratschläge nicht angenommen werden wollen und die Person sich vielleicht sogar angegriffen dadurch fühlt.
Manche Personen nehmen ja oft und gerne eine Trotzreaktion ein, wenn sie irgendwelche Ratschläge bekommen, die sie so gar nicht nachvollziehen können und nicht umsetzen wollen, so dass sie sich bewusst für die gegenteilige Handlung entscheiden, nur um die andere Person zu ärgern. Habt ihr so etwas selbst schon einmal erlebt?
Ich finde, man sollte Ratschläge nur dann geben, wenn man auch danach gefragt wird und sich nicht ungebeten in die Angelegenheiten anderer einmischen. Leute, die immer alles besser wissen und sich in alles hineinhängen müssen, auch wenn eine Person das gar nicht will, machen sich unbeliebt.
Wenn jemand einen Ratschlag möchte und um Hilfe bittet, dann ist das eine andere Lage. Aber ich denke bei Menschen, die Ratschläge nicht annehmen, am ehesten daran, dass diese Personen gar keinen Rat wollten und damit ungebeten belästigt werden.
Eine Arbeitskollegin hat mir einmal sein Sprichwort gesagt, welches lautete: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint". Ich finde es steckt schon etwas wahres dahinter. Viele Menschen meinen ja, ihre gut gemeinten Ratschläge müssen sie immer und überall mitteilen, auch wenn sie gar niemand hören will.
Sicher können Menschen mit viel Erfahrung anderen helfen. Allerdings wäre es oft besser sie würden sie erst sagen, wenn sie danach gefragt werden. Denn aus selbstgemachten Fehlern lernt man am meisten.
Wenn man selbst Ratschläge erteilt, sollte man meiner Ansicht nach auch im Auge behalten, dass sie ja aus der eigenen Perspektive kommen. Man gibt wahrscheinlich meistens einen Ratschlag, der einem selbst weiterhelfen würde, weil er sich im eigenen Leben schon bewährt hat, oder weil man ihn für sein eigenes Leben passend finden würde.
Andere Menschen haben aber andere Charaktereigenschaften, sind unter anderen Bedingungen und mit anderen Lebenserfahrungen aufgewachsen, leben mit anderen Lebensumständen als man selbst. Daher kann es durchaus sein, dass der so gut gemeinte und sich so richtig anfühlende Ratschlag für den Gesprächspartner eben doch nicht so gut passt. Ich bin daher der Ansicht, dass man zwar gern mal einen Ratschlag erteilen kann, aber nicht gekränkt sein sollte, wenn er nicht angenommen wird.
Das was manche Menschen offiziell als "Ratschläge" deklarieren ist für mich das absolute Gegenteil. Ein Ratschlag ist ja normal gesehen nur ein Rat, der erteilt wird, wenn danach gefragt wird und die Person, die Rat sucht auch offen dafür ist. Ein Ratschlag sollte immer freiwillig ausgesprochen werden, sodass klar wird, dass die andere Person die freie Wahl hat, ob sie sich daran hält und den Rat befolgt oder nicht.
Viele Menschen sind aber leider so, dass sie sich mit ihren Ratschlägen aufdrängen und keine Alternativen zulassen wollen, da sie ansonsten beleidigt sind oder was auch immer. Wenn der Betroffene sich dann dazu genötigt und bedrängt fühlt ist es klar, dass eher das Gegenteil getan wird und der Rat eine kontraproduktive Wirkung hat. Ehrliche und optionale Ratschläge können meiner Ansicht nach nicht das Gegenteil erreichen, da sie nicht aufdringlich formuliert worden sind.
Ich finde weder, dass man mit Ratschlägen "viel bewirken" kann, noch dass es sich um "Trotzreaktionen" handelt, wenn jemand anders nicht das tut, was ihm/ihr andere sagen, sei es auch noch so "gut gemeint". Nur allein deswegen muss der Ratschlag ja nicht gut sein - oft genug handelt es sich sowieso um völlig unausgegorenen Blödsinn, der nur dazu führt, dass der Ratschlagende beleidigt ist, weil ich nicke, lächle und das Gegenteil mache.
Ich finde, dass man mit Ratschlägen sehr vorsichtig umgehen sollte. Schließlich steckt keiner in der Haut des Anderen, und was für den einen leicht umsetzbar ist, stellt jemand anderen vielleicht vor unüberwindliche Hindernisse. Mir sind daher, wenn es denn schon nötig ist, praktische Hilfsangebote lieber, als wenn sich jemand hinstellt und quasi aus sicherer Entfernung kräht "Mach doch dieses oder jenes!" Entweder handelt es sich um offensichtliche Gemeinplätze, die ich schon probiert habe, oder ich kann/will dem Ratschlag einfach nicht folgen. Nur sehr selten denke ich mir: Das ist gar nicht mal so bescheuert, darauf wäre ich selber nicht gekommen!
Ich habe schon öfters erlebt, dass ich jemanden einen guten Rat geben will und der andere den Rat ignoriert. Die anderen haben aber danach nicht bewusst das Gegenteil gemacht. Ich denke das liegt aber vor allem daran, dass ich dem anderen meinen Rat nicht aufzwingen will und die Meinung des anderen respektiere.
Umgekehrt habe ich aber auch erlebt, dass jemand anderes mir einen guten Rat geben wollte und ich dann genau das Gegenteil machte, weil ich mich in meiner Freiheit eingeschränkt fühlte. Es gibt Menschen, die Ratschläge sehr überheblich rüber bringen und darauf reagiere ich empfindlich. Später musste ich manchmal allerdings einsehen, dass der Rat richtig war und habe dann doch noch mein Verhalten geändert.
Ich bin der Meinung, dass gut gemeinte Ratschläge deshalb oft nicht zum Erfolg führen, weil man vor allem aus Erfahrungenlernt, weniger von theoretischen Ratschlägen. Oft sind es die negativen Erfahrungen, die Menschen zur Einsicht bewegen und offen für Ratschläge machen. Umgekehrt kann man natürlich auch von positiven Erfahrungen lernen. Aber anstatt dem anderen mit Ratschlägen zu überhäufen, kann es manchmal besser sein mit guten Beispiel voranzugehen. Wenn der andere sieht, dass bestimmte Dinge bei mir gut funktionieren, wird dieser hoffentlich neugierig und fragt wie ich das gemacht habe. Das wäre dann ein günstiger Zeitpunkt für einen Ratschlag.
Viele Ratschläge laufen in der Praxis aber auch ins Leere, weil die selbst ernannten Berater nicht beachten, dass die Menschen sehr unterschiedlich sind und den Ratschlag aus ihrer eigenen Perspektive erläutern. Was für mich gut ist, kann für andere schädlich sein. Für einen guten Ratschlag braucht man gute Menschenkenntnis und viel Empathie. Ohne Empathie wird man schnell bei dem anderen anecken und eher das Gegenteil erreichen.
Gut gemeint ist nicht immer gut machen, das habe ich auch schon sehr oft feststellen müssen. Mittlerweile beiße ich mir auf die Zunge, wenn es in mir wieder hochkommt, irgend jemanden im Reallife etwas zu raten, wo ich nicht weiß wie dieser den Ratschlag aufnehmen wird. Ratschläge können aber auch helfen, sich selbst zu reflektieren, nicht jeder kann das im Leben umsetzen.
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