Mit Ernährungstrends anderen vor den Kopf stoßen?
In den USA haben die Lebensmittelallergien in den letzten Jahrzehnten zugenommen und tatsächlich gibt es dort immer mehr Restaurants die sich auch auch Allergiker spezialisieren. Neulich habe ich darüber einen Fernsehbeitrag gesehen. Der Koch eines solchen Restaurants war brüskiert über Menschen die Ernährungstrends folgen und behaupten Allergien zu haben, die in Wahrheit keine sind.
So habe beispielsweise einmal eine Frau bei ihm glutenfrei bestellt. Für die Köche ist das ein gewisser Aufwand. Unterschiedlich zubereitete Gerichte dürfen nicht miteinander in Kontakt kommen, die Arbeitsflächen werden teilweise separiert. Nach dem Essen wurde ein Dessert bestellt und plötzlich sah der Kellner die besagte Dame den Kaffeekeks von der Kaffeetasse des Ehemannes essen. Darauf angesprochen antwortete die Dame sie sei gar nicht allergisch, sie mache eine Diät.
Der Koch hat sich davon sehr vor den Kopf gestoßen gefühlt. Menschen mit lebensbedrohlichen Allergien kommen in sein Restaurant und hoffen auf verantwortungsvoll zubereitetes Essen. Menschen die eine Modediät machen wären für ihn einfach nur lächerlich und beleidigend. Wie seht ihr das? Habt ihr schon mal vorgegeben gegen etwas allergisch zu sein, obwohl ihr nur der Mode wegen gerade darauf verzichtet habt? Ist euch klar, dass ihr die Menschen damit vor den Kopf stoßen könnt, da man sich umsonst die Mühe macht das Essen mit Sorgfalt zuzubereiten, um euer Leben nicht zu gefährden?
Grundsätzlich bin ich zwar der Meinung, dass sich jeder ernähren können und dürfen soll, wie es ihm beliebt aber andererseits verstehe ich auch ein Stück weit, dass andere Leute sich in bestimmten Situationen dadurch vor den Kopf gestoßen oder schlicht und ergreifend veräppelt fühlen. Gerade viele Anhänger von Modediäten prahlen gerne damit, sich völlig gluten-, lactose- oder industriezuckerfrei zu ernähren und fordern Verständnis und Beachtung dieser Gewohnheiten an jeder Stelle ein, sind dann in der Umsetzung aus mangelnder Disziplin oder einfach unzureichendem Wissen letztendlich selber inkonsequent und unglaubwürdig.
Wenn ein Pseudo-Veganer eine große Szene macht, wenn ich Mayo auf meinen Pommes wünsche, dann aber im Kino fröhlich eine Tüte Süßwaren mit tierischer Gelatine verspeist, habe ich dafür nicht wirklich Verständnis. Ebenso kenne ich einige Menschen, die mit Ausnahmen ihrer selbst auferlegten Essensregeln doch plötzlich sehr liberal werden, wenn es um ihre ehemaligen Leibspeisen oder besondere saisonale Leckereien geht, im nächsten Moment aber jemand anders vor den Latz knallen, dass dieser sich doch so unverantwortlich ernährt. Solange man hier bei sich selbst bleibt und niemand anderen zu belehren oder zu tadeln versucht, habe ich auch kein Problem damit, wenn Überzeugung und Verhalten nicht immer 100% deckungsgleich sind. Aber spätestens dann, wenn ich mir Vorwürfe zu meinem Essverhalten anhören muss, ist es mit der gegenseitigen Toleranz dann auch bei mir vorbei.
Ich kann hier schon beide Seiten irgendwie verstehen. Natürlich kann die Frau sich in ihrer Diät so ernähren, wie sie es eben möchte oder wie sie meint, dass die Diät ihr das vorschreibt. Aber natürlich kann ich auch den Koch verstehen, der einen enormen Aufwand betrieben hat, damit diese Frau keine allergische Reaktion bekommt, um dann gesagt zu bekommen, dass gar keine Allergie da ist.
Ich würde selber nicht vorgeben, dass ich gegen irgendetwas allergisch bin, wenn dies nicht der Wahrheit entspricht. Allerdings komme ich auch nicht auf die Idee, mit einer merkwürdigen Diät zu beginnen, so kommt man dann auch nicht auf die Idee, etwas vorzugeben, was nicht wahr ist. Ich denke aber, dass diese Frau sich einfach auch gar keine Gedanken darum gemacht hat, was für einen Aufwand das bedeutet, ihr Gericht zuzubereiten, obwohl das für sie ja gar nicht nötig wäre.
Ich finde, dass das vom Koch einfach ein bisschen drüber war. Er möchte doch Geld verdienen und sicherlich wird er da auch gerne jeden Gast annehmen. Wenn er dann jemanden bekocht, der letztendlich nur einem Trend folgt und keine Allergie hat, kann es ihm doch egal sein. Das Essen und den Aufwand lässt er sich doch bezahlen und der Rest sollte ihn dann nicht weiter belasten. So kann man die Leute auch gegen sich aufbringen. Geschäftlich gesehen war das sicherlich keine tolle Aussage.
Natürlich kann es sein, dass man jemanden vor den Kopf stößt, wenn man nur eine Diät macht und derjenige denkt, dass man allergisch ist, aber das hat die Frau ja auch nicht behauptet und so finde ich es völlig legitim, dass sie fragt und dann auch das Gericht dementsprechend zubereitet wurde.
Sie hat den Koch vor den Kopf gestoßen? Die Frau hat ja für diese Dienstleistung bezahlt. Wenn das Geschäft diese Transaktion nicht eingehen möchte, und auch so etwas kann es im Restaurant geben, dann hätten sie es auch ablehnen können. Ich frage mich, warum manche Leute einfach ihre Professionalität nicht wahren können und wie im Privatleben Dankbarkeit für einen erwiesenen vermeintlichen Gefallen erwarten. Er hat ihr aber keinen persönlichen Gefallen getan, sondern ein Geschäft mit ihr gehabt für das er indirekt bezahlt wird.
Menschlich kann ich natürlich verstehen, dass er genervt ist, wenn er sieht, dass da mal wieder jemand irgendeiner seltsamen aktuellen Mode folgt und gar nicht wirklich krank ist. Wenn ich jetzt privat für jemanden kochen würde und müsste einen großen Aufwand treiben für eine vorgebliche Allergie, die dann gar nicht besteht, würde ich das sicher auch mit einiger Verwunderung ansprechen. Aber privat ist eben etwas anderes als beruflich. Hat sie denn überhaupt gesagt, dass sie eine Allergie hat oder wollte einfach nur glutenfrei bestellen? Dann hat möglicherweise auch einfach eine Fehlinterpretation von ihm vorgelegen.
Nicht falsch verstehen, ich kann auch nur die Augen rollen, wenn ich von Leuten höre, dass sie Zöliakie haben und streng glutenfrei leben müssen, aber auf der anderen Seite ständig Fotos posten, auf denen sie sich bei Vapiano und sonstwo die gesamte Karte antun oder fröhlich bei Mac Donalds mit dem Burger in der Hand sitzen. Und solche Leute gibt es wirklich.
Ich finde Menschen mit Ernährungstrends nervig, auch wenn ich selbst manchmal sehr speziell bin. Und ich kann es durchaus verstehen, dass der Koch sich vor den Kopf gestoßen gefühlt hat, schließlich hat die "Diät" der Dame schon zu einem Mehraufwand geführt und der Koch hat stärker darauf geachtet, dass bloß nichts mit Gluten in die Speise gerät. Daher kann ich es auch verstehen, wenn manche Köche Kunden mit Allergien ausschließen.
Ich selbst bin laktoseintolerant, wie viele andere Menschen auch. Ich kann aber auch mal einen Burger bei McDonalds essen oder die Sahne meines Freundes probieren. Dazu muss ich mir halt zuvor was einschmeißen. In Restaurants sage ich schon, dass ich laktoseintolerant bin und laktosefrei bevorzuge, aber ich betone auch, dass es auch okay ist, wenn dies nicht möglich ist. Dann nehme ich halt eine Tablette vor dem Essen.
Ich habe aber auch festgestellt, dass Menschen, die wirklich eine solche Empfindlichkeit haben, lockerer damit umgehen. Menschen, die nur den Trends folgen, bestehen meistens stärker auf den "Trend" und beschweren sich auch häufiger, wenn sie nicht das bekommen, was sie wollten. Ich habe einige Menschen mit Laktoseintoleranz im Freundeskreis und da wird auch mal im Restaurant gefrotzelt, wer sich denn als Erstes in die Hose macht oder Ähnliches.
Crispin hat geschrieben:Wie seht ihr das? Habt ihr schon mal vorgegeben gegen etwas allergisch zu sein, obwohl ihr nur der Mode wegen gerade darauf verzichtet habt?
Nein, das habe ich noch nie gemacht. Ich bin bislang auch nicht wirklich allergisch gegen irgendwelche Speisen, und wenn ich etwas aus anderen Gründen nicht mag, bestelle ich eben Gerichte, in denen diese Zutaten sowieso nicht enthalten sind. Aber ich habe noch nie derartige Wünsche bei der Bestellung aufgegeben. Allenfalls kann es vorkommen, dass ich höflich frage, ob man diese oder jene Zutat gegen eine andere austauschen könnte, was sich aber eher auf leicht austauschbare Beilagen bezieht.
Ich würde nicht sagen, dass ich Ernährungstrends komplett ignoriere, immerhin ernähre ich mich wenn möglich saisonal und regional und habe tierische und verarbeitete Produkte reduziert. Das ist zwar keine Modediät, aber da sich immer mehr Leute in die Richtung orientieren würde ich das schon auch als Trend bezeichnen.
Menschen, die sich bei der Ernährung an Trends orientieren sind aber gar nicht das Problem. Das Problem sind Menschen, die denken, dass sich die Welt um sie und ihre Bedürfnisse dreht und, dass alle wissen sollen, dass sie durch ihren Verzicht auf X, Y oder Z der bessere Mensch sind. Ich kann fragen, ob ich die Nudeln mit Pesto, die als Beilage gedacht sind, auch als Hauptgericht mit Salat bekommen kann, oder ich kann ein Drama veranstalten weil das Restaurant ja so wenig Gerichte für Vegetarier auf der Karte hat.
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