MINT Fächer werden out, gibt es noch sichere Studiengänge?
Erst gestern gab es in der Zeitung mal wieder einen erschütternden Artikel über die Genration Y. Kaum ein Insolvent bekommt noch unbefristete Verträge, viele fangen sogar an für Zeitarbeitsfirmen zu arbeiten, weil die Alternative Arbeitslosigkeit wäre.
Das passt eigentlich gut zu dem Bild, was ich im Moment auch habe. Ein Freund eines Kommilitonen von mir hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert und war eine halbe Ewigkeit arbeitslos, bis er aus Alternativlosigkeit angefangen hat, als Leiharbeiter zu arbeiten. Das ist aus meiner Sicht der Albtraum eines jeden Studenten.
Die Mitbewohnerin einer Kommilitonin von mir ist sogar Diplom Ingenieurin und nun seit mittlerweile drei Jahren arbeitslos. Dabei bewirbt sie sich fleißig und hat momentan zwanzig Bewerbungen ausstehen. Sie hat nur trocken bemerkt, dass sie mit Hartz4 immer noch mehr Geld im Monat habe als zu ihren Studenten Zeiten. Aber glücklich ist sie garantiert auch nicht.
Wenn mittlerweile schon die Ingenieure Probleme haben, einen Job zu finden, gibt es da überhaupt noch einen Studiengang mit Zukunft?
Ich gebe es ungerne zu, aber ich denke wirklich sicher sind nur Studiengänge an einer Fachhochschule, die auch Kontakte zu Firmen haben und BWL. In Österreich ist es die Regel, dass Fachhochschulen Kontakte zu Firmen haben und die Studenten werden nach Bedarf ausgebildet und dementsprechend ist auch die Platzvergabe.
Ansonsten meine ich mal gelesen zu haben, dass tatsächlich BWL ein recht sicherer Studiengang ist. Natürlich wird man es schwer haben, wenn man dieselben Richtungen studiert wie die meisten, aber BWL ist ja breitgefächert und mit den richtigen Gewichtungen findet man angeblich auch leicht eine Stelle. Medizin ist auch ein Studium, wo man dann immer eine Arbeit findet, wenn es auch fraglich ist, ob man sich die Belastungen dieses Berufs antun will.
Ich würde das nicht pauschal formulieren. Ich studiere selbst ein MINT-Fach jedoch ist es so, dass Absolventen aus meinem Studienfach überall gefragt werden, weil das Fach interdisziplinär angelegt ist und man gemerkt hat, dass sämtliche Fachrichtungen von Medizin über Ingenieurswesen, Architektur und Raumplanung bis hin zum Umweltschutz und Soziologie diese Absolventen haben wollen. Außerdem studieren dieses Fach nicht besonders viele Menschen und mir ist nicht bekannt, das jemand da längere Zeit arbeitslos war. Wenn man sich frühzeitig darum bemüht und entsprechende Berufserfahrungen als SHK sammelt oder Kontakte knüpft dann wird das in meinen Augen kein Problem sein.
So schlimm ist das Problem eigentlich nicht. Es gibt immer Leute, die sich schwer tun, den Einstieg in den Beruf zu bekommen. Oft sind persönliche Mängel die Ursache dafür. Wer nicht teamfähig ist, kann nur sehr schwer als Ingenieur eingesetzt werden.
Bei Ingenieuren liegen Schwierigkeiten beim Berufseinstieg aber auch oft daran, dass sie sich einen zu beliebten Bereich heraus suchen. Gefühlt möchte jeder zweite Ingenieur bei einem Automobilhersteller arbeiten. Allerdings stellen die eben kaum Leute ein, die sie nicht selbst ausgebildet haben. Man muss also schon ein Praktikum, Werkstudentenvertrag, Abschlussarbeit vorweisen können oder über ein Traineeprogramm einsteigen.
Gerade bei den Automobilherstellern ist auch Leiharbeit sehr stark verbreitet. Deshalb sehen viele Leute nur diese zwei Alternativen. Davon abgesehen ist Leiharbeit für Einsteiger gar nicht so schlimm. Als junger Absolvent ist man ja normalerweise noch recht mobil und man kann Erfahrung in verschiedenen Firmen sammeln. Nach einiger Zeit hat man genug Erfahrung, um sehr gute Chancen auf eine Festanstellung zu haben. Manchmal wird man sogar von einer Kundenfirma direkt abgeworben, wenn man sehr gute Arbeit abliefert.
In anderen Bereichen ist das Problem nicht so gravierend. Es gibt sehr viele kleine Firmen in der Elektroindustrie oder dem Maschinenbau, die große Schwierigkeiten haben, geeignete Leute zu finden. Leiharbeit gibt es dort so gut wie gar nicht. In den größeren Betrieben nutzt man diese Möglichkeit zwar auch, aber bei weitem nicht so intensiv wie in der Automobilindustrie.
Außerdem ist gerade bei Ingenieuren der Markt sehr stark regional geprägt. Die meisten Stellen sind eben in Süddeutschland konzentriert. Wer in Nord- oder gar Ostdeutschland wohnt, wird eher Schwierigkeiten haben. Ich kenne sehr viele Leute, die aus diesem Grund nach Süddeutschland umgezogen sind. Die meisten davon stammen aus dem Osten.
Ansonsten meine ich mal gelesen zu haben, dass tatsächlich BWL ein recht sicherer Studiengang ist.
BWL würde ich ähnlich einschätzen wie Ingenieurswissenschaften und deren Mischstudiengänge. Viele Jobs, zum Beispiel im Einkauf oder Vertrieb, können von beiden Fachrichtungen oder einer Mischung abgedeckt werden.
Das Problem an BWL ist, dass Studienanfänger glauben, dass sie damit schnell in einer Führungsposition im Management landen. Aber im Endeffekt sind die meisten Jobs nur bessere Sachbearbeiterjobs und werden auch entsprechend bezahlt.
Nachdem die Situation gekippt ist und man weniger Schulabgänger als Ausbildungsplätze hat, geht der Trend doch eher dahin, dass man seine eigenen Leute zum Studium schickt. Das hat den Vorteil, dass sie eben auch entsprechende Abläufe in der Firma durch die Ausbildung kennen und dann auch ein besseres Verständnis haben. Das gab es in der ehemaligen DDR schon und auch dort wurden lieber Leute genommen, die vor dem Studium auch den Beruf als solches gelernt haben.
Habe ich also als Firma die Wahl zwischen einem Bewerber, der nur studiert hat und jemanden, der auch schon in der Branche eine Ausbildung zum späteren Studium mitbringt, werde ich wohl den zweiten Bewerber nehmen. Einfach weil da wesentlich mehr Kenntnisse mitgebracht werden.
Außerdem ist es wichtig, wie man seine Schwerpunkte im Studium setzt. Ich bin im Bereich Wirtschaftswissenschaft zuhause, die Absolventen sind Legion. Da finden viele nur einen recht einfachen Job als Sachbearbeiter oder als einer von vielen in der Buchhaltung.
Ich habe mir zähneknirschend aber bewusst Schwerpunkte in den Bereichen Wirtschaftsinformatik, Stochastik, Wirtschaftspsychologie und Controlling gelegt. Dazu habe ich freiwillige Praktika in genau diesen Bereichen absolviert. So hatte ich nach dem Studium die Wahl, was und wo ich arbeiten möchte. Solche Nischen muss man sich einfach schon im Studium suchen und ein für den Arbeitsmarkt interessantes Profil aufbauen.
Ja, das ist wirklich schade, wenn man erst jahrelang studiert und dann trotzdem nicht so richtig eine Stelle findet oder nicht das findet, was man eigentlich machen möchte. Ich wollte beispielsweise gerne ausschließlich an der Uni arbeiten, aber das hat leider nicht geklappt.
Man denkt ja irgendwie, wenn man studiert hat, dass die Welt auf einen warten würde, aber da wartet keiner. Das wird einem zwar im Studium eingeredet, aber man stelle dann fest, dass man auch nur ein kleiner Niemand ist, auf den eben keiner wartet und der sehen muss, dass er irgendwo eine Stelle bekommt. Das ist dann schon frustrierend.
Ich habe nun Glück gehabt und doch noch etwas gefunden, was gut bezahlt wird, aber viele meiner ehemaligen Mitstudenten hatten das Glück nicht und müssen sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln. Das finde ich auch irgendwo schade, dass Akademiker so ein Leben führen müssen.
Man denkt ja irgendwie, wenn man studiert hat, dass die Welt auf einen warten würde, aber da wartet keiner.
Die Naivität, die viele Studenten haben, ist sicherlich ein Grund, wieso sie sich später auf dem Arbeitsmarkt schwer tun. Da wird leider nicht genug aufgeklärt. Aber wer soll das schon machen? Die Professoren haben in der Regel den Arbeitsmarkt nie richtig selbst erlebt.
Ein weiteres Problem ist der Dunning-Kruger-Effekt. Wenn man sich besonders schwer mit dem Studium getan hat, ist das mitnichten ein Anzeichen dafür, dass das Studium anspruchsvoll ist und damit zu einem guten Job führen muss. Es ist eher ein Hinweis darauf, dass man in dem Fach nicht so gut ist wie andere, die sich leicht mit dem Studium tun. Letztere werden sich garantiert leichter mit der Jobsuche tun.
In meinem Beruf ist es so, dass ich 90% nach dem Studium für meinen Job neu lernen musste. Es hat zwar geholfen, dass ich im Studium gelernt habe, schnell und strukturiert zu lernen. Aber viel mehr hat die Ausbildung nicht gebracht. Mein Studium war also eigentlich nicht einmal ein berufsqualifizierender Abschluss. Und da bin ich wohl im MINT-Bereich überhaupt keine Ausnahme.
Selbst ein Informatikabsolvent ist nicht wirklich ein ausgebildeter Softwareentwickler. Er kennt zwar einen Teil der Theorie, aber praktisch hat er oft noch nie an einem größeren Projekt gearbeitet. Selbst wenn man ein Praxissemester macht wird man ja kaum voll in laufende Projekte eingebunden.
Das Beste für die eigenen Jobchancen ist also, wenn man sich früh wie möglich Kontakte zu Unternehmen sucht. Je früher man berufliche Praxis sammelt, desto besser.
Wenn die Professoren einem einreden, man würde nach dem Studium mit Kusshand gesucht, dann glaubt man das als Student eben. Woher soll man es anders wissen und Professoren, so denkt man doch, müssten Ahnung von dem haben, was sie erzählen.
In meinem Beruf ist es so, dass ich 90% nach dem Studium für meinen Job neu lernen musste. Es hat zwar geholfen, dass ich im Studium gelernt habe, schnell und strukturiert zu lernen. Aber viel mehr hat die Ausbildung nicht gebracht. Mein Studium war also eigentlich nicht einmal ein berufsqualifizierender Abschluss. Und da bin ich wohl im MINT-Bereich überhaupt keine Ausnahme.
Bei mir war es nicht ganz so. Natürlich kommt durch die Praxis und die Routine mehr Alltagswissen hinzu, aber auf das, was ich hauptberuflich mache, hat das Studium schon gut gepasst. Lustigerweise hat aber das, was ich bei meinem Nebenjob an der Uni mache, gar nichts mit meinem Studium zu tun, aber das könnte ich ohne einen akademischen Abschluss aus formalen Gründen nicht machen.
Für mich sagt die Situation aber insgesamt aus, dass niemand sicher ist. Ein Studium schützt nicht vor Arbeitslosigkeit oder unterbezahlten Jobs. Man ist nie sicher und muss immer sehen wo man bleibt. Das ist eine ziemlich blöde Arbeitswelt.
Wenn die Professoren einem einreden, man würde nach dem Studium mit Kusshand gesucht, dann glaubt man das als Student eben. Woher soll man es anders wissen und Professoren, so denkt man doch, müssten Ahnung von dem haben, was sie erzählen.
Ja, da hast du Recht. Die Professoren sehen ja auch erst einmal nur, dass die meisten Studenten ja einen Job bekommen. Dass einige Absolventen mit dem Einstieg ins Berufsleben kämpfen sehen sie aber eher weniger. Einen Job zu finden ist ja bei weitem nicht die einzige Hürde. Der erste Job kann ein regelrechter Kulturschock für Studenten sein. Mir ging es zumindest so, obwohl ich da schon eine ganze Weile als Werkstudent im Unternehmen tätig war.
Bei mir war es nicht ganz so. Natürlich kommt durch die Praxis und die Routine mehr Alltagswissen hinzu, aber auf das, was ich hauptberuflich mache, hat das Studium schon gut gepasst. Lustigerweise hat aber das, was ich bei meinem Nebenjob an der Uni mache, gar nichts mit meinem Studium zu tun, aber das könnte ich ohne einen akademischen Abschluss aus formalen Gründen nicht machen.
Ja, es kommt schon sehr darauf an, welchen Job man macht. Aber im MINT-Bereich gibt es da einfach eine riesige Bandbreite. Wenn man Glück hat, trifft man es besser, mit etwas Pech eben nicht. Inzwischen werden wenigstens auch die "Soft-Skills" etwas mehr einbezogen. Gerade Präsentationstechniken und Projektmanagement braucht man ja doch sehr häufig.
Für mich sagt die Situation aber insgesamt aus, dass niemand sicher ist. Ein Studium schützt nicht vor Arbeitslosigkeit oder unterbezahlten Jobs. Man ist nie sicher und muss immer sehen wo man bleibt. Das ist eine ziemlich blöde Arbeitswelt.
Ja, das stimmt natürlich. Aber es sieht ja nicht wirklich düster aus. Das heißt mit etwas Mühe und Flexibilität hat man schon ganz gute Chancen. Es ist nur nicht so, dass die Unternehmen an den Unis Schlange stehen und einfach alles nehmen, was von der Hochschule kommt. Ein bisschen wählerisch sind sie schon. Aber da geht es meistens weniger um fachliche Kenntnisse, sondern um die Frage, ob es menschlich passt. Das wurde mir zumindest bei einer Bewerbung mal so direkt gesagt.
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