Menschen die sich schnell aufregen erfolgloser im Leben?
Ich habe heute eine interessante These gelesen. Da hieß es, dass Menschen, die sich schnell aufregen und vor allem sich lange über etwas aufregen erfolgloser im Leben sind. Könnt ihr das bestätigen? Dieser Satz wurde einfach so in einer Diskussion erwähnt und ich fand das sehe interessant. Demnach dürfte kein Mensch erfolgreich sein, der sich viel und lange über was aufregt. Ist dann der Focus eher auf das Aufregen gerichtet als auf Erfolg? Oder haltet ihr es für unsinnig?
Gern würde ich ja immer die jeweilige Quelle für solche Behauptungen einsehen. Selbstverständlich stimmt diese Behauptung gar nicht. Dann wäre ja Italien ein Land voller Versager und Loser. Menschen, die cholerisch veranlagt sind, gibt es doch überall auf der Welt. Ich denke mal an Helmut Kohl, der sich emotional nicht immer im Griff hatte.
Wollen wir dem unterstellen, er wäre in seinem Leben erfolglos gewesen? Doch ganz sicher nicht. Auch gibt es viele erfolgreiche SportlerInnen, die sehr temperamentvoll sind und daher schon manchmal über das Ziel hinausschießen. Ein gutes Beispiel hierfür wäre Oliver Kahn. Der war ja wohl auch jenseits des Misserfolges in seiner sportlichen Karriere.
Auch gibt es viele SängerInnen und SchauspielerInnen, welche große Karrieren hinlegten und trotzdem ziemlich cholerisch waren. Ich selbst litt ab und zu unter einer cholerischen Chefin, die sich allerdings der oberen Etage gegenüber im Griff hatte. Dafür mussten wir Mitarbeiter so einiges aushalten. Genannte These wird somit von mir widerlegt.
Ich frage mich, wie man hier überhaupt "Erfolg" definieren will in diesem Kontext? Ich meine, so gesehen wird nicht jeder so bekannt werden wie Helmut Kohl oder Beyonce und entsprechendes erreicht haben. Die meisten Menschen gehen eben in der Masse komplett unter. Ist man dann schon erfolgreich, wenn man seinen Alltag auf die Kette kriegt und es schafft, das Haus zu putzen? Oder ist man dann ein Versager? Wo zieht man die Grenze?
Ich würde in dem Moment auch schon sagen, dass jeder Mensch den Erfolg für sich selber vielleicht auch ein Stück weit anders definiert und dabei fängt es für mich schon an, dass die Beurteilung schwierig ist. Wenn man sich schnell über Nichtigkeiten aufregt, dann kann es leicht sein, dass einem positive Dinge nicht auffallen, die im gleichen Moment passieren, aber das macht für mich keinen Erfolg aus. Ich hatte mal einen Chef, der recht cholerisch war und er war dabei durchaus erfolgreich.
Ich denke, dass es eher zweitrangig ist, wie der Erfolg im einzelnen für den einzelnen Menschen definiert ist. Ich erkläre mir es aber so, dass Menschen, die sich schnell aufregen, in dem Moment sehr auf ihren Misserfolg fixiert sind oder eben auf das, was sie gerade aufregt. Dadurch verlieren sie selbst ihr Ziel aus den Augen und brauchen demnach wieder einen Moment, um die Energie umzulenken und positiv zu nutzen.
Mir ging es beispielsweise zu Uni-Zeiten so, dass ich ein Ziel hatte und einen Erfolg erzielen wollte (z.B. eine Klausur bestehen). Wenn es aber Konflikte in meinem Umfeld gab oder Ähnliches, sodass ich mich sehr aufgeregt habe, hatte ich nicht mehr die Klausur im Blick und hatte auch nicht mehr die Energie, um mich darauf zu konzentrieren oder zu lernen.
Man muss wahrscheinlich zwischen einer cholerischen oder freundlich bis euphemistisch umschriebenen temperamentvollen Art und einer niedrigen Frustrationstoleranz unterscheiden. Das läuft nicht zwingend Hand in Hand. Man kann ganz viel Beharrlichkeit und Ehrgeiz beweisen und sich trotzdem schnell aufregen. Ich kenne und kannte so einige Personen, die in der Hierarchie recht weit oben stehen und standen und die sind nun wirklich nicht alle lammfromme Philanthropen, im Gegenteil.
Ich weiß ja nicht, wie erfolglos oder erfolgreich in diesem Kontext gemeint ist, aber wahrscheinlich ist das in erster Linie auf die Anzeichen klassischen Erfolgs gemünzt. An der Spitze stehen meist Leute, die einen gewissen Biss und auch ein wenig Temperament mitbringen und sich durchzusetzen wissen. Und umgekehrt, wie viele Leute gibt es, die ruhig, lieb und geduldig sind, aber nach formalen Maßstäben ein durchschnittliches Leben führen?
Aussetzer im Temperament, die auf einer niedrigen Frustrationstoleranz gründen und Menschen, die bei jedem Misserfolg alles in die Ecke werfen, generell nichts durchhalten und immer wieder einknicken, weil die Nerven nicht mehr mitspielen, haben es aber tatsächlich schwerer, sich im Leben zu behaupten und Erfolg zu bekommen.
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