Magersüchtige durch ebenfalls Betroffene rückfällig?
Wir haben bei uns bei der Arbeit eine Person, die bereits einen langen Leidensweg hinter sich hat. Nun hat die Frau ihre Magersucht überstanden und ist seither sehr stolz und wir natürlich mit ihr. Seit ca. zwei Jahren ist sie komplett von dieser Sucht befreit worden, nicht zuletzt, weil ihre Arbeitskollegen in dieser schweren Zeit sehr hinter ihr gestanden haben.
Nun haben sich die Dinge aber so geändert, dass ausgerechnet mit ihr in der Gruppe ebenfalls eine Frau arbeitet, die auch von der Magersucht betroffen zu sein scheint. Natürlich können wir es nicht mit hundert prozentiger Sicherheit sagen, allerdings ist es schon auffallend, dass die Person so gut wie nichts isst.
Die Frau, die ihre Krankheit überstanden hat, ist nun beängstigt, dass sie, durch die Magersucht ihrer Arbeitskollegin selber wieder rückfällig werden könnte. Eigentlich verstehe ich ihre Bedenken auch sehr gut, denn wenn ich in ihrer Haut stecken würde, würde es mich auch nicht interessieren, wieder alles von vorne durchzumachen.
Aber wenn die Frau es schon selber bemerkt, was mit ihrer Kollegin los ist und sich schon Gedanken darüber macht, ist sie dann überhaupt gefährdet? Oder ist sie dann sogar schon gefeit davor, denselben Fehler wieder zu machen? Kann man denn durch eine andere Person wieder in die Magersucht hinein rutschen?
So wie bei einer Sucht rückfällig werden? Oder ist das bei der Magersucht etwas anderes? Wenn man zufrieden mit sich selber und dem Leben ist, ist man dann vor einem Rückfall gefeit, egal, mit wem man zusammen arbeitet oder nebeneinander her lebt? Was meint ihr? Habt ihr Erfahrungen damit?
Sie könnte immer wieder rückfällig werden, auch ohne betroffene Kollegin. Sie scheint aber das Verhalten zu erkennen und sich trotzdem dagegen zu entscheiden, was ja an sich schon mal ein gutes Zeichen ist. Dennoch muss man da immer sehr vorsichtig sein und es kann auch immer wieder zu einem Rückschlag kommen. Wenn sie das irgendwie aushalten kann wäre es vielleicht gut, wenn sie mal mit der Betroffenen spricht, weil sie ja am besten weiß, wie das so ist.
Ich glaube Essstörungen gehören zu den Störungen, bei denen man immer irgendwie rückfällig werden könnte. Denn leider lässt sich das Essen als Suchtmittel nie so wirklich vermeiden, anders als beispielsweise Zigaretten oder Alkohol. Die tägliche Nahrungsaufnahme gehört nun mal zum (über)Leben dazu. Daher wird immer ein gewisses Rückfallrisiko bestehen, egal ob man mit Essgestörten zu tun hat oder nicht.
Die Gründe, weswegen jemand in eine Essstörung hineinrutscht, können ganz unterschiedlich und vielfältig sein. Meistens wird die Erkrankung dazu genutzt, um auf irgendeinem anderen Gebiet des täglichen Lebens reale oder subjektiv erlebte Defizite zu kompensieren, da sie mit einem hohen Maß an Selbstdisziplin und Kontrollerleben und damit auch mit einer entsprechenden Verbesserung des persönlichen Selbstwertes einhergeht. Darin besteht auch die hohe Rückfallgefahr, denn die Krankheit verschafft ein trügerisches Sicherheitsgefühl und Wohlbefinden. In kritischen Lebenssituationen, in denen einem andere Dinge zu entgleiten drohen, wird sie somit als Zufluchtsort schnell wieder attraktiv.
Dass ehemalige Magersüchtige sich angesichts gewisser Triggerfaktoren - seien es nun Arbeitsstress, Medien- oder Umwelteinfluss oder Beziehungskonflikte vor einem Rückfall fürchten, ist also nicht unbegründet. Einsicht ist erfahrungsgemäß der erste Schritt zur Besserung, und somit würde ich die erhöhte Alarmbereitschaft und Besorgnis erst einmal als positiv werten. Teil jeder Therapie ist nämlich immer auch die Rückfallprophylaxe, die die Identifikation von und das Ankämpfen gegen erste Warnzeichen einer wiederkehrenden Erkrankung einschließt. Die beschriebene Kollegin sollte entsprechend gut auf sich und ihr Verhalten Acht geben und sich rechtzeitig Hilfe oder Beratung suchen, wenn sie bemerkt, dass sie wieder auf eine Magersucht zusteuert.
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