Macht ein Sprachfehler inkompetent oder unsympathisch?
Ich habe einen ganz leichten Sprachfehler, der von meiner Logopädin allerdings als "normal" und sogar gut für die Sprachhygiene abgetan wurde (was auch immer letzteres heißt). Daher werde ich oft für einen Bayern gehalten oder man fragt mich, ob ich aus Osteuropa komme. Eine ehemalige Klassenkameradin war in Russland geboren und als kleines Kind nach Deutschland gezogen. Sie rollte das "r" sehr stark und man merkte ihr dadurch auch sofort an, dass sie ausländische Wurzeln hatte.
Ich frage mich jetzt, ob so ein Sprachfehler nicht bei einem Bewerbungsgespräch ein riesiger Nachteil sein muss. Vielleicht findet der Personalchef es nervig. Mein Freund macht sich darüber lustig, dass ich dadurch ein kleines bisschen nach "Ghetto" klinge. So jemandem will aber sicher keiner eine Führungsposition anvertrauen, oder? Seht ihr Sprachfehler, sei es ein rollendes r oder ein Lispeln, als Nachteil an?
Ich würde es nun nicht als Nachteil ansehen, wenn jemand einen Sprachfehler hat, aber es ist eben auch nicht jeder Mensch gleich tolerant und so gibt es ja durchaus Menschen, die Menschen mit Sprachfehler auch als inkompetent bezeichnen würden. Das hat ja aber nichts mit Intelligenz und deiner Arbeitsweise zu tun und das muss man dann eben vermitteln, leichter macht es einem so ein kleiner Sprachfehler aber sicherlich nicht, das wirst du ja vielleicht schon erlebt haben.
Die Menschen sind immer ein bisschen komisch, wenn man von der Norm abweicht oder von dem, was sie als richtig empfinden. Ich finde so einen Sprachfehler auch eher sympathisch, weil man dadurch natürlicher wirkt, meiner Meinung nach. Wir haben alle unsere kleinen Fehlern und da ist ein Sprachfehler doch noch eine kleine Sache.
Mein Bruder stottert. Leider hat das für ihn auch schon häufiger zu Problemen geführt. Sein jetziger Arbeitgeber weiß das aber gar nicht. Ansonsten hätte er den Job gar nicht. Er ist Pharmareferent und die müssen eben verkaufen, verkaufen, verkaufen. Chefs denken gerne mal, dass das mit solchen "Makeln" nicht geht, wobei die Kunden damit praktisch kein Problem haben.
Mein Bruder weiß genau, wann sein Stottern auftritt. Hauptsächlich wenn er nervös ist. Beim Vorstellungsgepräch und den ganzen Seminaren, die man am Anfang mitmachen muss, hat er also einfach drauf losgeredet. Er hat der Nervosität keine Chance gelassen. Wie gesagt, sein Arbeitgeber weiß es nicht.
Aber er hat dann auch mal eine Sprachtherapie angefangen, um das Problem mal ein bisschen besser in Griff zu bekommen. Blöderweise muss man dann mindestens ein Jahr lang so langsam und superdeutlich sprechen, dass dich jeder für komplett verrückt hält. Das geht also gar nicht.
Das ist jetzt leider nicht wirklich aufbauend. Aber leider ist es eine Tatsache, dass viele Leute mit Sprachfehlern so ihre Probleme haben und dass es einem im Berufsleben so manche Schwierigkeiten bereiten kann. Bei einigen Berufen sicherlich mehr als bei anderen. Bereite dich einfach darauf vor. Leg dir einen Satz zurecht, der Personalchefs beeindruckt oder ihre Bedenken gleich wieder vergessen lässt.
Ich würde es auf keinen Fall einfach im Raum stehen lassen. Wenn du merkst, dass jemand eine Abneigung gegen deinen Sprachfehler entwickelt und dich deshalb ablehnen könnte, musst du es zu Sprache bringen. Dann haben die gleich ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dich deshalb abzulehnen.
Ich denke, dass es in gewissen Bereichen schon zu Problemen kommen kann, wie z.B. im Büro. Dort wurde ich bereits öfters abgelehnt, weil man dort die Firma quasi repräsentiert und da wollen Firmen nun mal am besten das Makelloseste.
Ich kann mir auch vorstellen, dass es leider Arbeitgeber gibt, die jemanden aufgrund eines Sprachfehlers nicht einstellen, wenn es eben noch andere Bewerber gibt. Zum Glück sind aber nicht alle so. In dem Betrieb, in dem ich meine Ausbildung gemacht habe, hatte ich eine Kollegin mit einem Sprachfehler, der ziemlich ausgeprägt war. Aber trotzdem hat sie den Job bekommen und war auch allgemein sehr beliebt. Außerdem war sie auch sehr kompetent.
Ich finde nicht, dass ein Sprachfehler etwas über Sympathie oder Kompetenz aussagt. Zum Glück für meine damalige Kollegin hat der Chef es genauso gesehen. Einmal hat sich sogar ein Kunde beschwert, weil diese Kollegin eben stotterte und lange brauchte, bis sie ein Wort herausbrachte, wenn sie nervös war. Das fand ich absolut unverständlich, weil man es doch merkte, dass es ein Sprachfehler war und doch klar sein sollte, dass sie das nicht extra macht.
Es kommt sicherlich auch den Sprachfehler drauf an. Wenn jemand sehr schlimm stottert, wird man ihn sicherlich eher nicht für Telefonate oder eben direkte Gespräche mit dem Kunden einsetzen. Wobei viele Stotterer ja nur Probleme haben, wenn ihnen jemand gegenüber steht, mit dem sie reden sollen und am Telefon dagegen keinerlei Probleme haben.
Ich denke aber schon, dass auch Menschen mit Sprachfehlern in gehobenere Positionen kommen können. Ein gutes Beispiel ist sicherlich die Nachrichtensprecherin Katja Burkhard. Sie moderiert das Mittagsmagazin auf RTL und lispelt ja nun wirklich sehr. Ich denke, dass es längst nicht mehr so ist, dass man nur mit einer perfekten Aussprache in manchen Berufen einen Chance bekommt. Es wird sicherlich auch auf den jeweiligen Arbeitgeber ankommt.
Ich finde nicht, dass ein Sprachfehler inkompetent oder unsympathisch wirken lässt. Im Gegenteil. Ich finde sogar Menschen mit kleinen "Macken", in diesem Fall ein Sprachfehler, sogar sympathisch. Nicht jeder ist perfekt, also warum unbedingt so tun wollen als ob?
Ich hatte mal einen Dozenten, der habilitierter Professor war und einen eigenen Lehrstuhl an meiner Universität hatte und dieser Professor hat stark gelispelt. Offensichtlich gibt es Menschen, denen ist es egal ob jemand einen Sprachfehler hat oder nicht, solche Menschen werden dann trotzdem eingestellt obwohl sie derartige Macken haben. So etwas sollte es häufiger geben, auch wenn es teilweise anstrengend war, dem lispelnden Professor zwei Stunden lang in der Vorlesung hochkonzentriert zuzuhören.
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