Lohnt sich ein Steuerberater?

vom 29.07.2023, 23:02 Uhr

Ich komme zwar aus Österreich, aber ich denke, dass es in Deutschland sehr ähnlich sein wird. Ich mache jährlich meinen Steuerausgleich (Arbeitnehmerveranlagung) und bis jetzt habe ich das eigentlich alleine ohne weitere Hilfe gemacht.

Im Prinzip habe ich keine komplizierten Besonderheiten, denke ich zumindest, aber es kann durchaus sein, dass ich da auch etwas übersehe. Jedes Jahr frage ich mich, ob es sich lohnt in meinem Fall einen Steuerberater zu Rate zu ziehen. Eigentlich denke ich, dass es vermutlich nicht notwendig ist, andererseits hört man dann doch immer wieder, dass sie gewisse Tipps und Tricks geben können.

Wenn ich selbständig wäre, dann würde ich auf jeden Fall einen Steuerberater als Unterstützung nehmen, aber ist es in einem "normalen" Angestelltenverhältnis auch ratsam? Ich kann mir schon vorstellen, dass man hier vielleicht ein paar Tipps zum Beispiel bezüglich Werbungskosten oder dergleichen bekommt, aber der Steuerberater an sich kostet ja auch etwas und somit stellt sich die Frage, ob sich das dann lohnt.

Unklar wäre ich mir zum Beispiel bei einigen Versicherungen, ob und wie man die absetzen kann oder nicht. Weiters habe ich auch einen Sohn mit einer Behinderung. Den gebe ich beim Steuerausgleich durchaus an, habe aber denke ich keine extra Sonderausgaben, die ich gesondert angeben könnte. Aufgrund des Grades der Behinderung bekomme ich eine erhöhte Familienbeihilfe, das ist wie gesagt bis jetzt auch ohne Steuerberater geklärt.

Unklar wäre ich mir eventuell noch am ehesten bezüglich diverser Versicherungen oder eventuell auch bezüglich Pendlerpauschale, aber da wird das denke ich automatisch mit der Arbeit gemacht.

Also einzelne eher kleine Unklarheiten sind vereinzelt, aber grundlegend habe ich es bis jetzt auch immer alleine hinbekommen. Wie ist das bei euch? Macht ihr den Steuerausgleich selber oder macht ihr das lieber mit der Unterstützung eines Steuerberaters? Nehmt ihr euch eher aus "Bequemlichkeit" einen Steuerberater, damit er oder sie einfach für euch die Arbeit erledigt oder nehmt ihr euch einen Berater, damit ihr finanziell zum Beispiel eben durch diverse Steuertipps besser aussteigt?

Benutzeravatar

» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Soweit mir bekannt ist, wurde Pendlern zwischen Deutschland und den Niederlanden gleich bei Abschluss des Arbeitsvertrages mit der niederländischen Firma im Personalbüro empfohlen, sich um die BSN-Nummer (Bürgerservicenummer) zu kümmern, früher SOFI-Nummer (Sozial-Fiskal-Nummer), dann einen Belastingsconsulenten (Steuerberater) auszuwählen.

Ferner sollte die Feststellung über eine eventuell angebrachte "Heffingskorting", sprich Freibetrag auf Steuern und Sozialbeiträge getroffen werden. Da hier bisweilen bei Einreichung der Steuererklärung anschließend vom Finanzamt (Belastingdienst) Nachzahlungen erhoben worden waren, ist es auch sinnvoll, im Vorfeld einen Belastingsconsulenten einzuschalten, der in Abstimmung mit dem Arbeitgeber die richtige Steuerklasse für die Niederlande auswählt. Das niederländische Finanzamt ist auch Ansprechpartner für bestimmte Sozialleistungen, anders als es in Deutschland üblich ist.

Die Sache sollte man durchaus ernst nehmen, denn in den Niederlanden besteht nämlich die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Spätestens, wenn man schriftlich per sogenannten "Aangiftebrieven" zur Abgabe aufgefordert wird, kann eine Nichterfüllung der Abgabepflicht schneller als es einem lieb ist zur Ordnungswidrigkeit werden. Auch hier wieder ein Grund mehr, die Angelegenheit dem in den Niederlanden akkreditierten Steuerberater zu überlassen. Es gibt sogar eine Rubrik auf dem Online-Formular, ob man einen Belastingsconsulenten beansprucht hat. Dessen Referenz muss dann mit angegeben werden. Dabei gibt es einen Fallstrick: hier

Was auch immer wieder einmal zu Unstimmigkeiten geführt hat, war die Eigenart der niederländischen Steuerverwaltung einmal sogenannte "Voorlopige Aanslagen" zu verschicken, auf denen man Steuer rückerstattet bekam, dann ein paar Wochen gefolgt vom "Definitieven Aanslag" mit Steuerforderungen. Auch hier wäre es besser, die Sache über den Belastingsconsulenten laufen zu lassen. Dieser stellt seine Dienste allerdings nicht umsonst zur Verfügung, sondern kassiert meistens Gebühren im Bereiche um die 100 Euro.

Allerdings darf dieser nicht die zusätzlich noch notwendige deutsche Steuererklärung beim deutschen Finanzamt einreichen. (Siehe Link oben.) Anlage AUS ist hier wichtig. Bei korrektem Ausfüllen kann man eine Doppelbesteuerung vermeiden. Je nach Komplexität der Einkünfte und Besitztümer, Ferienwohnungen, denkmalgeschützte Windmühlenobjekte, Hausboote, Zweit- und Drittwohnsitze, Kapitalbeteiligungen, dann lohnte sich unter Umständen auch ein zweiter Steuerberater nur für die ordnungsgemäße Korrespondenz mit dem deutschen Finanzamt.

» Gorgen_ » Beiträge: 1151 » Talkpoints: 410,36 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich nutze einen Steuerberater und bin wirklich froh das alles so machen lassen zu können. Wobei ich aber auch nicht angestellt bin. Ich an deiner Stelle würde mich einmalig beraten lassen und es ein Mal nutzen und dann kannst du ja sehen, was es dir bringt. Das sind dann natürlich Kosten, aber vielleicht bekommst du auch so mehr zurück, als es sonst der Fall wäre. Die Steuerberater gibt es ja nicht umsonst. Vor allem versuchen die im besten Fall ja schon, dir auch Geld zu bringen, damit sich deren Arbeit aus deiner Sicht lohnt.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Update: Für Arbeitnehmer, die zwischen Deutschland und den Niederlanden pendeln, galten bis dato noch Sonderregelungen für das Erstellen und Absenden der Online-Steuererklärung. Man hatte früher ein Extra Software-Programm, dann hatte man Zugriff auf die Rijksoverheid Seite und den Belastingdienst direkt, ohne Client-Software, allerdings mit Extrawurst Passwort und Username.

Habe soeben einen (blauen) Brief bekommen, datiert auf den 02. August 2023 (?), aus dem hervorgeht, dass ab 1. Juli 2023 nur noch Zugriff auf die Internetseite des Belastingdienst NL mit der niederländischen DigID oder dem Pendant elektronischer Personalausweis über Zugriff per Kartenlesegerät mit Sicherheitsstufe 4 möglich ist.

"Wij hebben u dat niet vóór deze datum gemeld. Dat vinden wij oprecht vervelend en wij bieden u dan onze excuses aan."„Wir haben Ihnen dies nicht vor diesem Datum gemeldet. Wir finden das sehr ärgerlich und entschuldigen uns bei Ihnen.“

Und was hat das mit dem Thema zu tun? In demselben Brief steht geschrieben:
"Wenn Sie einen "Adviseur" oder "Fiscaal Dienstverlener", sprich Belastingconsulent oder Steuerberater beanspruchen, brauchen Sie keine DigID zu beantragen, denn der Steuerberater hat eine davon unabhängige Software bekommen, mit der alles geregelt wird."

Also lohnt sich ein Steuerberater in dem Falle schon, denn er vereinfacht das Prozedere. Denn eine DigID zu beantragen für "Buitenlander" ist nicht so ganz einfach. Glücklicherweise werden aber "europeese Inlogmiddel", also der deutsche elektronische Personalausweis neuerdings auch akzeptiert über AusweisApp2 und WelkomeOnline. Aber wer hat den elektronischen Ausweis denn schon?

» Gorgen_ » Beiträge: 1151 » Talkpoints: 410,36 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wieso ist denn der Antrag nicht einfach. Als Ausländer lässt sich die DigiD doch ganz einfach in vier Schritten online beantragen. Eine Mailadresse, ein Telefon, das SMS empfangen kann, und Personalausweis oder Reisepass gehört ja nun eher doch zur Grundausstattung.

Da braucht man ja keinen Steuerberater, den zu beauftragen geht auch nicht schneller. Und das System mit den drei Boxen und den übertragbaren Freibeträgen ist ja ziemlich übersichtlich. Für Deutschland ist es danach auch kein Thema, schließlich wirkt sich das bereits in den Niederlanden versteuerte Arbeitseinkommen nur auf die Progression aus, wenn weitere Einkünfte vorliegen. Ansonsten erschwert es die Steuererklärung nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich bin quasi die Maria Mustermann des deutschen Angestelltentums. Kein Arbeitsplatz im Nachbarland, keine Windmühle, kein Aanslag, kein Fixateur externe oder Nebenjob als Krabbenfischer in internationalen Gewässern oder sonst ein absurdes Konstrukt.

Dennoch leiste ich mir aus purer Bequemlichkeit den Luxus eines Steuerberaters, der wahrscheinlich leichtes Geld an mir verdient, aber falls doch mal irgendeine Angabe fehlt oder Anlage 4711 auf dem Postweg flöten gegangen ist, muss ich nicht panisch im Kreis rumrennen, sondern das Problem löst sich quasi von alleine. Das ist mir die alljährliche Rechnung, die ich dann brav wieder im nächsten Jahr von der Steuer absetzen kann, wert.

Anscheinend habe ich sogar noch Glück, da mir zu Ohren gekommen ist, dass viele Steuerbüros gar keine Otto Normalverbraucher mehr annehmen, da sie personell und zeitlich nicht die Kapazitäten haben, den Faulpelzen das bisschen Papierkram, das anscheinend jeder Laie problemlos hinbekommt, auch noch abzunehmen. Aber mein Steuerberater macht glücklicherweise noch keine Geräusche in dieser Hinsicht.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben: Als Ausländer lässt sich die DigiD doch ganz einfach in vier Schritten online beantragen.

Frage: Hat @cooper das schon einmal versucht? Also ich hab kein Balie gefunden, der mir eine Online Video Authentifizierung angeboten hat. Kam immer: "Niet beschikbaar". Service temporarily unavailable, bitte versuchen Sie es später noch einmal.

Und mein dann irgendwann einmal per E-Mail mitgeteilt worden seiendes Balie (Schalter) wäre also das Berliner Generalkonsulat der Niederlande gewesen. Hinfahren mit Bahn oder fliegen mit Kurzsstreckenbilligflug. Und das nur für eine "echte" DigID. Erspart mir den Schriftwechsel und die vergeblichen Versuche, schon früher an eine niederländische Digital-Identität zu gelangen.

Ich bin eben kein Niederländer mit niederländischer Staatsangehörigkeit. Ja, das mag jetzt übertrieben klingen, ich hatte als "Duitser" bisweilen das Gefühl, eben wie ein Buitenlander behandelt zu werden. Also immer schön hinten anstellen und warten bis man an der Reihe ist.

Die Login Daten hatte man, aber einloggen vor dem Freischaltdatum für Buitenlander ging nicht. Die Finanzbehörde hatte die Workflow-Steuerung voll in der Hand. Durch die Login-Daten. Aber wehe, man hielt sich nicht an den Zeitrahmen. Schneller als man denkt kommt dann das Accept-Giro per Post mit Verzugszinsen, "Belastingrente" und evtl. "flinke boete" Verwarnung.

Aber da mein Personalausweis so wie so abgelaufen war, hatte ich mich gleich für den "elektronisch" lesbaren entschieden. Und das bereue ich heute nicht, obwohl das zu dem Zeitpunkt als überflüssiger Schnick-Schnack angesehen worden war von vielen Leuten. Insofern kein Thema mehr. Ich brauch keine DigID der Niederlande. Es geht auch so jetzt dank Digitalisierungsfortschrittsbemühungen in "Merry old Germany".

Und wer sich Unannehmlichkeiten ähnlicher Art ersparen möchte, dem empfehle ich einen akkreditierten Steuerberater, der sich auch europaweit auskennt.

» Gorgen_ » Beiträge: 1151 » Talkpoints: 410,36 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Aber die Nummer mit dem Schalter brauchst du doch nur, wenn du eben nicht über das Formular und Mail und SMS gehen kannst! Ansonsten klickst du dich brav durch die Schritte und kommst ohne Kartenleser und anderes technisches Gezümpsel aus. Du musst es allerdings über die niederländische Seite machen. In der englischen Version klappt es nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Aber "inloggen" womit? Wenn ich noch keine Credentials besitze. Und in dem Aangiftebrief steht ein mittlerweile toter Link. Man muss sich da schon wirklich auskennen, um das Ziel ansteuern zu können.

» Gorgen_ » Beiträge: 1151 » Talkpoints: 410,36 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich mache den Steuerausgleich auch immer selbst. Bisher hatte ich auch keine größeren Probleme und konnte alles gut selbst erledigen. Aber ich verstehe deine Überlegung, ob es sich vielleicht trotzdem lohnen würde, einen Steuerberater hinzuzuziehen.

Wenn du keine komplizierten Besonderheiten hast und dein Steuerfall relativ einfach ist, dann denke ich, dass du das eigentlich auch gut selbst machen kannst. Es ist ja meistens so, dass die Steuerberater vor allem dann wirklich helfen können, wenn es um kompliziertere Sachverhalte geht, zum Beispiel bei Selbständigen oder bei größeren Vermögen. In deinem Fall, wo du in einem normalen Angestelltenverhältnis bist und keine großen Sonderausgaben hast, denke ich nicht, dass ein Steuerberater wirklich viel zusätzlichen Nutzen bringen würde.

Und wie du schon gesagt hast, ein Steuerberater kostet ja auch Geld, und wenn du es bisher immer alleine gut hinbekommen hast, dann würde ich an deiner Stelle auch weiterhin selbst machen. Es gibt ja auch viele online Steuerprogramme, die einem das Leben leichter machen und wo man alle notwendigen Angaben Schritt für Schritt eingeben kann.

Natürlich kann es nicht schaden, sich ab und zu über neue Steuerregelungen oder mögliche Steuertipps zu informieren, um sicherzugehen, dass du auch wirklich alles ausnutzt, was dir zusteht. Aber ich denke, dass du das auch gut selbst machen kannst, wenn du dich ein wenig informierst.

Also, ich persönlich bleibe dabei, meinen Steuerausgleich selbst zu machen, solange es keine komplizierten Sachverhalte gibt. Aber das ist natürlich auch immer eine individuelle Entscheidung, und wenn du das Gefühl hast, dass du Hilfe brauchst oder dass dir ein Steuerberater tatsächlich Geld einsparen kann, dann kann das natürlich auch eine gute Option sein.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^