Leute die Sprache lernen dauernd korrigieren?

vom 15.10.2015, 22:03 Uhr

Neulich war ich mit meinem Freund auf einem Familientreffen und die Mutter hatte auch die Nachbarin eingeladen. Diese haben derzeit einen Austauschschüler bei sich, der auch mitgekommen ist. Er lernt derzeit noch Deutsch und kann noch nicht alles perfekt aussprechen.

Es hat mich aber wahnsinnig genervt, dass er eigentlich keinen einzigen Satz sagen konnte, ohne das er direkt von den Nachbarn zurecht gewiesen worden ist. Diese fanden dies richtig, da er ja zum Deutsch lernen hier ist und es daher auch richtig machen soll. Egal was er gesagt hat, immer kam direkt eine Korrektur.

Findet ihr es richtig, dass man Leute bei jedem Satz korrigiert, die gerade noch Deutsch lernen? Ist das nicht ziemlich demotivierend? Sollte man die Leute nicht lieber erstmal in Ruhe lassen und sich erst dann einschalten, wenn das Deutsch besser ist und es nur vereinzelt Fehler gibt?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Verbessern ist doch beim Sprachen lernen so oder so out. Also ich beschäftige mich sehr viel mit Menschen, die eine andere Sprache sprechen und Deutsch lernen möchten und es ist auch ein Teil meines Berufsbild, diese dabei aktiv zu unterstützen.

Und das Verbessern, das lernt man schon in der Ausbildung, ist kontraproduktiv. Erstens haben diejenigen, die Defizite haben, dann keine Motivation mehr und trauen sich schlussendlich überhaupt nicht mehr, zu sprechen, wenn sie andauernd verbessert werden. Und zweitens, würde ich mir selber auch sehr doof vorkommen, wenn ich die ganze Zeit verbessert werden würde.

Ich handhabe das so, dass ich die Menschen sprechen und erzählen lasse und wenn ich jetzt finde, dass ein Satz arg falsch ist, wiederhole ich den Satz nochmals in der richtigen Grammatik, aber in nachfragender Weise, so als ob ich eben nur sicher gehen möchte, ob ich alles sinngemäß richtig verstanden habe. Und das kommt auch beim Gegenüber aufmerksamer an, wie wenn ich ihn andauernd verbessere.

Natürlich kann man nicht andauernd alles wiederholen, was andere sagen. Aber es ist doch oft so, dass man ebenfalls in diese ausländisch- deutsche Sprache zurück fällt, wenn man mit Menschen spricht, die von einem anderen Land kommen und noch die Sprache nicht so gut sprechen. Man meint dann, dass sie uns so besser verstehen würden, wobei genau das Gegenteil der Fall ist. Sie würden uns auch verstehen, wenn wir richtig mit ihnen sprechen würden und obendrein noch schneller grammatikalisch richtig Deutsch lernen.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich hatte ja mal einen Tandempartner aus der Türkei, dem ich Deutsch beigebracht habe. Ich habe ihn knapp über ein Jahr begleitet, wobei er zu Beginn auf dem A2-Level war und am Ende die C1-Prüfung bestanden hat. Das lief dann auch so ab, dass er viel erzählen musste, um die Grammatik zu festigen, denn auch wenn er parallel Sprachkurse besucht hat, war das zu wenig für ihn und zum Sprechen kam man da so gut wie kaum.

Da habe ich das immer so gemacht, dass ich nicht jeden Fehler korrigiert habe. Ich habe erst subtil korrigiert, wenn ich gemerkt habe, dass er denselben Fehler irgendwie häufiger macht. Da habe ich aber auch nicht gesagt, dass das komplett falsch ist, sondern ich habe gesagt, dass es besser wäre, wenn er das so und so ausdrücken würde. Dann hat er das noch einmal wiederholt und in der Regel musste ich das nur ein oder zweimal subtil sagen bzw. darauf hinweisen und er hatte das gespeichert. Er hat sich auch nie demotiviert gefühlt und hat trotzdem fleißig weiter gesprochen, was ich auch gut finde.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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